Schweiz
Interview

Die besten Skigebiete der Schweiz – gemäss einem, der es wissen muss

Sesselbahn Gifthittli
Gemäss Pascal Ludi eines der besten Skigebiete der Schweiz: Zermatt – Home of Winter, wie es sich unbescheiden nennt.Bild: Zermatt Bergbahnen
Interview

Dieser Schweizer «sammelt» Skigebiete und verrät uns, was eine gute Station ausmacht

Pascal Ludi fuhr schon in 385 Skigebieten Ski. Er bezeichnet sich selbst als Skinomaden und möchte bald die 400er-Grenze knacken. Uns verrät er, was ein gutes Skigebiet ausmacht, wie sehr der Klimawandel sein Hobby gefährdet und wo es am schönsten war.
05.02.2023, 10:3107.02.2023, 05:42
Reto Fehr
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Pascal Ludi fährt gerne Ski. Und es reizt ihn, immer wieder Neues zu entdecken. Das führte dazu, dass er sich zum Skigebiet-Hopper entwickelte. In elf Ländern besuchte der 49-Jährige bisher 385 Skigebiete, alleine in der Schweiz waren es schon 226. Von den grossen Destinationen hat er hierzulande alle besucht. Bei den kleineren fehlen insbesondere im Jurabogen noch einige wenige. Da fehlt immer öfter auch der Schnee.

Der im Zürcher Oberland aufgewachsene und heute in der Zentralschweiz wohnende Skifreak macht sich in diesem Winter auf, die 400er-Marke zu knacken.

Pascal Ludi, wie kommt man darauf, so viele Skigebiete zu besuchen?
Pascal Ludi
: Ich fahre schon seit früher Kindheit Ski. So richtig fing die Leidenschaft 2001 an, als ich mir in Laax eine Einzimmerwohnung kaufte und das Gebiet erkundete. Zuvor kannte ich nur fünf Skigebiete (Bürchen-Törbel, Unterbäch, Toggenburg, Ghöch und Flumserberge).

Wie ging es weiter?
Im Winter 2001/02 erhielt ich eine Stelle, bei der ich Bergbahnen für Informations- und Orientierungssysteme am Berg beraten durfte. Ich zeichnete Pistenpläne, Pistenleitsysteme und so weiter. Von da an war ich stets in Schweizer Skigebieten unterwegs. Seither fasziniert mich diese Branche und der Drang, noch mehr Skigebiete zu erkunden, entstand.

Pascal Ludi
Pascal Ludi bezeichnet sich selbst als Skinomaden.Bild: Pascal Ludi

Gab es ein konkretes Erlebnis, das die Skigebietpassion dann endgültig auslöste?
Ja, das war an Ostern 2002/03. Ich verbrachte einige Tage im Skizirkus Saalbach-Hinterglemm-Leogang. Im Schaufenster eines Buchladens sah ich das Buch «Skiing Around the World» von Jimmy Petterson. Ich kaufte mir dieses und seither war definitiv klar, dass ich ihm nacheifern will.

Was macht Jimmy Petterson aus?
Petterson fuhr schon auf allen Kontinenten Ski und konnte als Journalist und Fotograf sein Hobby mit der Arbeit verbinden. Ich fand vor allem faszinierend, in welchen Ländern überall Ski gefahren wird.

«Ich fand vor allem faszinierend, in welchen Ländern überall Ski gefahren wird.»

Was reizt dich heute noch daran, immer wieder neue Skigebiete zu entdecken?
Der Reiz des Neuen ist geblieben. Zudem konnte ich schon einige Ideen im Ausland aufschnappen und diese in meine Arbeit einfliessen lassen oder weiterentwickeln.

Was hast du gemacht, um möglichst viele Skigebiete zu erkunden?
Dank meinen diversen beruflichen Tätigkeiten im Skibusiness hatte auch ich das Glück, das Hobby zum Beruf zu machen. Zudem wurden Ferien immer so gelegt, dass ich aus meinen Ferienzielen heraus möglichst viele Skigebiete innert einer Woche absolvieren konnte. Zudem bin ich fokussiert auf Weltcuporte und ehemalige WM- und Olympiaorte.

Was gibt es im Ausland, das unseren Skigebieten fehlt?
Die Schweiz ist überhaupt nicht schlecht aufgestellt. Sie muss sich gegenüber dem Ausland auch nicht verstecken. Die Diskussionen mit den Preisen und teilweise mit dem Argument, es hätte veraltete Infrastruktur, lasse ich nicht gelten. Einziger Kritikpunkt sind für mich die Hotels, welche teilweise nicht mehr auf dem neusten Stand der Dinge sind.

Was sollte es in jedem Skigebiet geben?
Skipässe sollten vermehrt auch online verfügbar sein. Zudem schätze ich Gebiete, welche Stundenkarten im Angebot haben. Sehr beeindruckt hat mich die Skiszene in Andorra. Da kann man im Sportshop neben der Skiausrüstung auch gleich die Bekleidung mieten. Das verhindert das zusätzliche Kofferschleppen, da schon der Aufwand und die Materialschlacht für einen Skitag enorm ist.

«Das verhindert die Materialschlacht bei der Anreise für einen Skitag.»

Was macht denn ein gutes Skigebiet aus?
Wichtig ist mir eine Vielfalt an Pisten. Dazu kommen flankierende Angebote wie Skicross-Pisten, Funslopes und auch Installationen, welche dich als Gast digital und emotional festhalten. Da denke ich an Skimovies, Speedchecks oder ähnliches.

Und welche Skigebiete gefallen dir am besten?
Mich auf ein Skigebiet festzulegen, fällt mir nicht leicht. Beeindruckt hat mich sicherlich das Dolomiti Superski oder allgemein die Gebiete im Südtirol.

Dolomiti Superski
Das riesige Skigebiet Dolomiti Superski zählt Pascal Ludi zu den besten der Welt.Bild: Shutterstock

Wie sieht es in der Schweiz aus?
Da gibt es viele. In der Schweiz hat der Skitourismus ja auch begonnen und da gibt es zahlreiche Klassiker wie St. Moritz, Zermatt, Davos-Klosters, Flims-Laax, Arosa-Lenzerheide. Zudem gefallen mir insbesondere Gebiete wie Grimentz-Zinal, Verbier/4 Vallées, die Jungfrau Ski Region oder auch Adelboden-Lenk. Meine Geheimtipps, teilweise kleine Spots, verrate ich hier aber nicht. Fokussiert bin ich vor allem auf Gebiete, welche früher Weltcuprennen austrugen, wie beispielsweise das Flühli oder in Ebnat-Kappel.

Was ärgert dich in Skigebieten?
Wenn Skigebiete die Keycards für das Ticket verkaufen, statt sie mit Depot herauszugeben. Und Priority Lanes an Liften. Diese sorgen für eine Zweiklassengesellschaft.

Wie würdest du das Problem von langen Schlangen an Liften lösen?
Die heutigen Anlagen sind Hochleistungsbahnen. Leider haben sich die Pisten nicht immer und überall verbreitert und das Nadelöhr ist heute eher auf der Piste als bei den neuen Liften zu finden.

«Das Nadelöhr ist heute eher auf der Piste als bei den neuen Liften zu finden.»

Was hat sich in den Skigebieten im Gegensatz zum Winter 2000/01 verändert?
Die Digitalisierung. Und damit die Datensammlung, um die Gäste besser kennenzulernen.

Ist das gut oder schlecht?
Es hilft, das Angebot anpassen zu können und die Gäste und deren Bedürfnisse zu verstehen. Früher kannten die Skigebiete nur die Saisonkartenbenutzer. Beispielsweise in Laax ist man heute ein «gläserner Gast». Damit können die Betreiber die Wertschöpfungskette verlängern, aber auch die Gäste profitieren und erhalten Mehrwerte.

In diesem Winter gab es insbesondere über die Weihnachtstage grosse Diskussionen um die Zukunft der Skigebiete. Was hältst du davon?
Es nervt mich, dass jeder und jede im Skitourismus findet, er müsse seine Meinung kundtun.

Das passiert ja fast überall. Was denkst du, wenn du auf weissen Streifen in grüner Landschaft Ski fährst?
Klar ist das nicht das, was man sich unter Winter vorstellt. Aber solche Bilder sind nicht neu. Schauen wir, wie es jetzt in den Bergen aussieht, dann sind diese Bilder schnell wieder vergessen.

«Früher reichte eine Skipiste. Heute braucht es immer mehr.»

Merkst du auch, dass sich bei dir und deinen Mitmenschen etwas geändert hat und man dein Hobby kritischer sieht?
Damit werde ich konfrontiert und es kommt immer mehr vor. Kürzlich hatte ich auch eine Diskussion mit meinem Sohn (15), der meine Pläne und Ideen hinterfragte. Es ergeben sich spannende Ansätze und ich hinterfrage deutlich mehr als früher, was Sinn macht und was nicht oder wie man es optimaler und effizienter planen könnte.

Grimentz-Zinal
Ski fahren mit traumhafter Kulisse: hier in Grimentz-Zinal.Bild: Shutterstock

Du arbeitest seit Jahren im Bergbahnenbereich. Wie hat sich das da in den letzten Jahren verändert?
Früher reichten eine Skipiste und ein Skipass. Heute braucht es immer mehr. Die Wertschöpfungskette soll verlängert werden, es gibt Zusatzangebote auf und neben der Piste. Und viele setzen auch immer mehr auf Sommerangebote wie Biken oder Ziplines und kurbeln den Sommertourismus an. Es findet eine Differenzierung statt und jeder sucht nach Nischen.

Dein Hobby hat so etwas wie «ein Ablaufdatum». Wie lange, glaubst du, kann in der Schweiz noch Ski gefahren werden in der heutigen Breite?
Das ist die grosse Frage. Die Skigebiete, die höher liegen, werden länger existieren können als diejenigen, welche sich unter 1800 Metern über Meer befinden.

Was müssen Skigebiete tun, damit der Nachwuchs weiterhin Ski fährt?
Es braucht Ansätze, dass gerade auch Personen ohne Schneeaffinität bei uns einfach und unterschwellig den Zugang zum Schnee bekommen. Gerade für Kinder aus Familien, welche nicht klassisch mit dem Thema Ski-/Schneesport aufwachsen. Da gibt es gute Beispiele wie snow4free, GoSnow oder die MS Sports Snow Camps.

Zum Abschluss nochmals zu dir: Wo willst du unbedingt noch Ski fahren gehen?
Demnächst ist geplant, weitere Skigebiete in Ost- und Westeuropa zu besuchen. Südamerika steht schon länger auf dem Zettel und natürlich auch mal Japan. In Nordeuropa fehlt mir Schweden noch. Es gibt also noch viel zu tun.

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Aus dem SRF-Archiv: Skilager anno 1998
Video: srf
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29 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Unsinkbar 2
05.02.2023 11:48registriert August 2019
War schon jemand in Bulgarien skifahren, würde ich gerne mal hin. Iran wäre auch mal interessant, uralte Poma-Lifte besichtigen 😅
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ursus3000
05.02.2023 11:20registriert Juni 2015
Nach einem Tag fahren kann man keine Skigebiete beurteilen. Da sieht man nur die Hot Spots für Instagram
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