Die grösste Herausforderung für den Schweizer Nationalcoach Patrick Fischer besteht darin, die Zeit bis zu den Viertelfinals am Donnerstag sinnvoll zu überbrücken. Wie hält man die Spannung hoch, wenn die Gegner keine Herausforderung mehr darstellen und es aus Schweizer Sicht um praktisch nichts mehr geht? Den zweiten Platz in der Gruppe haben sie praktisch auf sicher, den ersten können sie nur noch holen, wenn Tschechien am Montag gegen Deutschland verliert.
Als Erstes gönnte Fischer am Sonntagabend gegen Ungarn dem kongenialen ZSC-Traumduo Sven Andrighetto (in den ersten fünf Spielen sechs Tore und ein Assist) und Denis Malgin (sieben Assists) sowie dem NHL-Verteidiger Jonas Siegenthaler eine Pause.
Das nutzten gleich sechs Spieler zu ihren ersten WM-Treffern in diesem Jahr. Andres Ambühl gelang auf dem Weg zum 10:0 mit den Toren zum 1:0, 7:0 und 9:0 ein Hattrick, es waren im 147. WM-Spiel die Tore 29 bis 31 des Rekordspielers. «Ein 10:0-Sieg an einer WM … das habe ich noch nie erlebt. ‹Isch guet, nehmet mir›», meinte der Davoser, den nichts und niemand aus der Ruhe zu bringen scheint.
Auch Timo Meier und und Dominik Egli trafen doppelt, Janis Moser, Andrea Glauser und Kevin Fiala je einmal. Alle waren sie erstmals an dieser WM erfolgreich, Egli erstmals überhaupt. So schrieben die Schweizer den höchsten Sieg an dieser WM, das erste Stängeli, an.
«Zehn Tore sprechen für sich», sagte Egli im SRF. «Wir haben über 60 Minuten sehr gutes Hockey gezeigt.» Für Ambühl war es ein gutes Zeichen, dass die Schweiz «keinen Larifari-Auftritt» hingelegt habe. «Wenn man solche Spiele zu locker nimmt, wird man schnell bestraft.»
Das WM-Aufgebot des 41-Jährigen war nicht unumstritten. Ambühl verzichtete in der Stunde des Erfolgs darauf, es den Kritikern zurückzugeben. «Es darf ja jeder denken und sagen, was er will», sagte er. «Ich freue mich, dass es mir aufging, aber wichtig ist, dass wir als Mannschaft einen guten Auftritt gezeigt und drei Punkte geholt haben.»
Ein Gradmesser war Aufsteiger Ungarn, das in der Neuzeit noch nie den Klassenerhalt in der A-Gruppe geschafft hatte, nicht. So stellt sich die Frage, welche Reize Fischer setzen kann, damit seine Spieler im Viertelfinal gegen einen wieder ernsthafteren Gegner wieder parat sind.
Leonardo Genoni musste für seinen vielleicht einfachsten Shutout im Dress der Nationalmannschaft ganze sechs (!) Schüsse abwehren. Selbst wenn er alle reingelassen hätte, hätte die Schweiz noch gewonnen. Wenn es etwas zu bemängeln gibt, ist es das Powerplay. In Überzahl erspielten sich die Schweizer weniger Torchancen als bei gleichem Spielerbestand.
Spiele wie gegen Ungarn – und mutmasslich zum Abschluss am Dienstag gegen Kasachstan – sind keine Werbung für eine WM mit 16 Teams. Von den ersten 45 WM-Spielen endete ein Drittel mit Kantersiegen von fünf und mehr Toren Differenz. In den letzten vier Partien kassierten die Schweizer nur einen Gegentreffer.
Ungarn – Schweiz 0:10 (0:2, 0:3, 0:5)
Herning. - 2846 Zuschauer. - SR Brander/Ofner (FIN/AUT), Beresford/Briganti (GBR/USA).
Tore: 6. Ambühl (Egli, Moser) 0:1. 8. Meier (Kukan) 0:2. 32. Egli (Glauser, Fiala) 0:3. 34. Meier (Moy, Fiala) 0:4. 36. Moser (Baechler, Meier) 0:5. 51. (50:03) Egli (Moser, Meier) 0:6. 51. (50:51) Ambühl (Schmid, Marti) 0:7. 55. Glauser (Jäger, Knak) 0:8. 59. (58:53) Ambühl (Moser, Fora) 0:9. 60. 59:20) Fiala (Moy, Marti) 0:10.
Strafen: 3mal 2 Minuten gegen Ungarn, 2mal 2 Minuten gegen Schweiz.
Ungarn: Vay; Garat, Milan Horvath; Hadobas, Ortenszky; Szabo, Szathmary; Tornyai; Szongoth, Hari, Gallo; Erdely, Papp, Vincze; Bence Horvath, Nagy, Mihalik; Ambrus, Nemeth, Mihaly, Laskawy.
Schweiz: Genoni; Kukan, Berni; Glauser, Moser; Fora, Marti; Egli; Meier, Moy, Fiala; Riat, Jäger, Hofmann; Bertschy, Schmid, Knak; Baechler, Ambühl.
Bemerkungen: Schweiz ohne Hischier (verletzt), Siegenthaler, Andrighetto, Malgin (geschont), Aeschlimann, Jung, Rohrbach (nicht im Aufgebot) und Charlin (Ersatzgoalie). Pfostenschüsse: Glauser (5.), Fiala (14.). - Schüsse: Ungarn 6 (3-1-2); Schweiz 37 (11-10-16). - Powerplay-Ausbeute: Ungarn 0/2, Schweiz 0/2.
Der Churer ist in den NHL-Playoffs mit den Winnipeg Jets ausgeschieden. Nun hofft das Schweizer Team, dass Nino Niederreiter für die Viertelfinals zur WM-Equipe stösst. Nati-Direktor Lars Weibel im SRF: «Wir sind in Kontakt mit Nino, ich bin vorsichtig optimistisch. Wir arbeiten mit Hochdruck daran, dass wir das hinkriegen.»
Laut watson-Eismeister Klaus Zaugg wird es klappen. Er berichtet aus Herning, eine direkte Anfrage bei den Gewährsleuten in Winnipeg habe die Antwort geliefert: «Ja, er wird zur WM kommen.»
(ram/kza/sda)