0:6 im letzten Saisonspiel! Dabei wäre doch vieles für GC gelaufen. Weil der FC Vaduz in Kriens 1:2 verliert, hätte den Hoppers zuhause gegen Winterthur ein Sieg mit drei Toren Unterschied für die Teilnahme an der Barrage gereicht. Doch das Fünkchen Hoffnung, sich die Chance auf den direkten Wiederaufstieg noch zu bewahren erlosch gestern im Letzigrund schnell.
Spätestens nach dem 0:2 in der 53. Minute zerfiel die junge GC-Mannschaft in ihre Einzelteile und wurde mal für mal ausgekontert. «Ein solches Resultat ist eine riesige Schande», sagt Topskorer Nassim Ben Khalifa nach dem Spiel. «Der Auftritt ist peinlich und charakterlos», schreibt der «Tages-Anzeiger» heute. Er stehe dafür, wie sehr GC zum Schluss die Luft ausgegangen sei.
Nach dem Restart war die GC-Welt noch in Ordnung. Das junge Team vom neuen Trainer Zoltan Kadar eilte von Sieg zu Sieg und machte Punkt um Punkt gut auf Leader Lausanne. Bald durften die GC-Fans gar vom direkten Wiederaufstieg ohne Umweg über die Barrage träumen. Doch dann gerieten die Hoppers plötzlich ins Straucheln.
Als Knackpunkt nennt Ben Khalifa das Wil-Spiel am 30. Spieltag. GC holte damals einen 0:2-Rückstand auf, verlor durch einen Gegentreffer in der 86. Minute aber noch 2:3. «Seither waren wir nicht mehr die gleiche Mannschaft», so Ben Khalifa. Die Leichtigkeit war plötzlich verflogen. Der Druck auf die zahlreichen jungen Spieler, die Trainer Kadar wegen zahlreichen Verletzungen und Sperren in die Mannschaft einbauen musste, wurde zu gross. Aus einem «Dürfen» wurde ein «Müssen», was die junge Mannschaft nicht verkraften konnte.
Als fatal erweist sich in der Nachbetrachtung der Abgang von Abwehrchef Marko Basic, den die alte Klubführung trotz Vertrag bis Ende Jahr Anfang Februar ohne Not nach China ziehen liess. Der 32-jährige Kroate war Captain, Führungsspieler und verantwortlich für die Stabilität in der Defensive. Seinen Job in der Innenverteidigung übernahm der 34-jährige Vero Salatic. Vor allem ihm ging am Saisonende die Luft aus. In den letzten sieben Spielen kassierten die Hoppers 18 Gegentore, auch weil der eigentliche Mittelfeld-Stratege in Rückwärtsbewegung meist nur hinterlief.
Doch wie geht es nun weiter mit GC? Die chinesischen Investoren hatten nach ihrem Einstieg im April zwar nicht den sofortigen Wiederaufstieg gefordert, der Ausgang der Saison dürfte aber auch sie enttäuscht haben. So genau weiss das allerdings niemand, denn seit der Ankündigung der Übernahme von 90 Prozent der Klubanteile sind die Chinesen mehr oder weniger unsichtbar geblieben. Präsident Sky Sun, der zu Beginn noch zwei Interviews gegeben hatte, lässt sich weiterhin entschuldigen. Offenbar wegen Corona und offenen Fragen der Aufenthalts- und Arbeitsbewilligung.
Doch «die Chinesen gibt es» tatsächlich, wie Vizepräsident András Gurovits im «Tages-Anzeiger» bestätigt. «Wir haben Verträge mit ihnen, und wir haben auch ihr Geld.» Ausserdem berichtet er von Videositzungen des Verwaltungsrates mit Besitzerin Jenny Wang, Präsident Sun und ihm selbst.
Nach der 0:6-Schlappe gegen Winterthur ist es allerdings Sportdirektor Bernard Schuiteman, der aus der Führungsriege hinsteht und sich äussert. «Das Ziel war natürlich der Aufstieg, die Barrage mindestens», so der 46-jährige Niederländer gegenüber SRF. «Leider hat es nicht gereicht. Natürlich ist dieses Saisonende jetzt eine Enttäuschung.»
Wie es genau mit GC weitergeht, kann aber auch Schuiteman noch nicht sagen. Ziel sei es, im nächsten Jahr voll anzugreifen. Aber mit welcher Strategie? Setzt GC weiterhin auf die Jungen aus dem eigenen Nachwuchs oder soll wie in Lausanne mit grösserem finanziellen Einsatz ein Aufstiegsteam zusammengestellt werden? «Wir werden am Montag zusammensitzen und alles bis ins Detail analysieren», sagt der Sportchef dazu. «Wir werden sicher auch bezüglich Kaderplanung in den nächsten Wochen einiges bekannt geben.» Ziel sei es, «eine gute Mischung aus Erfahrung und Nachwuchs» zu finden.
Noch unklar ist auch, ob Trainer Zoltan Kadar weitermachen darf. Das enttäuschende Saisonende hat seine Perspektiven nicht gerade verbessert. In der Gerüchteküche wird schon seit längerer Zeit der Name des Portugiesen João Pereira von Academica Coimbra als neuer GC-Trainer gehandelt. Der 55-Jährige war einst für 13 Spiele Trainer von Servette und wird von Jorge Mendes beraten – dem Spieleragenten, der eng mit der GC-Besitzerfirma Fosun verbandelt ist. Gut möglich, dass die Chinesen via Jorge Mendes also doch bald mehr Einfluss auf GC nehmen werden. Doch bislang gilt der Status quo: So genau weiss das momentan niemand.