Schweiz
Gesellschaft & Politik

Schweizer Luftwaffe: Für Junge sind Kampfjets nicht mehr attraktiv.

Das Patrouille Suisse Team 2015 und das PC-7 Team 2015 am Medientag der Schweizer Luftwaffe, am Freitag, 17. April 2015, in Emmen. Am Medientag werden die Teams 2015 und ihre Jahresprogramme vorgestel ...
Kampfjetpilot ist kein Traumberuf mehr, sagt ein Aviatikexperte.Bild: KEYSTONE

Immer weniger Junge wollen zur Luftwaffe – Experten warnen vor Engpass

Das Interesse an der Ausbildung zum Militär-Piloten ist gesunken. Der Präsident der Sicherheitskommission warnt vor einem Engpass.
26.01.2019, 10:41
Lorenz Honegger / ch media
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Während die Kollegen bei den zivilen Airlines im Autopilot von Zürich nach Mallorca fliegen, manövrieren die Kapitäne der Luftwaffe ihre F/A-18-Maschinen mit hohem Tempo durch Bergtäler. Sie betanken die Flieger, wenn nötig in der Luft und müssen im Ernstfall den Abschussknopf drücken. Es ist ein anspruchsvoller Job, dafür stehen die F/A-18-Piloten in der Hackordnung der Schweizer Aviatik weit oben. Luftwaffen-interne Stimmen fragen sich allerdings, wie lange noch.

ARCHIV -- ZUM TAGESGESCHAEFT DER WINTERSESSION, AM DONNERSTAG, 29. NOVEMBER 2018, STELLEN WIR IHNEN FOLGENDES THEMENBILD ZUR VERFUEGUNG -- Two F/A-18 combat aircraft perform during a flight show of th ...
Zwei F/A-18 Kampfjets während einer Flugshow.Bild: KEYSTONE

Mehrere tragische Abstürze und die seit beinahe einem Jahrzehnt andauernde politische Auseinandersetzung um den Kauf neuer Kampfflugzeuge drücken laut Insidern auf die Moral der Truppe. Der Präsident der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrates (SIK) warnt vor einem Nachwuchsproblem bei der Rekrutierung: Wenn die Schweiz das neue Kampfflugzeug nicht rechtzeitig beschaffen könne, sei der Bestand an Militärpiloten «mittel- bis langfristig» gefährdet, sagt der Berner SVP-Nationalrat Werner Salzmann. «Die Bewerber von heute wissen nicht, ob sie je in einem neuen Jet fliegen können – oder ob die Schweizer Luftwaffe die alternden F/A-18 noch viele Jahre weiterbetreiben muss.»

Bereits jetzt seien die Zahlen der Teilnehmer bei der vormilitärischen Pilotenselektion im Rückgang. «Sollte sich die Beschaffung weiter verzögern, wird sich diese Tendenz verstärken.»

Die neuesten Statistiken der Luftwaffe bestätigen das geringere Interesse an der fliegerischen Vorschulung SPHAIR; ein mehrwöchiger Kurs für alle, die eine Pilotenausbildung anstreben,der insbesondere für künftige Berufsmilitärpiloten zum Pflichtprogramm gehört. Binnen sieben Jahren sank die Teilnehmerzahl um 21 Prozent von 420 auf 329 Personen.

Kampfjets für die Schweiz: Die fünf Favoriten

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Kampfjets für die Schweiz: Die fünf Favoriten
Im Gespräch ist auch eine Luxusvariante. Das Tarnkappenflugzeug F-35 von Lockheed Martin ist aus dem teuersten Rüstungsprogramm der Geschichte hervorgegangen.
quelle: ap/ap / rick bowmer
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Ebenfalls stark schrumpfte die Gruppe jener SPHAIR-Absolventen, die vom Kursleiter der Luftwaffe die Empfehlung für die Ausbildung zum Militärpiloten erhielten: von 169 (2012) auf 124 Personen (2018).

Aviatikexperte Max Ungricht kennt diese Zahlen. Er sagt, früher sei Militärpilot «ein absoluter Traumberuf» gewesen. «Das ist heute nicht mehr so.» Mittlerweile gebe es mehr attraktive Jobmöglichkeiten in anderen Berufsfeldern und deshalb weniger Interessenten für den Pilotenberuf. «Der Weg in ein Kampfjetcockpit ist lang und beschwerlich.» Ein negativer Grundton bei der anstehenden Diskussion um neue Flieger könne das Nachwuchspotenzial zusätzlich schmälern.

Luftwaffe gibt sich optimistisch

Bis jetzt konnte die Luftwaffe ihren Bedarf an Nachwuchspiloten für Helikopter und Kampfjets immer decken: Eine Sprecherin gibt sich auf Anfrage optimistisch und spricht von «sehr konstanten Zahlen», wenn man den Zeitraum der letzten fünf Jahre betrachte. «Wir können keine Korrelation zwischen der Diskussion über ein neues Kampfflugzeug und den Interessentenzahlen erkennen.»

Fünf Kampfjet-Produzenten unterbreiten der Schweizer Luftwaffe eine Offerte – Bevölkerung darf Flieger besichtigen
Die Beschaffung eines neuen Kampfjets geht in die nächste Phase. Die fünf angefragten Hersteller haben am Freitag ihre Offerten der Rüstungsbehörde Armasuisse übergeben. Es handelt sich um die Flugzeugtypen Eurofighter (Airbus, Deutschland), F/A-18 Super Hornet (Boeing, USA), Rafale (Dassault, Frankreich), F-35A (Lockheed-Martin, USA) und Gripen E (Saab, Schweden).

Mit der Übergabe startet laut Mitteilung des Verteidigungsdepartements die Phase der Analyse und Erprobung. Die Flieger werden zwischen April und Juli 2019 in Payerne einer Flug- und Bodenerprobung unterzogen. «Interessierte können die Flugzeuge in Payerne besichtigen», schreibt das VBS.

Es seien für jeden Flugzeugtyp Besuchstage vorgesehen, für die man sich anmelden könne. Um 2020 wird Armasuisse eine zweite Offertenanfrage verschicken und im Anschluss einen Evaluationsbericht erstellen. Am Ende des Prozesses folgt die Auswahl eines Fliegertyps durch den Bundesrat.

Die Fluktuationen bei den Teilnehmern könnten laut Luftwaffe auch auf Entwicklungen in der zivilen Aviatik zurückzuführen zu sein, denn nicht alle SPHAIR-Absolventen streben eine militärische Pilotenlaufbahn an.

Abstimmung bereits 2020?

Nicht wegreden lässt sich die absehbare Verzögerung im Beschaffungsprozedere nach dem ersten Auftritt von Verteidigungsministerin Viola Amherd (CVP) in der Sicherheitspolitischen Kommission diese Woche. «Frau Amherd hat uns in der Kommission mitgeteilt, dass sie sich zuerst ins Dossier einlesen muss, bevor sie über das weitere Vorgehen entscheidet», sagt SIK-Präsident Salzmann.

Das sei für ein neues Bundesratsmitglied absolut verständlich, habe aber zur Folge, «dass der derzeitige Fahrplan gefährdet sein könnte. Unser Ziel sollte sein, dass die Bevölkerung im Frühling 2020 abstimmen kann.»

Einen Fortschritt konnte das Verteidigungsdepartment am Freitag verbuchen: Alle fünf eingeladenen Kampfjethersteller haben ihre Offerten eingereicht. Der amerikanische Hersteller Lockheed Martin steigt mit dem modernsten Kampfflugzeug der Welt, dem F-35, ins Rennen, nachdem die Amerikaner bei der letzten Kampfjetevaluation zu Beginn des Jahrzehnts auf eine Offerte verzichtet hatten.

Für den unwahrscheinlichen Fall, dass sich der Bundesrat für den mit Abstand teuersten Fliegertyp entscheidet, könnte dies laut Aviatikexperte Max Ungricht bei der Nachwuchsrekrutierung «gewisse Sogwirkung» entfalten.

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62 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Joe Smith
26.01.2019 10:58registriert November 2017
Der Grund dürfte eher das geänderte Auswahlverfahren sein. Erstens war früher der VU (SPHAIR) gratis. Dann ging man in die Flieger-RS und dort wurde gesiebt. Wer wieder aufgeboten wurde, wusste, dass er sicher in einem Cockpit sass. (Wenn auch vielleicht nur ein paar Stunden in einem PC-7, aber immerhin.) Dieses Sieben erfolgte über mehrere Stufen. Heute wird verlangt, dass man zuerst Offizier wird, und erst dann wird entschieden, ob man überhaupt in ein Cockpit darf. Nur eine Minderheit darf, die meisten haben dann den Offizier «umsonst» gemacht. Dieses Risiko ist vielen natürlich zu gross.
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Plöder
26.01.2019 11:00registriert Juli 2015
Mhmm ich glaube das nennt man ausgedeutscht "Fachkräftemangel" ;-)

Mit dem haben alle Branchen zu kämpfen, wo es junge hochspezialisierte Fachpersonen braucht.
Also die Zahlen in Relation setzen und kein tamtam machen sondern etwas bewegen
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Knut Knallmann
26.01.2019 11:10registriert Oktober 2015
Ich habe mit 17 Jahren selber den Sphair Kurs absolviert. Auch wenn es mir leider (Oder zum Wohl der Luftwaffe - je nachdem wen man fragt) nicht zum Militärpiloten gereicht hat, war der Kurs doch ein einzigartiges Erlebnis (Verantwortung übernehmen und selber ein Flugzeug fliegen), der mich auch auf einer persönlichen Ebene viel gebracht hat. Warum die Nachfrage danach abnimmt kann ich nicht nachvollziehen. Ein besseres Einstiegstor (Vor Allem in die zivile) Aviatik kann ich mir fast nicht vorstellen - Hat hier jemand Erklärungen?
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