Der «Grand Départ» findet regelmässig im Ausland statt, in diesem Jahr zum zweiten Mal nach 1958 in Belgiens Hauptstadt Brüssel. Das Wochenende steht im Zeichen des grossen Eddy Merckx: Der erfolgreichste Rennfahrer der Geschichte gewann vor 50 Jahren erstmals die Tour de France. Insgesamt siegte der «Kannibale» fünf Mal.
Die 1. Etappe ist eine für die Sprinter, weil die von den Klassikern bekannten Muur von Geraardsbergen und Bosberg schon bald nach dem Start kommen. Am Tag danach kann die Tour noch nicht gewonnen werden, aber vielleicht schon fast verloren. Denn im Mannschaftszeitfahren geht es für die Captains der schwächeren Teams darum, nicht zu viel Zeit einzubüssen. 27,6 km lang geht es durch Brüssel.
Die 3. Etappe führt die Fahrer dann nach Frankreich, wo ein coupiertes Finish ansteht, das wie geschaffen für den Ausritt eines Flüchtlings scheint.
In diesem Jahr beinhaltet die Tour de France fünf Bergankünfte: Eine in den Vogesen bei La Planche des Belles Filles (6. Etappe), zwei in den Pyrenäen (auf dem Tourmalet/14. und in Foix Prat d'Albis/15.) sowie zwei in den Alpen (in den Skistationen Tignes/19. und Val Thorens/20.). Insgesamt sind auf dem 3480 km langen Parcours 18 Pässe der höchsten (Hors Catégorie) und 1. Kategorie zu bewältigen.
Wer die Tour de France vor Ort erleben will, könnte ins nahe Elsass reisen. Dort geht's in den Vogesen ein erstes Mal in die Berge.
5. Etappe, Saint-Dié-des-Vosges - Colmar:
Côte du Haut-Koenigsbourg (2. Kategorie/5,9 km lang, durchschnittlich 5,8 Prozent Steigung), Côte des Trois-Epis (2. Kat./4,9 km, 6,8 Prozent).
6. Etappe, Mulhouse - La Planche des Belles Filles:
Markstein (1. Kat./10,8 km, 5,4 Prozent), Col du Hundsruck (2. Kat./5,3 km, 6,9 Prozent), Ballon d'Alsace (1. Kat./11 km, 5,8 Prozent), Col des Chevrères (2. Kat./3,5 km, 9,5 Prozent), La Planche des Belles Filles (1. Kat./7 km, 8,7 Prozent).
Das Etappenziel ist neu einen Kilometer weiter oben als bisher an diesem Ort – und wartet am Ende mit einer bis zu 24 Prozent steilen Schotterpiste auf. Da wird es Abstände geben.
8. Etappe, Mâcon - Saint-Etienne:
Col de la Croix Montmain (2. Kat./6,1 km, 7 Prozent), Col de la Croix de Thel (2. Kat./4,1 km, 8,1 Prozent), Col de la Croix Paquet (2. Kat./2,1 km, 9,7 Prozent), Côte de la Croix de Part (2. Kat./4,9 km, 7,9 Prozent), Côte d'Aveize (2. Kat./5,2 km, 6,4 Prozent).
12. Etappe, Toulouse - Bagnères-de-Bigorre:
Col de Peyresourde (1. Kat./13,2 km, 7 Prozent), Hourquette d'Ancizan (1. Kat./9,9 km, 7,5 Prozent).
14. Etappe, Tarbes - Tourmalet:
Col du Soulor (1. Kat./11,9 km, 7,8 Prozent), Col du Tourmalet (Hors Catégorie/19 km, 7,4 Prozent).
Auf dem Tourmalet gibt's eine Sonderprämie für den ersten Fahrer, der oben ist. Ausgefahren wird sie zu Ehren des ehemaligen Tourdirektors Jacques Goddet. Der Pyrenäenpass ist gemeinsam mit der Alpe d'Huez und dem Mont Ventoux der berühmteste Anstieg der Tour de France – diese beiden sind 2019 nicht zu bewältigen.
15. Etappe, Limoux - Foix Prat d'Albis:
Col de Montségur (2. Kat./6,8 km, 6 Prozent), Port de Lers (1. Kat./11,4 km, 7 Prozent), Mur de Péguère (1. Kat./9,3 km, 7,9 Prozent), Prat d'Albis (1. Kat./11,8 km, 6,9 Prozent).
18. Etappe, Embrun - Valloire:
Col de Vars (1. Kat./9,3 km, 7,5 Prozent), Col d'Izoard (HC/14,1 km, 7,5 Prozent), Col du Galibier (HC/23 km, 5,1 Prozent).
Die Königsetappe mit drei Pässen, die für Gümmeler und Zuschauer atemberaubend schön sind, für die Fahrer aber wohl in erster Linie atemraubend.
19. Etappe, Saint-Jean-de-Maurienne - Tignes:
Montée d'Aussois (2. Kat./6,5 km, 6,2 Prozent), Col de l'Iseran (HC/12,9 km, 7,5 Prozent), Montée de Tignes (1. Kat./7,4 km, 7 Prozent).
Es geht hinauf über das Dach der Tour, den 2770 m hohen Col de l'Iseran. In den 89 Kilometern bis dahin geht es fast immer bergauf – wie auch ins Ziel.
20. Etappe, Albertville - Val Thorens:
Cormet de Roselend (1. Kat./19,9 km, 6 Prozent), Côte de Longefoy (2. Kat./6,6 km, 6,5 Prozent), Val Thorens (HC/33,4 km, 5,5 Prozent).
Heute fällt die Entscheidung, denn in der letzten Etappe wird der Leader nicht mehr angegriffen. Aber dieser wird sich wohl nochmals hart wehren müssen auf den 1800 Höhenmetern hinauf ins Ziel nach Val Thorens.
⭐️⭐️⭐️⭐️⭐️ Egan Bernal.
⭐️⭐️⭐️⭐️ Geraint Thomas, Thibaut Pinot, Jakob Fuglsang.
⭐️⭐️⭐️ Mikel Landa, Simon Yates, Romain Bardet, Rigoberto Uran.
⭐️⭐️ Nairo Quintana, Adam Yates, Vincenzo Nibali, Richie Porte.
⭐️ Alejandro Valverde, Steven Kruijswijk, Emanuel Buchmann.
Chris Froome kann keinen fünften Titel gewinnen, nach einem schweren Sturz ist seine Saison bereits vorbei. Ist damit der Weg frei für Vorjahressieger Geraint Thomas? Der Waliser musste zuletzt die Tour de Suisse nach einem Sturz ebenfalls aufgeben. Sollte Thomas nicht stechen, hat das Team Ineos (vormals Team Sky) noch ein Ass im Ärmel: Egan Bernal. Der 22-jährige Kolumbier gilt als Mann der Zukunft, aber in der Gegenwart hat er bereits Gesamtsiege an der Tour de Suisse und bei Paris – Nizza vorzuweisen.
Oder klappt's mit dem ersten französischen Gesamtsieg seit jenem von Bernard Hinault 1985? Die Hoffnungen der Einheimischen liegen auf Thibaut Pinot (Groupama-FDJ) und Romain Bardet (AG2R). Beide konnten die Tour schon auf dem Podest beenden, aber sie träumen vom obersten Treppchen.
Bei Movistar dürften sie eher auf den Spanier Mikel Landa setzen. Denn der Kolumbianer Nairo Quintana, schon drei Mal in Paris auf dem Podium, scheint von seiner Klasse eingebüsst zu haben. Und wer weiss, was Weltmeister Alejandro Valverde im Schilde führt. Vom Spanier heisst es, er sei so leicht wie nie – und da gibt es ja doch einige Vergleichsmöglichkeiten, Valverde ist bereits 39 Jahre alt.
Hoch im Kurs steht Jakob Fuglsang. Der Däne vom Team Astana hat in dieser Saison bereits die Andalusien- und die Dauphiné-Rundfahrt gewonnen, dazu bei Lüttich-Bastogne-Lüttich triumphiert. In Abwesenheit des Vorjahreszweiten Tom Dumoulin ist dessen niederländischer Landsmann Steven Kruijswijk Captain von Jumbo-Visma.
Simon Yates (Mitchelton-Scott) tritt als Sieger der letztjährigen Vuelta an. Sein Zwilling und Teamkollege Adam Yates wurde bei der Tour de France schon Gesamtvierter. Wer schlussendlich die Nummer 1 im Team ist, wird sich wohl erst während der Rundfahrt herauskristallisieren.
In Deutschland hoffen sie ganz fest darauf, dass der am Bodensee lebende 26-jährige Emanuel Buchmann (Bora-Hansgrohe) in die Fussstapfen von Jan Ullrich treten kann. Der Italiener Vincenzo Nibali kommt mit der Referenz des 2. Platzes am diesjährigen Giro d'Italia. Ein Vor- oder Nachteil, dass er bereits eine harte Grand Tour in den Beinen hat? Gespannt sein darf man zudem, ob Rigoberto Uran bei EF Education First genügend gute Helfer hat und wie Richie Porte (Trek-Segafredo), der sich an der Tour de Suisse auch in den Bergen stark zeigte, seine Form über drei Wochen halten kann.
Wer gewinnt die 1. Etappe und schlüpft damit als erster Fahrer ins Maillot Jaune? Im Fokus stehen der Italiener Elia Viviani und Dylan Groenewegen aus den Niederlanden, sie werden unter anderem von den Australiern Michael Matthews und Caleb Ewan herausgefordert.
Der dreifache Weltmeister Peter Sagan wird natürlich auch stets versuchen, im Endspurt zu gewinnen. Ein Auge muss man auch auf Routinier Alexander Kristoff aus Norwegen und auf die schnellen Italiener Sonny Colbrelli, Giacomo Nizzolo und Matteo Trentin haben. Und natürlich will es auch der der 36-jährige André Greipel, elffacher Tour-Etappensieger aus Deutschland, noch einmal wissen.
Bloss vier Schweizer sind am Start der 106. Ausgabe. Dem Luzerner Mathias Frank fällt dabei bei AG2R ebenso eine Helferrolle in den Bergen zu (für Captain Romain Bardet) wie Sébastien Reichenbach (für Thibaut Pinot). Der Walliser tritt als frischgebackener Schweizer Meister an und er hat bei Goupama-FDJ einen Landsmann als Teamkollegen dabei. Stefan Küng kommt im Teamzeitfahren am zweiten Tag eine zentrale Rolle zu. Seit Jahren an der Seite von Olympiasieger Greg van Avermaet im Team CCC ist Michael Schär, der den Ruf hat, einer der besten Helfer überhaupt zu sein, und die «Grande Boucle» bereits zum neunten Mal in Folge bestreitet.
Auf eigene Rechnung darf keiner des Quartetts fahren. Der Ostschweizer Küng hofft darauf, beim welligen Einzelzeitfahren der 13. Etappe über 27 Kilometer mit Start und Ziel in Pau gut bei Kräften zu sein. Reichenbach und Frank können wohl höchstens dann auf einen Etappensieg fahren, wenn ihre Leader ausgeschieden sind oder hoffnungslos zurück liegen.