Wie macht er das bloss? Nach einer langen, anstrengenden Saison im Skiweltcup, nach einer vierwöchigen Reise um die halbe Welt ohne einen Halt daheim in Beckenried und nach Tausenden geschüttelten Hände wirkt Marco Odermatt an seinem ersten Tag in der Schweiz nach seinem totalen Erfolg so aufgestellt und locker, als käme er direkt aus den Ferien. Dabei hat der 25-Jährige Ferien nötig.
Doch vorerst rufen Pflichttermine. Ein Auftritt am Montagabend in Salzburg beim Haussender seines Hauptsponsors Red Bull und ein Dankeschön bei seiner Skimarke sowie einem weiteren Sponsor am Dienstag. Das Auspacken der Skisocken in den eigenen vier Wänden muss warten.
So sehr diese Anlässe verpflichtend sind, so wenig lässt sich Marco Odermatt das anmerken. Im Zeitmanagement mag er der Meister der Effizienz sein, als Person bleibt er auch in den allerletzten Tagen der Saison der Sunnyboy. Der Nidwaldner lächelt in Malters bei Stöckli in die Kameras der lokalen Medien, er beantwortet mit Engelsgeduld die immer gleichen Fragen und er steht den knapp 100 Mitarbeitenden seines Ausrüstungspartners mit Leidenschaft und Lockerheit für Selfies zur Verfügung.
Und was sagt er inhaltlich? Charmant sein Talk mit der slowenischen Ex-Weltcupsiegerin Tina Maze – auch sie eine langjährige Stöckli-Fahrerin. Maze hält noch immer den Allzeit-Punkterekord aus der Saison 2012/13 mit 2412 Punkte. Marco Odermatt sagt, diese Marke sei für ihn «unvorstellbar», Maze antwortet, mit Slalom als vierte Disziplin gehe es. «Das ist eben das Problem», sagt Marco Odermatt unter dem Gelächter der Stöckli-Belegschaft.
Der zweifache Gesamtweltcupsieger nennt als noch nicht verwirklichte sportliche Ziele die Abfahrtssiege in Wengen und Kitzbühel, Tina Maze ergänzt, «auch eine Serie an Gesamtweltcup-Erfolgen wie sie Hirscher, Shiffrin oder Vonn erreicht haben, kann für Marco eine Inspiration sein».
Am Abend zuvor wird Odermatt bei Servus TV als «Naturbursch aus der Schweiz» empfangen – wie beim Heimauftritt in Malters unter tosendem Applaus des Publikums. Der Moderator fragt Marco Odermatt: «Magst du Österreich auch so sehr, wie wir dich?» Odermatt redet Hochdeutsch, zumindest dies ein Fakt, der für den Schweizer Fan noch gewöhnungsbedürftig ist.
Er spricht darüber wie ihm Kameradschaft und Lockerheit am Herzen liegen «Ich fühle mich um einiges lockerer und frischer als vor einem Jahr.» Trotzdem zeigt sich der Ausnahmekönner froh darüber, dass er mit diesen traditionellen Verpflichtungen die Saison bald einmal definitiv abschliessen kann. «Denn wenn ein Rennen abgeschlossen ist, ist man gedanklich schon beim nächsten.» Ein ewiger Kreislauf frei nach dem Film «Und täglich grüsst das Murmeltier.»
Auch der Fragesteller will mit seinem Stargast bereits wieder auf die nächsten Rennen blicken. Wer er denn als den gefährlichsten Gegner im Kampf um die Gesamtwertung des nächsten Winters betrachte? Marco Odermatt tippt auf Marco Schwarz sowie Aleksander Aamodt Kilde.
Er selbst habe Schwarz geraten, anstatt Slalom doch einmal auf Super-G und Abfahrt zu setzen, «aber jetzt, wo ich sehe, wie stark er dort fährt, rate ich ihm eher zur Rückkehr zum Slalom.» Und Kilde habe bereits damit gedroht, in der nächsten Saison auch im Riesenslalom ein ernsthafter Gegner zu sein.
Ab wann kreisen Marco Odermatts Gedanken wirklich bereits wieder um den kommenden Winter? «Das passiert jeweils in den letzten Tagen meiner Ferien. Da überlege ich mir, wie ich das Krafttraining angehen will.»
Gesprochen und gehandelt mit Blick auf die neue Saison wird bereits viel früher. Gemeinsam mit Stöcklis Rennsportchef Beni Matti hat Odermatt schon in den Tagen vor dem Weltcupfinale definiert, welche Schwerpunkte man in den vier Testtagen in der kommenden Woche setzen will. Letzte Defizite von Material und Fahrer sieht das Duo bei aggressiven Schneebedingungen und – zumindest im Vergleich zu Kilde – beim Start.
Nun sucht Matti für ein realistisches Testszenario einen Ort, wo Marco Odermatt auf eben dieser aggressiven Unterlage trainieren kann. Gar nicht so einfach beim üblichen Sulzschnee im Frühling. Kvitfjell in Norwegen war ein Thema, Konkurrent Kilde gab dafür grünes Licht, nicht aber die norwegischen Trainer.
Sie verwiesen darauf, dass die Schweizer Betreuer den Odermatt-Konkurrenten im vergangenen Herbst ebenfalls nicht auf der Rennpiste der Schweizer in Zermatt trainieren liessen. Selbst wenn sich die beiden Superstars des Skisports persönlich noch so sehr mögen, irgendwo bleibt man letztlich dann doch ein Konkurrent.
Den letzten Abschnitt gelesen, ah ok.
Alles klar.
Aber wie man so dreist sein kann, etwas zu vordern, was man letztes Jahr selber verwehrt hat, check ich nicht🤦🏼♂️
Ist doch lächerlich, aber irgendwie typisch CH.