«Freue mich auf die EM-Qualifikation und ein hoffentlich tolles Turnier»: Yann Sommer startet in seine fünfte Kampagne als Nati-Goalie.Bild: keystone
Interview
Yann Sommer sagt, sein Gefühl für den Körper vor dem 1:6 im WM-Achtelfinal sei gut gewesen. Ans Aufhören denkt er noch lange nicht, und bei den Bayern ist nur der mediale Rummel nach Niederlagen wirklich anders.
Christian Brägger / ch media
Kurz vor halb eins ist die Übungseinheit beendet. Die Schweizer Nationalspieler schlendern zu ihren Vitaminshakes, sie hat der neue Ernährungsberater bereitgestellt. Granit Xhaka bleibt auf dem Trainingsrasen stehen, vertieft sich in ein Gespräch mit Stephan Lichtsteiner, der kurz vorbeigeschaut hat. Captains unter sich. Lichtsteiner, langjähriger Leader der Nationalmannschaft, leitet jetzt die U15 des FC Basel an. Bald gesellt sich Manuel Akanji dazu. Man kennt sich nach all den Jahren und Schlachten mit dem Nationalteam.
Derweil macht sich Yann Sommer auf zu seinem offiziellen Teil, dem Interviewtermin. Es gibt 15 Minuten auf dem Campus mit dem Stammgoalie von Bayern München. Etwa 14 Journalisten sind zugegen, die Fernsehleute von SRF und Sky Deutschland mitgezählt. Das ist nichts im Vergleich zu den Dimensionen beim deutschen Rekordmeister. Sommer, unterdessen 34 Jahre und 80 Länderspiele alt, bietet keine Angriffsflächen. Er ist ein Profi, im Beruf und mit den Medien.
... über das Spielen bei den Bayern
13 Partien absolvierte Sommer für den Rekordmeister bislang seit dem Wechsel Ende Januar, davor war er achteinhalb Jahre lang bei Gladbach.
«Die Ziele sind ganz andere, die Ansprüche rundherum, im Klub und von uns Spielern, sie sind sehr gross. Das ist auch gut so. Wir haben die Möglichkeit, drei Titel zu gewinnen, das wollen wir schaffen. Dafür müssen wir uns gegenseitig anspornen. In der Bundesliga wird es spannend, wir stehen vor grossen Herausforderungen. Die Umgebung und der Klub sind ein wenig anders als früher, und alles ist ein bisschen grösser. Schlussendlich ist es aber Fussball. Ich entwickle mich langsam da hinein. Ich bin jetzt mehr in den Aufbau eingebunden. Ich habe unser Spiel lieben gelernt wie auch, dass ich nun weniger zu tun habe. Um dann in den wenigen Aktionen parat zu sein. Das ist der Job des Goalies bei den Bayern.»
Seit Januar ist Yann Sommer Goalie des FC Bayern.Bild: keystone
... über Niederlagen mit den Bayern
Am vergangen Sonntag verloren die Bayern in Leverkusen nach zwei Penaltys 1:2 und gaben damit die Tabellenführung an Dortmund ab. Von den Klubbossen wie von Trainer Julian Nagelsmann hagelte es danach heftige Kritik über den Auftritt und die Mentalität der Spieler.
«Bayern München steht sehr im Rampenlicht, alles wird umgedreht, das wusste ich ja. Das ist das Los, das man dort hat und führt dazu, dass man sich extrem konzentriert und auf den Erfolg getrimmt wird. Man versucht, das Maximum herauszuholen. Der Umgang mit Niederlagen ist bei den Bayern aber grundsätzlich derselbe. Wenn du verlierst, ist die Stimmung an jedem Ort schlecht. Es wird dann auch in München viel analysiert, viel gesprochen, länger diskutiert. Einzig das Drumherum, das ist wirklich anders. Es schreiben viel mehr Leute über den Klub und geben ihre Meinung zu Niederlagen kund.»
... über das Nationalteam und seinen Status als Nummer eins
Murat Yakin wird auch in diese Kampagne mit Yann Sommer als Schweizer Goalie Nummer eins gehen.
«Die Nummer eins ist wichtig für mich, ich hätte auch keinen Grund gesehen, dass es nicht mehr so sein sollte. Ich freue mich, weiterhin mit dieser Mannschaft grosse Ziele anzugehen. Eine Pause brauche ich nach den intensiven Wochen aber nicht. Es werden ja auch weitere englische Wochen kommen in den nächsten Monaten, diese Phase ist aber absehbar. Dennoch ist es wichtig, dass wir immer mal wieder eine kleine Auszeit haben. Die Nati ist für mich aber alles andere als Wellness, im Gegenteil. Wir haben auch hier grosse Aufgaben vor uns. Wir wollen uns für Deutschland qualifizieren. Das Endziel ist ganz klar die EM-Teilnahme. Bis jetzt war das 1:6 gegen Portugal kein Thema, wir werden aber noch gewiss ein paar Dinge anschauen, was war gut, was nicht. Aber wie gesagt, jetzt startet eine neue Kampagne, die WM ist abgeschlossen.»
... über das Spiel in Serbien gegen Belarus
Die UEFA erlaubte es den Weissrussen tatsächlich, dass am nächsten Samstag ihr EM-Qualifikationsspiel gegen die Schweiz in Serbien stattfindet, in Novi Sad, und vor leeren Rängen. Nach der hitzigen Vorgeschichte der Schweizer und den Serben, insbesondere mit Granit Xhaka und Xherdan Shaqiri (der verletzt fehlt), ein kaum nachvollziehbarer Entscheid.
«Serbien begleitet uns seit ein paar Jahren. Von der Situation her ist es natürlich ein Thema. Wir können es nicht beeinflussen respektive ändern. Für mich ändert sich bei einem Geisterspiel nichts. Es kommt einfach keine Stimmung von aussen für uns als Mannschaft. Wir müssen sie also selbst erzeugen, uns ein Stück weit noch mehr pushen. Ich beleidige meine Mitspieler ja nicht, von daher muss ich nicht aufpassen, was ich sage. Aber Fussball macht schon mehr Spass mit Fans.»
Granit Xhaka und Xherdan Shaqiri (r.) sind in Serbien Reizfiguren.Bild: keystone
... über die Enttäuschung an der WM
Vermutlich findet noch eine kleine Aufarbeitung der WM mit dem Team statt, so hat das Murat Yakin zumindest angetönt. Auch sagte der Nationaltrainer, er hätte mit dem Wissen von heute Sommer im Achtelfinal gegen Portugal nicht eingesetzt. Weil der Goalie gesundheitlich nach dem grippalen Infekt nicht fit gewesen sei.
«Ein Turnier beschäftigt einen immer ein paar Tage mehr als ein normales Spiel. Nach jeder WM oder EM brauche ich mindestens eine Woche, um wieder anzukommen und wieder in der Familie drin zu sein. Da kommt es auch nicht darauf an, ob wir gut waren oder nicht. Ich muss ehrlich sein: Ich hätte nicht gespielt, wenn ich nicht das Gefühl gehabt hätte, ich wäre voll fit. Im Spiel habe ich dann schon gemerkt, dass vielleicht ein paar Prozente gefehlt haben. Aber mein Gefühl für meinen Körper war vor dem Spiel gut.»
... über seine Zukunft
Sommer ist 34 Jahre alt, bestritt bereits 2016, 2018, 2021 und 2022 die Endrunden als Stammgoalie.
«Ist es meine letzte Kampagne? Ich mache mir keine Gedanken, wann es für mich mit dem Nationalteam endet. Ich kann es echt nicht sagen. Wenn ich das Gefühl habe, es ist vorbei, werde ich das sicher intern ansprechen. Aber im Moment ist es nicht so weit. Ich freue mich im Gegenteil sehr auf diese EM-Qualifikation – und dass wir hoffentlich ein tolles Turnier haben werden.»
Die Rekordspieler der Schweizer Nati
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Die Rekordspieler der Schweizer Nati
1905 trug die Schweizer Fussball-Nationalmannschaft ihr erstes Spiel aus. Diese Akteure liefen 75 Mal oder öfter für die Schweiz auf. [Stand: 03.09.2024]
quelle: keystone / laurent gillieron
Trailer: The Pressure Game
Video: srf
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