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Schweiz im Ski-Hoch: Warum Österreich von uns kein Mitleid braucht

Oesterreich - Fahne und Zuschauer. Ski Alpin, Weltcup, Hahnenkamm-Rennen, Slalom der Herren, am 24.01.2014 in Kitzbuehel (Kitzb
Der österreichische Adler fliegt derzeit tief: Ski-Fans im Schneegestöber.Bild: imago sportfotodienst
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Mitleid mit unseren Nachbarn? Warum die Österreicher keine Tränen brauchen

Das Schweizer Ski-Hoch hält auch am Lauberhorn an. Die Österreicher dagegen sind so erfolglos, dass man beinahe glaubt, sie hätten das Österreicherloch zu ihrem ständigen Aufenthaltsort gemacht.
20.01.2025, 11:5620.01.2025, 13:26
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Wengen brachte keine Wende. Nach 20 Weltcuprennen in diesem Winter wartet Österreichs Männer-Team immer noch auf den ersten Saisonsieg.

In der Abfahrt fand man den ersten Athleten mit dem Länderkürzel AUT auf Rang 17. Im Slalom lagen drei Schweizer vor dem besten Österreicher. Nur im Super-G gelang ein Exploit, Vincent Kriechmayr wurde Zweiter.

Ausgerechnet der einzige starke Speedfahrer verletzte sich tags darauf bei einem Sturz im Ziel-S der Abfahrt. Kriechmayr belegt im Gesamtweltcup Rang 9, den nächstbesten Österreicher findet man erst auf Rang 36 – hinter sage und schreibe zehn Schweizern.

Vincent Kriechmayr of Austria reacts after a fall in the finish area during the men's Downhill race at the Alpine Skiing FIS Ski World Cup, in Wengen, Switzerland, Saturday, January 18, 2025. (KE ...
Für Vincent Kriechmayr endete das Wochenende mit einer starken Zerrung des Innenbandes im rechten Knie.Bild: keystone

Was waren das für andere Zeiten vor rund zwei Jahrzehnten! Damals machten Hermann Maier und Co. fast alles platt, einmal feierten sie sogar einen Neunfach-Sieg. Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben, acht, neun Österreicher vor dem Rest der Welt. Hätten wir nicht Bode Miller und die schnellen Norweger zu Schweizern der Herzen gemacht, wäre das alles noch um ein Vielfaches schlimmer zu ertragen gewesen.

Die Schweiz steckte nach ihrer glorreichen Ära um Pirmin Zurbriggen tief im Loch. Die Funktionäre hatten vor lauter Erfolg vergessen, dass auf die Gegenwart eine Zukunft folgt. Und als die dann da war, kam nicht viel. Tiefpunkt war die Ski-WM 2005 in Bormio, wo die Schweiz nach vier Jahrzehnten zum ersten Mal keine einzige Medaille gewann. Auch im Weltcup gab es in jenem Winter 2004/05 nicht einen Schweizer Sieg.

Die Lage war so schlimm, dass sich die Sport-Schweiz mit einem Segelschiff über Wasser halten musste. Milliardär Ernesto Bertarelli engagierte neuseeländische Asse, die mit Alinghi den America's Cup für die Schweiz gewannen. Die siebten oder neunten Plätze der Skifahrer wurden schöngeredet mit Sprüchen, dies sei für eine Segelnation doch gar nicht schlecht.

Swiss Defi yacht Alinghi, SUI-64, sailing in a wave during the fifth match-race against the New Zealander defender yacht, Team New Zealand, NZL-82, during the America's Cup final, in Hauraki gulf ...
Alinghi 2003 in Neuseeland.Bild: KEYSTONE

Das war natürlich eine Selbstlüge. Es war, wie wenn man den Partner im Ausgang beim Fremdknutschen erwischt und sich das Gesehene damit schönredet, dass er gerade mit Mund-zu-Mund-Beatmung ein Leben gerettet hat.

Wir wollen doch keine Segelnation sein! Wir lieben zwar das Meer, aber unser natürliches Habitat sind die Berge. Als Alinghi im vergangenen Herbst wieder am America's Cup teilnahm, schied das Boot sang- und klanglos aus. Derweil sind die Schweizer Skifahrer wieder die Besten der Welt. Die Ordnung ist wiederhergestellt.

epa11834006 Spectators cheer during the Men's Downhill race at the FIS Alpine Skiing World Cup in Wengen, Switzerland, 18 January 2025. EPA/JEAN-CHRISTOPHE BOTT
Abfahrtsfest am Lauberhorn: Die Ski-Schweiz kommt aus dem Feiern nicht mehr heraus.Bild: keystone

Vielleicht lohnt für unsere Lieblingsnachbarn im Osten vor Kitzbühel und der Heim-WM in Saalbach ein Blick in die Bibel. Dort heisst es sinngemäss: Niederlagen sind Prüfungen, die zu künftigen Triumphen führen können.

An der Siegerehrung am Freitagabend meinte Vincent Kriechmayr, das Schlimmste an der österreichischen Krise sei das Mitleid der Schweizer.

Tun wir ihm und seinen Landsleuten den Gefallen und sparen wir uns das Mitleid. Das Pendel wird früh genug wieder auf die andere Seite ausschlagen.

Die nächsten Rennen
Frauen
Di 21.1. Riesenslalom, Kronplatz
Sa 25.1. Abfahrt, Garmisch-Partenkirchen
So 26.1. Super-G, Garmisch-Partenkirchen
Do 30.1. Slalom, Courchevel

Männer
Fr 24.1. Super-G, Kitzbühel
Sa 25.1. Abfahrt, Kitzbühel
So 26.1. Slalom, Kitzbühel
Di 28.1. Riesenslalom, Schladming
Mi 29.1. Slalom, Schladming
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Die Sieger der Lauberhorn-Abfahrt seit 1997
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Die Sieger der Lauberhorn-Abfahrt seit 1997
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quelle: keystone / jean-christophe bott
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39 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Znuk
20.01.2025 12:31registriert März 2014
Natürlich haben wir Mitleid mit Österreich. Mindestens soviel wie sie damals mit uns hatten…
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redeye70
20.01.2025 12:44registriert Mai 2016
Weder Mitleid noch Hohn oder Spott. Ich freue mich wenn Schweizer gewinnen und respektiere und achte den Erfolg anderer. Es geht um sportliche Leistungen, nicht um Nationalstolz.
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James R
20.01.2025 13:54registriert Februar 2014
Die Rivalität zwischen Österreich und der Schweiz ist das Salz in der Suppe eines Skifans.
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