Schweiz
Polizeirapport

Anhänger von Eritreas Diktator feiern Fest in Gerlafingen SO

Polizeirapport

Polizei-Grosseinsatz in Gerlafingen SO: 2 Verletzte bei Zusammenstoss zwischen Eritreern

In der Solothurner Gemeinde Gerlafingen haben Anhänger des eritreischen Diktators Isayas Afewerki am Ostersonntag ein Fest gefeiert. Die Feier wurde von 180 regimekritischen Landsleuten, welche teils bewaffnet erschienen, gestört. Eine Polizistin und eine Fest-Teilnehmerin wurden leicht verletzt.
31.03.2024, 20:1601.04.2024, 06:47

Auf Streams auf TikTok war zu sehen, wie die Besucherinnen und Besucher des Fests Flaggen des eritreischen Regimes präsentieren, zudem wurden Diktator-freundliche Ansprachen gehalten. Laut der Solothurner Kantonspolizei haben sich rund 350 Regime-Anhängerinnen und -Anhänger in Gerlafingen versammelt.

Die Feierlichkeiten in Gerlafingen werden auf TikTok gestreamt.
Die Feierlichkeiten in Gerlafingen werden auf TikTok gestreamt.Bild: tiktok/solothurner zeitung

Die Lage war in der Folge äusserst angespannt, denn als Reaktion auf die Festlichkeiten reisten auch rund 180 regimekritische Eritrer nach Gerlafingen. Gegenüber der «Solothurner Zeitung» sagte ein junger Teilnehmer der Gruppe: «Wir sind nicht aus unserer Heimat geflohen, wo Terror herrscht, dass hier Leute dieses Land und seinen Diktator feiern.» Die Regimegegner erschienen dabei bewaffnet vor Ort. Laut der Polizei trugen sie Steine, Eisenstangen und Stöcke bei sich.

Da die beiden Gruppen ihren Anlass und ihr Vorhaben auf Social Media dokumentieren, war die Kantonspolizei Solothurn mit einem Grossaufgebot vor Ort, wie Mediensprecherin Astris Bucher gegenüber watson bestätigte. Es sei darum gegangen, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Festes zu sichern und ein mögliches Zusammentreffen von politischen Gegnern zu verhindern. Dazu wurde eine Absperrung errichtet, welche nur Anwohnerinnen und Anwohner passieren durften. Andere Personen wurden weggewiesen.

«An einer Deeskalation waren beide Seiten nicht interessiert»

Am frühen Abend griff die Polizei dann auch gegen die Demonstrierenden ein: Wie eine Sprecherin der Kantonspolizei Solothurn gegenüber watson bestätigte, wurden dabei Wasserwerfer sowie Tränengas eingesetzt: «An einer Deeskalation waren beide Seiten nicht interessiert», so Mediensprecherin Bucher.

Aufnahmen zeigen, wie die Polizei Wasserwerfer gegen die Demonstrierenden einsetzt.
Aufnahmen zeigen, wie die Polizei Wasserwerfer gegen die Demonstrierenden einsetzt.screenshot: solothurner zeitung

Beim Einsatz wurde eine Polizistin durch einen Steinwurf leicht verletzt. Eine Teilnehmerin der eritreischen Gruppierung wurde laut der Kantonspolizei «offenbar ebenfalls leicht verletzt». Mehrere Personen wurden kontrolliert, zu vorläufigen Festnahmen kam es nicht.

Kurz nach 20 Uhr erklärte die Polizei den Grosseinsatz für beendet. Im Einsatz standen rund 60 Polizeibeamte der Kapo Solothurn und Bern, welche zur Verstärkung beigezogen wurde.

Auch Kritik an der Polizei

Das Vorgehen der Polizei sorgte beim eritreischen Medienbund Schweiz für Kritik. «Es eskaliert wieder», sagt ein Vertreter gegenüber der «Solothurner Zeitung». Er berichtete, dass auch mehrere Personen nach Gerlafingen gereist seien, um die Demonstrierenden zu beruhigen. Doch diese Möglichkeit habe man gar nicht bekommen: Die Polizei sei direkt aggressiv vorgegangen und habe Wegweisungen erteilt, kritisiert er.

«Es ist extrem schwierig, den Leuten und der Polizei klarzumachen, was in diesen Menschen vorgeht. Sie haben alles verloren, wegen des Terror-Regimes und hier in der Schweiz lässt man die Anhänger davon einfach Feste feiern, als wäre nichts», sagt ein Sprecher des eritreischen Medienbunds, der vor Ort ist.

Für Kritik sorgte aber nicht nur das Vorgehen der Polizei, sondern auch jenes der Demonstrierenden. Die FDP Schweiz kommentierte den Vorfall auf X: «Selbstjustiz ist in der Schweiz nicht geduldet.» Es sei inakzeptables Verhalten von Flüchtlingen, die in der Schweiz internationalen Schutz erhalten hätten.

Dass es in der Schweiz zu Ausschreitungen zwischen Kritikern und Unterstützern des Regimes in Eritrea kommt, ist keine Neuheit. Im vergangenen Jahr intervenierte die Polizei bei einer Schlägerei in Opfikon ZH. In Rüfenacht bei Bern wurde eine Kundgebung wegen Sicherheitsbedenken kurzfristig abgesagt.

epa10432764 A handout photo made available on January 27 by the Russian Foreign Ministry Press Service shows Russian Foreign Minister Sergei Lavrov (L) and Eritrean President Isaias Afewerki during th ...
Isayas Afewerki (rechts) im Gespräch mit Russlands Aussenminister Sergej Lawrow.Bild: keystone

Isayas Afewerki herrscht seit 1993 in Eritrea. Sein Status ist vor allem im Westen höchst umstritten: Seitdem er im Amt ist, fanden im ostafrikanischen Land keine Wahlen mehr statt. Zudem gab Afewerki offen zu, für mehrere Jahrzehnte keine Wahlen zu beabsichtigen. Laut einem Bericht von Amnesty International sollen unter seiner Herrschaft immer wieder Menschenrechte verletzt werden – etwa durch Folter oder Menschenhandel. Jedes Jahr flüchten deswegen Tausende Menschen ins Ausland.

(dab/con/sda)

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