Knapp über 3 Millionen Euro blätterte Hertha Berlin im letzten Sommer für Valentin Stocker hin. Sechs Jahre lang hatte man in der Hauptstadt nicht mehr so viel Geld für einen neuen Spieler ausgegeben. Als Königstransfer wurde der 25-Jährige gefeiert.
Die Ernüchterung folgte – wie so oft, wenn es um Berlin und Fussball geht – schnell. Für die ersten drei Saisonspiele nahm der Schweizer auf der Tribüne platz. Trainer Jos Luhukay erklärte nach der enttäuschenden WM von Stocker, der Spieler sei mental und körperlich noch nicht auf der Höhe. Stocker nahm es hin. Erst vor wenigen Wochen gestand er im «Blick»: «Ich hatte mir alles etwas leichter gewünscht.»
Immerhin besserte sich seine Lage in den nächsten Partien. Stocker kam zu ersten Einsätzen, durfte in elf von 17 Spielen von Beginn weg ran. Vier Assists buchte er auf seinem Konto bis zur Winterpause. Für einen Königstransfer klar zu wenig. In der Vorbereitung auf die Rückrunde verletzte sich Änis Ben-Hatira, der normalerweise die linke Aussenbahn beackert. Luhukay gab Stocker die Chance.
Die Rückrunde startete mit dem 0:2 gegen Bremen. Luhukay hatte den Schuldigen schnell ausgemacht, tadelte Stocker vor versammelter Mannschaft und setzte ihn im nächsten Spiel auf die Bank. Wäre der Holländer nach der folgenden 0:1-Pleite gegen Leverkusen nicht entlassen worden, Stocker wäre wohl weiterhin Reservist. Doch Luhukay musste gehen; Pal Dardai übernahm.
Für Stocker war der Wechsel wie eine Befreiung. Seither blüht der 25-Jährige auf: «Für mich war das ein Neuanfang. Ich habe mir gesagt: Alles fängt jetzt wieder von vorn an. Du haust alles rein, um der Mannschaft zu helfen.» In der Berliner Morgenpost beschrieb er das Gefühl gar wie folgt: «Ein bisschen wie neu verliebt.»
Stocker durfte gegen Mainz von Beginn weg ran. Er holte den Penalty zum 1:0 heraus und lieferte beim 2:0-Endstand die starke Vorarbeit. Die Fans wählten ihn zum «Helden des Spiels». Gegen Freiburg spielte Stocker über 90 Minuten und am Wochenende gehörte er erneut zu den besten Berlinern. Der «kicker» benotet nur Torschütze Julian Schieber und Stocker mit einer 3. Besser war keiner. Tatsächlich imponierte der Mittelfeldspieler bei seiner Vorarbeit mit Durchschlagskraft, wie man sie im Abstiegskampf benötigt.
Einziger Makel am vergangenen Wochenende: Stocker kassierte gegen Wolfsburg seine fünfte Gelbe Karte und fehlt jetzt gegen Augsburg. Zudem will Ben-Hatira diese Woche wieder ins Training einsteigen. Stocker muss sich in seiner Form aber nicht vor seinem Teamkollegen fürchten. Doch um den Titel «Königstransfer» zu rechtfertigen, müsste Stocker eine seiner grössten Basler Tugenden wieder finden: Wichtige Tore erzielen. Aktuell steht er bei sieben Assists, null Toren.