Wengen brachte keine Wende. Nach 20 Weltcuprennen in diesem Winter wartet Österreichs Männer-Team immer noch auf den ersten Saisonsieg.
In der Abfahrt fand man den ersten Athleten mit dem Länderkürzel AUT auf Rang 17. Im Slalom lagen drei Schweizer vor dem besten Österreicher. Nur im Super-G gelang ein Exploit, Vincent Kriechmayr wurde Zweiter.
Ausgerechnet der einzige starke Speedfahrer verletzte sich tags darauf bei einem Sturz im Ziel-S der Abfahrt. Kriechmayr belegt im Gesamtweltcup Rang 9, den nächstbesten Österreicher findet man erst auf Rang 36 – hinter sage und schreibe zehn Schweizern.
Was waren das für andere Zeiten vor rund zwei Jahrzehnten! Damals machten Hermann Maier und Co. fast alles platt, einmal feierten sie sogar einen Neunfach-Sieg. Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben, acht, neun Österreicher vor dem Rest der Welt. Hätten wir nicht Bode Miller und die schnellen Norweger zu Schweizern der Herzen gemacht, wäre das alles noch um ein Vielfaches schlimmer zu ertragen gewesen.
Die Schweiz steckte nach ihrer glorreichen Ära um Pirmin Zurbriggen tief im Loch. Die Funktionäre hatten vor lauter Erfolg vergessen, dass auf die Gegenwart eine Zukunft folgt. Und als die dann da war, kam nicht viel. Tiefpunkt war die Ski-WM 2005 in Bormio, wo die Schweiz nach vier Jahrzehnten zum ersten Mal keine einzige Medaille gewann. Auch im Weltcup gab es in jenem Winter 2004/05 nicht einen Schweizer Sieg.
Die Lage war so schlimm, dass sich die Sport-Schweiz mit einem Segelschiff über Wasser halten musste. Milliardär Ernesto Bertarelli engagierte neuseeländische Asse, die mit Alinghi den America's Cup für die Schweiz gewannen. Die siebten oder neunten Plätze der Skifahrer wurden schöngeredet mit Sprüchen, dies sei für eine Segelnation doch gar nicht schlecht.
Das war natürlich eine Selbstlüge. Es war, wie wenn man den Partner im Ausgang beim Fremdknutschen erwischt und sich das Gesehene damit schönredet, dass er gerade mit Mund-zu-Mund-Beatmung ein Leben gerettet hat.
Wir wollen doch keine Segelnation sein! Wir lieben zwar das Meer, aber unser natürliches Habitat sind die Berge. Als Alinghi im vergangenen Herbst wieder am America's Cup teilnahm, schied das Boot sang- und klanglos aus. Derweil sind die Schweizer Skifahrer wieder die Besten der Welt. Die Ordnung ist wiederhergestellt.
Vielleicht lohnt für unsere Lieblingsnachbarn im Osten vor Kitzbühel und der Heim-WM in Saalbach ein Blick in die Bibel. Dort heisst es sinngemäss: Niederlagen sind Prüfungen, die zu künftigen Triumphen führen können.
An der Siegerehrung am Freitagabend meinte Vincent Kriechmayr, das Schlimmste an der österreichischen Krise sei das Mitleid der Schweizer.
Tun wir ihm und seinen Landsleuten den Gefallen und sparen wir uns das Mitleid. Das Pendel wird früh genug wieder auf die andere Seite ausschlagen.