Es war eine brutale Klatsche. 1:5 verlor die Schweiz den WM-Achtelfinal gegen Spanien. Die Weltmeisterschaft ist für die Fussballerinnen jäh zu Ende. Nach einer Partie, in der die Nati ihren Gegnerinnen von A bis Z unterlegen war. Zeitweise erinnerte die Partie an ein Cupspiel zweier Teams, die nicht nur eine Liga auseinander sind. Von einem Schweizer Exploit war im Vorfeld geträumt worden - die Realität nach diesem WM-Achtelfinal ist eine ganz andere.
Die Weltspitze im Fussball der Frauen ist für die Schweiz Lichtjahre entfernt. Während bei Spanien die meisten Profis bei Barcelona oder Real Madrid sind, verfügen die Schweizerinnen über viele Spielerinnen aus der eigenen Liga – die grösstenteils eine Amateurliga ist. Und einige andere Natispielerinnen spielen in Topligen zu selten. Gegen Spanien ist das ganze Team sichtlich überfordert.
Dabei hat die WM gut begonnen. Die Schweiz hat das Minimalziel Achtelfinal erreicht – sogar als Gruppensiegerin. Dabei profitierten die Schweizerinnen jedoch von einer ziemlich leichten Gruppe. Nach dem 2:0-Auftaktsieg gegen die Philippinen remisierte die Schweiz gegen Norwegen und Neuseeland. Zwar brachten sie nach vorne fast nichts zustande, doch dank defensiver Stabilität reichte dies immerhin für den WM-Achtelfinal. Beim ersten richtig guten Gegner zeigt sich aber, wie weit die Schweiz von einem Exploit gegen eine Topnation entfernt ist.
Schlimmer noch: Das letzte richtig überzeugende Spiel der Schweizerinnen ist eine gefühlte Ewigkeit her, ein Sieg in der WM-Qualifikation gegen Italien. Das war im November 2021. Seither gab es viele Enttäuschungen. Und seit Inka Grings Anfang Jahr das Nationalteam übernommen hat, siegte sie aus zehn Spielen nur ein einziges Mal. Gegen die Aussenseiterinnen aus den Philippinen. Auch wenn die Deutsche dank der Achtelfinalqualifikation nicht um ihren Job bangen muss, gibt es mehrere Punkte, die kritisiert werden können.
Zu reden geben Personalentscheide. Vor dem Turnier liess sie Toptalent Riola Xhemaili zu Hause. Gegen Neuseeland wechselt sie zur Verblüffung der Spielerinnen selber im Stand von 0:0 die Führungsspielerinnen Ramona Bachmann und Ana-Maria Crnogorcevic aus. Dazu kommt, dass sich die ehemalige Trainerin des FC Zürich angreifbar macht, weil sie augenscheinlich auf ihre ehemaligen Klubspielerinnen setzt. Seraina Piubel, Nadine Riesen und Julia Stierli spielten unter Vorgänger Nils Nielsen praktisch nie, nun sind sie Stamm. Die drei FCZ-Akteurinnen überzeugten in der Gruppenphase, gegen Spanien fehlte es ihnen aber an der Qualität und Erfahrung.
Fakt ist, dass die Schweiz nur über wenige Spielerinnen von internationalen Format verfügt. Die Führungsspielerinnen Lia Wälti, Ramona Bachmann und Ana-Maria Crnogorcevic sind inzwischen alle über 30 Jahre alt. Schon jetzt droht ein krasser Qualitätsabfall, wenn sie möglicherweise nach der EM 2025 abtreten. Talente gibt es zwar einige, aber es wird dauern, bis die Lücke in der Nati geschlossen wird. Erste Probleme werden schon bald offensichtlich, weil Torhüterin Gaëlle Thalmann zurücktritt.
Aus dem Nachwuchs kommen noch zu wenige gute Spielerinnen nach. Während Mädchen und Jungs in vielen Ländern ähnlich gut gefördert werden, gibt es in der Schweiz noch Handlungsbedarf. Auch in diesem Bereich braucht es eine Verbesserung, will die Schweiz den Anschluss an die grossen Nationen nicht verlieren.
Geht die Entwicklung so weiter, droht an der Heim-EM 2025 ein Debakel. An Europameisterschaften gibt es keine leichte Gegnerinnen wie Neuseeland oder die Philippinen. Das hat die Schweiz vor einem Jahr in England gesehen, als sie mit einem Punkt in der Gruppe ausgeschieden ist. Nach der WM muss festgestellt werden: Der Abstand zur Weltspitze ist seither nicht kleiner geworden. Vielleicht wurde er sogar noch grösser.