An der wegen Corona im kleinen Rahmen gehaltenen Bundesfeier auf dem Rütli hat Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga die Bevölkerung für ihr Verhalten während des Lockdowns gelobt. Sie hätten gezeigt, dass die Schweiz zusammenstehe und «verhäbt».
Während in anderen Jahren sich am Nationalfeiertag 2000 Personen auf der Wiese einfanden, waren es am Samstag nur 200. Der Zutritt war wegen des Coronavirus stark beschränkt worden.
Vor der Überfahrt von Brunnen zum Rütli fand nicht nur die übliche Personenkontrolle statt, sondern die Besucherinnen und Besucher wurden für die kurze Schifffahrt auf dem Motorschiff «Titlis» auch mit Masken und Desinfektionsmittel ausgestattet. Jean-Daniel Gerber, Präsident der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft (SGG), die das Rütli verwaltet, sprach von einer «historischen Feier».
Speziell war auch die Rede der Bundespräsidentin, die für eine 1.-August-Ansprache kurz ausfiel. Statt langen magistralen Ausführungen stellte Sommaruga je 27 Männer und Frauen für ihre Leistungen während der Corona-Krise ins Zentrum.
Sommaruga ehrte die 54 Personen, die aus allen Kantonen und der fünften Schweiz stammten, als Heldinnen und Helden des Alltags. Sie stünden stellvertretend für die ganze Schweiz, die sie gerne aufs Rütli eingeladen hätte, sagte sie. Sie hätten alle geholfen, dass die Krise habe bewältigt werden können, sei es im Spital, im Verkauf, in der Schule oder in der Nachbarschaft.
Die Heldinnen und Helden wurden kantonsweise kurz vorgestellt und erhielten von Sommaruga ein kleines Apfelbäumchen als Auszeichnung. Damit erhalte die Solidarität ein Gesicht und eine Geschichte, sagte sie. Die Heldinnen und Helden hätten gezeigt, dass die Schweiz «verhäbt». Wenn es darauf ankomme, sei die Schweiz viel mehr als achteinhalb Millionen Einwohnerinnen und Einwohner.
Trotz Corona sei das Land nie still gestanden, betonte die Bundespräsidentin. Trams seien gefahren, die Post sei angekommen, es habe genug Strom gegeben, die Kehrichtabfuhr habe ihre Tour gemacht und die Schulen hätten sich umorganisiert. Die Pandemie sei aber noch nicht vorbei. Es brauche auch jetzt jede und jeden von uns.
Die 54 Personen, die stellvertretend für die Bevölkerung auf das Rütli geladen wurde, konnten diese aber optisch nicht ersetzen. Eine Volksfeststimmung kam auf der halbleeren Wiese nicht auf.
Die geladenen Gäste sammelten sich auf der oberen Hälfte der Rütliwiese unter den Sonnenschirmen und sassen auf Festbänken. Niemand lagerte, mit einem Schweizerfähnchen ausgestattet, in der Wiese. Selbst einen Wurststand gab es dieses Jahr nicht.
Die Darbietungen waren aber gelungen. Die Militärmusik der Rekrutenschule RS 16-2/20 spielte auf, der Chor «Les voix de la Gruyère» sang, Alphornbläserin Lisa Stoll und der Fähndlerclub Wäggis zeigten ihr Können.
Mezzosopranistin Marie-Claude Chappuis sang Volkslieder und stimmte die Nationalhymne mit dem neuen Text an. Danach sangen alle gemeinsam die erste Strophe des Schweizerpsalms. Donnergrollen kam auf. Mit dem Schlusspunkt der Feier kam der Regen auf.
Ursprünglich war für die Bundesfeier 2020 der Eidgenössische Schwingerverband als Gast vorgesehen. Das wird nun um zwei Jahre auf 2022 verschoben. Am 1. August 2021 werden die Frauenverbände auf der Rütliwiese das 50-Jahr-Jubiläum des Frauenstimmrechts in der Schweiz feiern. (sda)
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