Das Versprechen klingt vielversprechend: 73'500 Franken im Monat lässt sich verdienen, wer eine minimale Ersteinzahlung von gerade mal 250 Franken tätigt. So lautet das Gelöbnis einer Werbung der Firma Dunkans Consulting, die Youtube-Nutzerinnen und-Nutzern derzeit erscheint. Dass dabei kein Hokuspokus mit im Spiel ist, dafür garantiert kein Geringerer als Ex-UBS- und Credit-Suisse-Chef Oswald Grübel. Denn dies sei seine neue Plattform, steht auf dem Digitalinserat. Zu sehen ist sein Konterfei.
Nur: Das stimmt nicht. «Das ist Betrug, ich habe nichts damit zu tun», sagt Grübel auf Anfrage von CH Media.
Die Gefahr sei, dass Leute darauf reinfallen und Geld verlieren würden und folglich auch seine Reputation darunter leide. «So etwas ist mir noch nie passiert.»
Doch wer steckt dahinter? Ein Klick auf das Inserat leitet auf die entsprechende Website von Dunkans Consulting weiter: «Eine der besten Beratungsplattformen für Unternehmen von Oswald Grübel.» Und: «In zehn Jahren unserer Arbeit haben wir mit mehr als 1000 Unternehmen zusammengearbeitet und arbeiten immer noch mit der Hälfte von ihnen zusammen.» Die Kontaktaufnahme erfolgt über ein Onlineformular oder einen Anruf.
Allerdings, beim Durchscrollen fällt rasch auf, dass die Website nicht sonderlich professionell daherkommt. Verwendet werden offensichtlich frei verfügbare Symbolbilder, das Team, das hinter der angeblichen Firma steckt, wird nicht vorgestellt, und wer die angegebene Telefonnummer anruft, erhält als Antwort: «Diese Rufnummer ist ungültig.» Als Adresse wird die Stänzlergasse 4 im Zentrum von Basel angegeben. Im Telefonbuch ist dort aber keine Firma namens Dunkans Consulting zu finden, sondern nur das Restaurant Tibits, eine Stiftung und zwei Gesundheitsanbieter.
Martin Steiger ist nicht überrascht: «Solche Betrugsmaschen gibt es seit Jahren immer wieder», sagt der Anwalt für Recht im digitalen Raum. Regelmässig tauchten irreführende Inserate auf, in denen das Bild und der Name von Schweizer Prominenten wie Roger Federer oder SRF-Moderatorinnen und -Moderatoren missbraucht würden – oftmals für Anlagebetrug, so wie im Fall der Grübel-Anzeige.
«Für die Betroffenen ist es schwierig bis unmöglich, gegen die Betrüger vorzugehen», sagt Steiger. Denn diese befänden sich in der Regel im Ausland und würden ihre Identität verbergen. «Sie sind praktisch nicht greifbar.» Schweizer Staatsanwaltschaften müssten laut Steiger zeitaufwendige Rechtshilfe beantragen mit äusserst geringen Erfolgsaussichten auf eine Verurteilung. Diese fehlende, internationale Rechtsdurchsetzung sei ein grosses Problem.
Natürlich könne man versuchen, die Betrüger direkt anzuschreiben und mit rechtlichen Schritten zu drohen. «Die Frage ist, ob da überhaupt je eine Antwort kommt.» Und: In der Schweiz gilt der Identitätsdiebstahl nicht als Strafbestand. Dies wird sich voraussichtlich erst im September 2023 ändern, wenn das neue Datenschutzgesetz in Kraft treten soll.
Am erfolgversprechendsten ist laut Steiger eine Klage an einem Schweizer Gericht gegen die Plattform, welche die Werbung schaltet, in diesem Fall also gegen die Videoplattform Youtube, die zum Google-Konzern Alphabet gehört. «Das Gericht könnte Google verbieten, die Werbung weiter freizuschalten, da die Bildverwendung ohne Genehmigung persönlichkeitsverletzend ist.» Der US-Konzern nehme an schweizerischen Gerichtsverfahren im Gegensatz zu anderen Plattformen meist teil, sagt Steiger.
Als weitere Möglichkeit nennt der Rechtsexperte, den Domain-Registrator oder den Internet-Provider anzugehen, damit die Website entfernt wird. «Aber normalerweise weichen die Betrüger dann einfach auf einen anderen Domainnamen aus oder wechseln den Provider», sagt Steiger. Für ihn stehen insbesondere die grossen Tech-Konzerne wie Google oder Facebook (Meta) in der Pflicht: Eigentlich könnten sie betrügerische Werbung stoppen. Allerdings verdienen die Plattformen mit jedem Klick auf die Werbung Geld. Das Schalten von Werbung sei bis heute praktisch anonym möglich.
Und was macht Grübel? «Ich behalte mir die Option einer Klage gegen Google offen», sagt der 78-Jährige. Wenn man so etwas selbst erlebe, merke man rasch, wie wenig man eigentlich unternehmen könne.
Er hoffe, dass die mediale Berichterstattung darüber zumindest die Leute sensibilisiere.
Die Betroffenen müssen wohl selber über ihre Anwälte mit Google Kontakt aufnehmen, damit die ihren Hintern hochkriegen.