Wenig fehlte zum Happy End. Gegen Vissel Kobe wurde Lionel Messi am Mittwoch eingewechselt. In der 79. Minute tauchte er vor dem Torhüter der Japaner auf, scheiterte und er sah seinen Nachschuss kurz vor der Linie von einem Verteidiger abgewehrt.
So kam es zum Penaltyschiessen und das verlor Inter Miami. In der vierten und letzten Partie der Asien-Tournee des MLS-Klubs setzte es die dritte Niederlage ab. Und beim einzigen Sieg, einem 4:1 gegen eine Stadtauswahl von Hongkong, gab nicht das Resultat zu reden, sondern die Abwesenheit des argentinischen Weltmeisters.
Denn Lionel Messi, der Grund für den Stadionbesuch, sass dort nur auf der Ersatzbank. Er war angeschlagen, es reichte auch nicht für ein paar Minuten auf dem Feld. Pfiffe, Buhrufe und viel Kritik waren die Folge.
Selbst die Kultur-, Sport- und Tourismusbehörde verbarg die Enttäuschung des offiziellen Hongkongs nicht und schrieb in einer Mitteilung: «Drei Tage später war Messi in Japan in der Lage, zu spielen. Die Regierung hofft, dass Organisatoren und Teams eine nachvollziehbare Erklärung dafür abgeben.»
Regina Ip, eine ranghohe Beraterin der Regierung, schrieb: «Die Hongkonger hassen Messi und Inter Miami für die absichtliche und berechnete Missachtung Hongkongs.» Ihrer Meinung nach solle Messi «niemals nach Hongkong zurückkehren dürfen. Seine Lügen und Heuchelei sind abscheulich».
Dabei ist es nachvollziehbar, wenn ein 36-Jähriger bei einem anstrengenden Trip rund um die Welt auch einmal geschont wird, vor allem, wenn er angeschlagen ist. Schliesslich wäre für den Klub nichts verheerender als ein längerer Ausfall Messis. Wie ein zartes Pflänzchen muss er gehegt und gepflegt werden. Verständnis eignet sich allerdings nur mittelprächtig als Schlagzeile und als Werkzeug polternder Politiker. Und so geriet der Besuch in der früheren britischen Kolonie für Inter Miami zum grossen PR-Desaster.
Dabei stand die Asien-Tournee schon von Anfang an unter einem schlechten Stern. Gegen Al-Hilal, den Leader der Saudi Pro League, verlor Miami mit 3:4. Es folgte das pompös angekündigte Duell gegen Al-Nassr. Endlich wieder einmal – und vielleicht zum allerletzten Mal – Cristiano Ronaldo gegen Lionel Messi!
Was einst beim spanischen Clasico zwischen Real Madrid und dem FC Barcelona der grösste Leckerbissen der Fussballwelt war, erhielt keine Neuauflage. CR7 sass verletzt auf der Tribüne und Lionel Messi zu Beginn nur auf der Bank. Ronaldos Grinsen, von den Kameras eingefangen, wurde je länger, je breiter: Sein Al-Nassr nahm Inter Miami nach Strich und Faden auseinander. Für die Fans des Portugiesen war der 6:0-Sieg der ultimative Beweis dafür, dass ihr Idol noch in einer kompetitiven Liga spielt, während dessen Dauerrivale bloss noch ein Rentnerdasein in Florida führt.
Ronaldo is laughing while Messi is in shock 😂
— Janty (@CFC_Janty) February 1, 2024
https://t.co/m6EzYQ6Eb5
Die Resultate und Ereignisse dieser Asien-Tournee (und zwei vorausgegangen Testspielen in El Salvador und Texas) werden rasch in Vergessenheit geraten. Klar, in Hongkong sind diejenigen, die viel Geld für ein Ticket bezahlt und dann nicht Messi spielen gesehen haben, wohl noch eine Weile sauer. Das belegt nur ein weiteres Mal, wie populär die Ikone des FC Barcelona nach wie vor ist: Wäre Messi das nicht mehr, wäre die Empörung im Quadrat kleiner gewesen.
Der Sturm der Entrüstung in Hongkong wird sich wieder legen und getreu dem Grundsatz, wonach schlechte PR besser ist als gar keine, half die Tournee dabei, das Team bekannter zu machen. Inter Miami, bis zu Messis Ankunft im vergangenen Juli ein unbekannter US-Klub, ist mittlerweile jedem Fussballfan ein Begriff. Selbst in der Schweiz tragen Kinder, Jugendliche und Erwachsene das rosarote Miami-Trikot mit der Nummer 10.
Here’s why @InterMiamiCF are in Tokyo: absurd merch line 100 minutes before kickoff. All that limited edition tour merch is flying off the shelves, and a rack that appears to have once held uniforms is now totally bare. #InterMiami #InterMiamiCF pic.twitter.com/lAuK60cOBY
— Dan Orlowitz (@aishiterutokyo) February 7, 2024
In Asien rissen sich die Fans ums Merchandising. Für die Klubbesitzer um David Beckham wird sich der Trip zweifellos gelohnt haben. Fraglicher ist, welchen sportlichen Wert die Tests hatten. Sie dienten der Vorbereitung auf die neue Saison und in der alten war Inter Miami das drittschlechteste von 30 Teams in der Major League Soccer.
Aber Erfolge auf dem Rasen sind in der neuen Fussballwelt längst nicht mehr die einzige Währung. Nur ein Beispiel: Die Zahl der Follower des Klubs auf Instagram wuchs seit dem Transfer von 900'000 auf heute 16 Millionen. Die Strahlkraft des Weltstars, der seinen Sport während eineinhalb Jahrzehnten dominierte, ist enorm. Inter Miami wird daraus Profit schlagen wollen, solange es geht.
Solange Lionel Messi für Inter aufläuft, werden Miamis Partien, unabhängig vom Tabellenplatz, Kassenschlager sein. Schwache Darbietungen in sportlich unbedeutenden Testkicks ändern daran rein gar nichts.
Auch Bayern München und co. haben schon im Osten und Westen gespielt für Promo. Shirts verkaufen sich eben gut so, damit verdient man Kohle.