Nathan Aspinall bestreitet heute sein zweites Spiel an der diesjährigen Darts-WM. Im ersten Spiel setzte sich der Engländer gegen Leonard Gates mit 3:1 durch. Was auffällig war: Aspinall wollte immer wieder seinen Pfeil werfen, doch brach die Wurfbewegung jeweils ab, schüttelte seine Hand und brachte den Pfeil dann doch normal aufs Board.
Der Grund dafür ist Dartitis, eine der gefürchtetsten Probleme im Darts-Business. «Dartitis beschreibt einen Zustand der Nervosität, der einen Spieler davon abhält, den Dart während des Wurfs zum richtigen Zeitpunkt loszulassen», wie das Oxford English Dictionary erklärt.
ASPINALL ADVANCES!
— PDC Darts (@OfficialPDC) December 18, 2024
Nathan Aspinall will be back after Christmas as he beats Leonard Gates 3-1 in our last game of the evening.
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Dartitis ist zwar kein offizieller medizinischer Begriff, sondern ein psychisches Problem, welches die Feinmotorik betrifft. Zu vergleichen ist dieses mit Yips beim Golfen, wobei es sich um plötzliche Zuckungen bei Puttversuchen handelt. Im Alltag kann Dartitis mit einem Schreibkrampf der beim manuellen Schreiben beteiligten Muskeln in der Hand und im Arm verglichen werden.
Bei Aspinall trat das Problem im Frühjahr 2023 auf. Bei einer Premier-League-Partie gegen Peter Wright setzte Dartitis zum ersten Mal bei der aktuellen Weltnummer 12 ein, wie er in der Sky-Doku «Game of Throws» erklärte: «Ich konnte plötzlich meinen beschissenen Dart nicht mehr werfen. Ich konnte ihn einfach nicht loslassen. Es wurde schlimmer und schlimmer und schlimmer, bis ich schliesslich weinte.»
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— Mason (@Mason_93883737) October 15, 2024
Wie «The Asp» selbst ausführte, war ihm sofort klar, dass es sich um den gefürchteten Zustand mit dem D-Wort handelt. Seine Angst: «Viele Leute kommen von Dartitis nicht zurück.» Aspinall hatte tief in seinem Hinterkopf die Ängste, das anvisierte Feld zu verpassen.
Der erste Spieler, welcher von Dartitis berichtete, war Eric Bristow. In den Achtzigerjahren erklärte der fünffache Weltmeister, dass er Mühe hat, seinen Dart zu werfen. Trotz der gefürchteten Krankheit konnte sich Bristow erholen und wurde sogar noch einmal die Nummer eins der Weltrangliste.
Ein Spieler, welcher auch an dieser WM im Einsatz war und an Dartitis leidet, ist Mensur Suljovic. Der Österreicher hatte mehrere Jahre Probleme mit seinem Abwurf. Doch Suljovic passte seinen Wurfstil an und konnte mit seiner speziellen Technik zwischenzeitlich auf den fünften Rang der Weltrangliste vorstossen.
Viele Spieler arbeiten mit Sportpsychologen zusammen, wenn sie Dartitis bei sich selbst bemerken. So auch Nathan Aspinall, welcher die Probleme in den letzten Monaten besser in den Griff bekam.
Mit dem Spezialisten entwickelte der Spieler, welcher mit dem Hit «Mr. Brightside» auf die Bühne läuft, verschiedene Techniken gegen sein Problem. Beispielsweise schaut Aspinall während einer Partie immer wieder auf seinen Dartkoffer, auf dem ein Foto seiner Töchter klebt.
Nach seiner Erstrundenpartie am vergangenen Mittwoch sagte Aspinall an der Medienkonferenz: «Ich glaube nicht, dass es einen anderen Dartspieler auf der Welt gibt, der mental so stark ist wie ich.» Zusätzlich hatte Aspinall noch mit einer Grippe zu kämpfen, welche ihn noch mehr belastete, aber er war froh, nach der letztjährigen Niederlage zum Auftakt der WM nun eine Runde weiterzukommen: «Nach dem letzten Jahr wollte ich unbedingt gewinnen. Wir hatten das schlimmste Weihnachten aller Zeiten, es war so schwer, den anderen beim Spielen zuzusehen.»
Heute Nachmittag trifft Aspinall auf Andrew Gilding. Im Falle eines Siegs würde im Achtelfinal der Gewinner des Spiels zwischen dem Engländer Scott Williams und dem Deutschen Ricardo Pietreczko warten.