>>> Hier geht es zur Zusammenfassung der Niederlage gegen die USA im Liveticker
Ein Sieg wäre möglich gewesen. Aber nach halber Spielzeit löste sich das taktische Konzept in seine Einzelteile auf und die Amerikaner machten aus einem 0:1 ein 3:1. Dank Reto Berra endete das Viertelfinal-Abenteuer nicht mit 5:1 oder 7:1.
Der Auftakt war fast so wie beim WM-Finale von 2013 (1:5 gegen Schweden). Wie damals in Stockholm, so brachte uns auch jetzt Roman Josi 1:0 in Führung. Ein Tor, das noch einmal zeigte, warum er mit riesigem Abstand der beste Schweizer Spieler ist. Als er ins gegnerische Drittel eindrang, standen fünf Amerikaner vor ihm und er setzte die Scheibe trotzdem zum 1:0 ins Netz.
Bis zur Spielmitte schien es, als habe Nationaltrainer Glen Hanlon endlich die Spielzeugkiste gefunden. «All the tools, but no toolbox» sagen die Nordamerikaner und meinen damit: Alles vorhanden für den Erfolg, aber es passt nie zusammen. Bis Spielmitte funktionierte das Spiel der Schweizer präzis wie ein Uhrwerk und mit ihrer Schnelligkeit verhinderten sie die Spielentfaltung der Amerikaner. Es war das perfekte Spiel. Das, was wir von unserer Nationalmannschaft erhoffen. Das, was von dieser Mannschaft erwartet werden kann – sie ist so gut wie das Silber-Team von 2013.
Aber die Herrlichkeit endete mit der sechsten Niederlage im achten Spiel. Unter Glen Hanlon sind wir einfach nicht dazu in der Lage, ein Spiel auf diesem Niveau durchzustehen. Es ist letztlich nicht einmal eine heroische oder unglückliche oder unverdiente Niederlage. Die Amerikaner hatten aufgelegte Chancen für vier weitere Tore. Dank Reto Berra haben wir uns ehrenvoll aus der WM verabschiedet.
Die Nomination des Goalies spielte keine Rolle. Reto Berra verlor zwar auch sein fünftes Spiel. Aber er war unschuldig. Wir hätten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch mit Leonardo Genoni dieses Viertelfinale nicht gewonnen.
Der Viertelfinal war das erklärte Minimalziel und Glen Hanlon hat es erreicht. Viertelfinal gut, alles gut? Nein, bei weitem nicht. Letztlich war dieses 1:3 das Spiegelbild des ganzen Turniers: Viel zu wenig Roman Josi und zu viel Österreich. Will heissen: Den Schwefelgeruch des Operettenhockeys aus dem Startspiel gegen Aufsteiger und Absteiger Österreich (3:4 n.P) hat die Mannschaft nie mehr ganz aus den Kleidern gebracht. Dieser missglückte Start hat in allen Partien Spuren hinterlassen. Das Glück kehrte nie mehr zu uns zurück. Deshalb haben wir bloss zwei von acht Spielen gewonnen – gleich viele wie Absteiger Österreich.
Und wir haben nach wie vor nur einen einzigen Spieler, der auf internationalem Niveau offensiv ein Spiel entscheiden kann. Verteidiger Roman Josi. Wir brauchen nach wie vor ein taugliches taktisches Konzept und einen grossen, charismatischen Nationaltrainer – eine Rolle die Glen Hanlon nicht spielen kann.
Natürlich bleibt Glen Hanlon im Amt und erfüllt seinen Zweijahresvertrag. Es wäre zwar sportlich notwendig, aber politisch und finanziell unsinnig, einen Nationaltrainer zu entlassen, der die Viertelfinals erreicht hat. Wir haben immerhin 2009, 2011, 2012 und 2014 die Viertelfinals nicht erreicht. Aber Korrekturen müssen diskutiert werden. Insbesondere die Rolle von John Fust. Ist er tatsächlich der ideale Assistent und U20-Nationaltrainer? Macht es Sinn, dass charismatische Schweizer Trainer wie Arno Del Curto, Kevin Schläpfer oder Patrick Fischer (er war bei der Silver-WM 2013 Assistent) zu Hause herumsitzen, ein wenig in den TV-Studios plaudern statt im WM-Coaching-Team mitzuarbeiten?
Der Unterschied zur «Ära Simpson» liegt in der Spielphilosophie. Bei allen WM-Turnieren unter Sean Simpson (2010/Viertelfinale, 2011, 2012 und 2014 nicht im Viertelfinale, 2013 Finale) haben die Schweizer gespielt. Will heissen: Sie waren dazu in der Lage, jeden Gegner in Bedrängnis zu bringen, das Spiel zu gestalten. Wir gingen dabei oft mit Karacho unter – aber immer mit erhobenem Haupt. Wir standen immer auf den Zehen.
Unter Glen Hanlon haben wir hier in Prag und Ostrava die Spiele mehr erduldet. Wir standen fast immer auf den Fersen. Bei dieser passiven Spielweise sind Niederlagen wahrscheinlicher und eigentlich logisch. Die Statistik bestätigt es ja unerbittlich: Sechs Niederlagen in acht Spielen. Siege nur gegen Frankreich (3:1) und Deutschland (1:0). Nur 13 Tore in 8 Spielen. Alle Partien gegen die Grossen sind verloren gegangen. Gegen Schweden (1:2 n.V), gegen Kanada (2:7), gegen Tschechien (1:2 n.P) und jetzt gegen die USA. Das ist ein Schritt zurück und kein guter Leistungsausweis für den neuen Nationaltrainer.
Die WM in Prag hat bestätigt, was zu befürchten war: Der freundliche Glen Hanlon ist und bleibt das, was er als Trainer schon immer war: Ein Verlierer. Er ist nicht der richtige Mann, um unser Hockey international weiter zu bringen.
Immerhin hat die CH-Mannschaft nach 60 Minuten nur gegen
die starken Canadier in den Vorrundenspiele verloren, alle
anderen Spiele gingen in der Overtime oder im Penaltyschiessen
verloren. Mit etwas mehr Einsatz im heutigen Viertelfinale und
ein bisschen mehr Selbstvertrauen in den Torabschlüssen,
wer weiss, was da noch möglich gewesen wäre? Ein wenig träumen darf man doch, oder; auch wenn es nun nicht wahr
geworden ist?