Schweiz
WEF

250'000 Dollar für ein Ticket: Putin-Gegner kritisiert das WEF scharf

Bill Browder CEO Hermitage Capital Management poses for a portrait prior to an interview with the Associated Press during the World Economic Forum in Davos, Switzerland, Tuesday, May 24, 2022. The ann ...
2022 war er noch dabei: Bill Browder.Bild: keystone

«Für mich war das ekelhaft» – bekannter Putin-Gegner kritisiert das WEF aufs Schärfste

Für eine Mitgliedschaft verlangte das WEF von Bill Browder 250'000 US-Dollar. Zu viel für den berühmten Menschenrechtsaktivisten. Gegenüber watson findet er klare Worte: «Das WEF wollte mich nicht mehr als Mitglied haben, da ich ein unangenehmer Gast bin.»
17.01.2023, 16:0017.01.2023, 16:53
Corsin Manser
Folge mir
Mehr «Schweiz»

27 Jahre lang besuchte Bill Browder das WEF in Davos. Doch dieses Jahr ist der bekannte Anti-Putin-Aktivist nicht offiziell dabei. «Die Organisatoren haben den Ticketpreis für mich verdreifacht», sagt Browder gegenüber watson. «Jetzt müsste ich 250'000 US-Dollar bezahlen, um teilzunehmen. Das ist eine absurde Gebühr für einen Menschenrechtsaktivisten. Das will ich nicht bezahlen.»

Vater des Magnitsky Act

Der US-Amerikaner gilt als einer der mächtigsten Widersacher des russischen Präsidenten Wladimir Putin. So gilt Browder als Vater des sogenannten «Magnitsky Act», der 2012 von Barack Obama in Kraft gesetzt wurde. Dieser erlaubt es den USA, ausländische Regierungsvertreter zu sanktionieren, die als Menschenrechtsverletzer gelten.

Mit seiner Firma Hermitage Capital Management war Browder zwischen 1995 und 2006 einer der grössten ausländischen Investoren in Russland. Dadurch verdiente der US-Amerikaner ein Vermögen. The Guardian schätzte, dass Browder im Jahr 2006 zwischen 125 und 150 Millionen Pfund mit seinen Geschäften einnahm.

Doch die Beziehung zwischen Russland und Browder verschlechterte sich Mitte der Nullerjahre, als der Geschäftsmann die Korruption in der russischen Wirtschaft anprangerte. «Als Resultat wurde ich aus Russland ausgewiesen», erzählt Browder. «Meine Vermögenswerte wurden eingefroren und mein Anwalt Sergej Magnitsky wurde verhaftet, gefoltert und getötet.»

Browder kritisierte das WEF schon lange

Nach dem Mord habe er sein Leben als Geschäftsmann aufgegeben und sich dafür engagiert, dass Magnitsky und weitere Opfer Gerechtigkeit erfahren würden, so Browder. «In den vergangenen 14 Jahren ging ich als Menschenrechtsaktivist nach Davos und nicht mehr als Investor.» Dabei habe er jeweils eine Teilnahmegebühr von etwa 75'000 US-Dollar bezahlt. «Der Hauptzweck meiner Reisen nach Davos bestand darin, die russische Regierung wegen ihrer kriminellen Handlungen herauszufordern.»

Bill Browder konfrontiert im Jahr 2011 am WEF den russischen Premierminister Igor Shuwalow mit dem Fall Sergej Magnitsky. Video: YouTube/larix830

Bis 2021 waren die Russen gern gesehene Gäste in den Bündner Bergen, obschon sie 2014 die Krim-Halbinsel völkerrechtswidrig annektierten. «Das WEF rollte den Russen den roten Teppich aus, das ist eine Schande», ärgert sich Browder im Gespräch mit watson. «Für mich war das ekelhaft. Ich sah, wie die Mörder stolz durch die Hallen des Forums liefen und als ehrenhafte Gäste empfangen wurden.» Er habe das WEF deswegen immer wieder kritisiert, auch dessen Gründer Klaus Schwab.

Für Browder ist deswegen klar: «Das WEF wollte mich nicht mehr als Mitglied haben, weil ich ein unangenehmer Gast bin. Deshalb haben sie den Preis für mich erhöht.»

Browder reist trotzdem nach Davos

Nach Davos gereist ist Browder trotzdem. Er trifft sich mit wichtigen Leuten und versucht, der Ukraine im Krieg gegen Russland zu helfen. Sein Ziel: «Ich will, dass die 350 Milliarden US-Dollar der russischen Zentralbank, welche eingefroren sind, dazu verwendet werden, die Ukraine wieder aufzubauen und zu verteidigen.»

Dafür habe er am Montagabend ein Abendessen organisiert, an dem ukrainische Parlamentarierinnen und mehrere Aussenminister, wie Litauens Gabrielius Landsbergis, teilgenommen hätten. Browder gibt sich kämpferisch und meint: «Nur weil ich die Kongresshallen nicht betreten darf, heisst das nicht, dass ich keinen Einfluss mehr habe.»

watson hat das WEF mit den Vorwürfen Browders konfrontiert. Die Organisatoren gaben innerhalb der gegebenen Frist jedoch keine Antwort.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Kollege «Röstli» – Deutscher Wirtschaftsminister hat Mühe mit Schweizer Namen
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
54 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
FrancoL
17.01.2023 16:17registriert November 2015
Naja auch das WEF hat sich mit der Nähe zu Russland gewaltig verzockt. Das Problem ist wohl, dass sich viele mit der Nähe zu Russland verzockt haben und anstatt jetzt Nägel mit Köpfen zu machen und Russland klar verurteilen, versuchen viele es wohl auszustehen, um sich dann wieder anzubiedern.
Aus meiner Sicht ist das nicht möglich, denn Russland hat so ziemlich alle Roten Linien überschritten und gehört über Jahre geächtet.
20412
Melden
Zum Kommentar
avatar
ChriLu14
17.01.2023 16:43registriert Mai 2022
Um nicht falsch verstanden zu werden:
Natürlich sollen bei einem solchen Forum vor Allem relevante Persönlichkeiten eingeladen werden., die etwas relevantes zu sagen haben.

Aber DAS ist ein völliges Armutszeugnis für das WEF und bezeichnend für den Gastgeber - Hauptsache, die Kohle stimmt.
Noch schlimmer, wenn Russen in diesem Jahr eingeladen waren. ..
Daumen runter.
1329
Melden
Zum Kommentar
avatar
Firefly
17.01.2023 17:55registriert April 2016
Das WEF ist tot, einfach ignorieren. Und die Schweiz sollte es nicht mehr unterstützen, schon gar nicht mit Steuergeldern!
504
Melden
Zum Kommentar
54
Eine Stunde und 20 Minuten länger – so war der Stau am Gründonnerstag

Zum Beginn der Osterfeiertage ist es am Donnerstag vor dem Gotthard-Nordportal zu neun Kilometern Stau gekommen. Der Zeitverlust betrug am Nachmittag eine Stunde und 20 Minuten. Auf der Südseite des Gotthards blieb es nach den Schneefällen vom Mittwoch ruhig, Stau gab es im Tessin nur beim Grenzübergang zu Italien in Chiasso.

Zur Story