«Wir stehen mit nassen Füssen im Wasser, aber die grüne Welle hat uns nicht überrollt»: So fasste FDP-Präsidentin Petra Gössi die Resultate zusammen. Die Niederlage schmerze natürlich – aber es hätte noch schlimmer kommen können, zeigte sie sich überzeugt. Gemäss Hochrechnung verliert die Partei 1.1 Prozentpunkte Wähleranteil sowie vier Sitze im Nationalrat. Sie kommt voraussichtlich noch auf 29 Sitze in der grossen Kammer – nur einer mehr als die Grünen.
Die Niederlage trifft die FDP umso härter, als sie lange auf Siegeskurs gewesen war. Unter Gössis Vorgänger Philipp Müller konnte die Partei den langjährigen Sinkflug 2015 stoppen. Bei den kantonalen Wahlen eilte sie lange von Erfolg zu Erfolg – und noch ein Jahr vor den Wahlen zählte sie in den Umfragen zu den Gewinnern. Doch dann kamen die Klimastreiks. Die FDP geriet unter Beschuss, weil sie vergangenes Jahr das CO2-Gesetz stark verwässert hatte. Präsidentin Gössi versuchte diesen Frühling den Befreiungsschlag.
Öffentlich kündigte sie eine Kurskorrektur an, liess eine Mitgliederbefragung durchführen – und stiess damit einige vor den Kopf. Die Umfragewerte brachen danach jedoch ein, bei kantonalen Wahlen stand die FDP auf der Verliererseite. Kritiker monierten, es sei falsch gewesen, sich in die Klimadebatte einzumischen. Mit diesem Thema könne die FDP keine neuen Wähler gewinnen, sondern nur bisherige verschrecken. Der Jungfreisinnige Alain Schwald kritisierte gestern, die Verluste seien selbstverschuldet.
Unabhängig von der grünen Welle - Die Verluste der Bürgerlichen sind selbst verschuldet. Die einen stecken den Kopf in den Sand (SVP), die anderen fahren einen Zickzack-Kurs (FDP)... #WahlenCH19
— Alain Schwald (@AlainS1991) October 20, 2019
FDP-Präsidentin Gössi verteidigte den Kurswechsel jedoch. Sie sprach von Schadensbegrenzung: Wenn man sehe, wie viel die SVP verloren habe, sei klar, dass es noch schlimmer hätte kommen können für die FDP. Der Kurswechsel sei allerdings zu spät gekommen für die Wahlen. «Aber es war auch kein Wahlkampfvehikel», sagte Gössi. Die FDP müsse ihre Glaubwürdigkeit in diesem Thema noch stärken. Fraktionschef Beat Walti kündigte an, die FDP werde ihren Kurs in der Umwelt- und Klimapolitik fortsetzen. «Wir werden das so tun, dass die gute wirtschaftliche Entwicklung weitergehen kann», sagte er.
Ausgerechnet einer der FDP-Energiepolitiker muss seinen Sitz im Nationalrat räumen: Der Luzerner Peter Schilliger verpasst die Wiederwahl. Er war einer derjenigen, die in der Klimapolitik den Ton angaben – bis Gössi eingriff. Dennoch hält Schilliger es für richtig, dass die Partei ihre Basis befragt hat. «Der mediale Fokus lag auf der Klimafrage», sagt er:
In Luzern muss die FDP einen Nationalratssitz an die Grünliberalen abgeben, in Zug und im Thurgau an die Grünen. Je einen Sitz verliert sie im Aargau und in Genf. Jubeln konnte die FDP hingegen in Graubünden. Dort wurde überraschend Anna Giacometti gewählt, die als Gemeindepräsidentin nach dem Bergsturz von Bondo eine gewisse Bekanntheit erlangte.
Mit der gestrigen Niederlage geraten die zwei FDP-Sitze im Bundesrat unter Druck. Gössi betonte, die Grünen müssten ihr gutes Resultat erst bestätigen. Dennoch: Für die FDP war der Wahltag eine Enttäuschung. Irgendwann versuchte man es gestern mit Galgenhumor. Das Ziel, der SP näherzukommen, habe man erreicht, sagte jemand im Generalsekretariat. Nur: Das hat die FDP nur geschafft, weil die SP noch stärker verliert. (aargauerzeitung.ch)
Diejenigen, welche mehr Öko wollen sind unzufrieden, weil die FDP das Ganze nur halbherzig tut und diejenigen, welche das nicht wollen, stören sich am plötzlichen Kurswechsel.
Über Alles gesehen, denke ich, dass es der Partei eher geschadet hat.