Es fehlt eigentlich nur noch der Feinschliff. An der Limmatstrasse 50, gute 5 Gehminuten vom Zürcher Hauptbahnhof entfernt, wurde seit Anfang Jahr geschraubt, verputzt und poliert. Und der Schriftzug über dem Eingang verrät, was hier geplant ist: Saravanaa Bhavan. Es ist der Name der laut eigenen Angaben grössten indischen Vegi-Restaurantkette der Welt. Auf rund 100 Standorte in über 25 Ländern bringt es das Unternehmen – von New York über Sydney, Bangkok, Frankfurt bis nach Stockholm.
Anitha Sivakumar und ihr Partner Sarankan Ravendra führen durch die Räumlichkeiten, die zuvor eine «New Point»-Kebab-Bude und noch früher ein Lokal der legendären «Silberkugel» beheimateten. Sie haben die Franchising-Rechte von Saravanaa Bhavan für die Schweiz erworben. «Hier ist das Buffet insbesondere für die Verpflegung am Mittag», sagt Sivakumar. Im Zentrum stehen allerdings die À-la-carte-Bestellungen, denn in der Karte sind rund 300 Mahlzeiten aufgelistet.
Alles in Ghee, also? Nein. Die Eröffnung wäre auf Anfang Mai geplant gewesen. Doch an den Wänden und auf Social Media heisst es noch immer: «Coming soon». Die Eröffnung verspätet sich. «Eigentlich wären wir bereit», sagt Sivakumar. Die 38-Jährige aus Itingen BL arbeitet hauptberuflich bei einer Kantonalbank. Die Gastronomie ist Neuland für sie und ihren Partner, die gemeinsam drei kleine Kinder haben. Sowohl er als auch seine Partnerin kamen als Kinder aus Sri Lanka in die Schweiz.
Grund für die Verzögerung sind Visa-Probleme: «Bei allen Filialen kommen die Köche von Saravanaa Bhavan aus Indien», sagt Betriebsökonomin Sivakumar. Nur sie würden die geheimen Rezepte kennen. «Wir mussten deshalb sogar einen separaten, abgeschlossenen Raum bauen für das Mischen der Gewürze mithilfe eines riesigen Mörsers aus Indien. In diesem Raum haben sogar wir keinen Zugang während der Gewürzbereitung», sagt der 34-jährige Ravendran, der zuvor in der IT-Branche arbeitete. Auch der Teig für die Spezialität Dosa – eine Art übergrosse Crêpe – werde darin zubereitet.
Doch das Zürcher Amt für Wirtschaft und Arbeit hat die Visumsanträge für die fünf benötigten Köche aus dem Drittstaat Indien abgelehnt. Unter anderem argumentiert die Behörde mit dem fehlenden gesamtwirtschaftlichen Interesse und dem Inländervorrang.
Auf Nachfrage sagt Amtssprecher Fabian Boller, man gebe keine Auskunft zu Einzelfällen. Ganz generell sagt er: Für die Zulassung sogenannter Spezialitätenköche habe das Staatssekretariat für Migration (SEM) spezifische Weisungen erlassen, die bei der Beurteilung der Gesuche angewandt würden. Zudem sei für eine derartige Zulassung auch die Zustimmung des Staatssekretariats nötig.
In den vergangenen Jahren habe das Amt für Wirtschaft und Arbeit jeweils etwas mehr als 11'000 Arbeitsbewilligungen erteilt, sagt Boller. Dazu würden auch Verlängerungen von bereits bestehenden Bewilligungen gehören. Die Visa gingen am häufigsten an Angestellte in der Informatik, Bildung, Forschung und in der Finanzindustrie.
Das Paar Sivakumar-Ravendran hat gegen den ablehnenden Entscheid des Zürcher Amts Rekurs eingereicht. «Unsere Köche verfügen über ein Know-how, das es in der Schweiz schlicht nicht gibt, das ist eine ganz andere Küche, die auf alten, südindischen Rezepten basiert», sagt Sivakumar. «Wir sind nicht einfach ein weiteres indisches Restaurant, die Geschmäcker von Saravanaa Bhavan sind völlig einzigartig.»
Doch könnten bereits hier ansässige Köchinnen und Köche diese Kenntnisse nicht erlernen? «Saravanaa Bhavan besteht auf die interne Ausbildung in Indien, auch aus Angst, dass fremde Köche rasch wieder abspringen und die geheimen Rezepturen weiterverwenden könnten», sagt Sivakumar. Sie wünscht sich mehr Anerkennung für diese Arbeit. «Wieso sollten nur Ingenieure und Pharma-Wissenschaftler Visa erhalten?» Komme hinzu, dass in der Gastronomie Personalknappheit herrsche.
Sie setzt ihre Hoffnungen auch auf die Zürcher Regierungsrätin Carmen Walker-Späh, die dem Amt für Wirtschaft und Arbeit vorsteht. Der Volkswirtschaftsdirektorin hat Sivakumar eine E-Mail geschrieben und um Unterstützung gebeten.
Sivakumar betont, dass den Köchen, die mindestens 5 Jahre in der Schweiz arbeiten würden, ein überdurchschnittliches Salär bezahlt würde. «Von Outsourcing oder Lohndumping kann also keine Rede sein.» Der Rest des Personals, von der Geschäftsführung bis zum Service, werde aus der Schweiz stammen. Insgesamt rechnet sie mit rund einem Dutzend Arbeitsplätzen für das Restaurant.
Und was, wenn das Amt für Wirtschaft auf seiner Entscheidung beharrt und die fünf Arbeitsbewilligungen ausbleiben? «Es gibt keinen Plan B», sagt Sivakumar. «Wir haben bereits heute einen hohen, sechsstelligen Betrag in dieses Unterfangen investiert, von den Mietzinsen, über die Umbaukosten bis hin zu den Anwaltsgebühren für diesen Rechtsstreit.»
Allein die speziellen Küchengeräte für die Dosa-Gerichte oder solche aus dem Tandoori-Ofen hätten über 30'000 Franken gekostet, da sie teils aus England importiert werden mussten. «Das ist alles Geld, das wir uns hart erarbeitet haben», sagt Ravendran.
Das Paar Ravendran-Sivakumar versucht optimistisch zu bleiben – und schmiedet bereits Zukunftspläne. «Unsere Vision ist es, mittel- bis langfristig in Genf, Bern, Luzern, Basel und Lausanne ebenfalls ein Restaurant zu eröffnen», sagt Sivakumar. Denn seit den ersten Posts auf Instagram zur Eröffnung in Zürich erhielten sie Botschaften aus allen Landesteilen, von hier wohnhaften Tamilen und Indern, aber auch von Schweizern, die das Konzept bereits von Auslandsbesuchen kennen. Sogar aus dem Ausland kämen Anfragen. «Wir hoffen, dass wir sie alle bald bei uns begrüssen können.»
Spätestens wenn die Gesundheitsbehörde eine Inspektion machen möchte und der Zugang zu diesem Raum verwehrt wird, wird das Restaurant sowieso geschlossen.
Wir haben hier unsere Gesetze, an die muss sich auch ein indisches Restaurant halten, denn diese gelten für alle. Es darf keine Ausnahmen geben.
Auch müsste man sich vorher schlau machen, anstatt mal so ein Restaurant eröffnen, teure Geräte anschaffen und dann sich wundern, wenn die Behörden nicht mitmachen…