Ja, es ist schön, wenn sich auch Nicht-Interessierte vom WM-Fieber anstecken lassen und mit uns Fussball schauen wollen. Jeder ist willkommen. Aber ganz wichtig: Schweige. Frag nicht, warum der jetzt den Ball dahin gespielt hat und nicht dorthin. Fordere keine Karten, ruf nicht «Offside!». Geniess einfach die Partie. Und falls du doch irgendeine ganz dringende Frage zum Spiel oder der Welt hast, hier wird dir geholfen:
Du merkst grad, dieser Punkt ist wichtig. Ich hab hier nur kurz auf der Redaktion rumgefragt, was Laien beim Fussball schauen unbedingt machen sollen. Die Antwort kam wie aus der Pistole geschossen: «Ruhig sii!»
Deshalb:
1) Wenn du Fragen hast: Geh zu Punkt 1 oben.
2) Wenn du uns was erzählen willst: Spar's dir auf.
3) Falls du wissen willst, ob wir dich immer noch lieben: Die Antwort ist Ja.
Das mit dem genussvollen Schweigen während dem Spiel hätten wir geklärt. Danach gilt übrigens das gleiche. Wenn du nur bei Endrunden jeweils zum Fussball-Fan/-Experten mutierst: Behalte deine Meinung für dich.
Nichts Schlimmeres als Arbeitskollegen, die sonst nichts mit Sport am Hut haben, aber dann in der Znüni-Pause loslegen: «Huui, häsch gseh d'Schwiizer?», «Ich het det nie Penalty gäh», «Aber ich find die andere heteds au verdient gha.» Schön für dich und selbst wenn du ausnahmsweise recht hast: Behalt's für dich.
Wir können während der WM natürlich auch Dinge tun wie ins Kino gehen, Schwiegereltern besuchen oder den herrlichen Abend am See geniessen. Und zwar an diesen Daten:
Die WM ist für uns Fussballfans eine sehr anstrengende Zeit. Nach der Arbeit ruft schon wieder das nächste Spiel. Und dann gibt's noch die endlosen Analysen.
Darum, liebe Partnerinnen und Partner von Fussballfans: Denkt mit! Schaut, dass der Kühlschrank immer schön mit Bier gefüllt ist, besorgt Snacks, bereitet das Abendessen vor, ordnet während dieser Zeit die Post, giesst die Blumen und entspannt eure Lieben vielleicht währenddem er/sie ein Spiel am TV schaut mit einer Massage.
Natürlich kann man drei Fussballspiele am Tag schauen. «Breaking Bad» kannst du ja auch den ganzen Samstag lang auf Netflix gucken. Und ja: Kracher wie Russland–Saudi-Arabien, Japan–Senegal oder Panama–Tunesien muss ich auch sehen. Weil WM ist.
Nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Und wie soll ich bitte am nächsten Tag im Büro mitreden können, wenn ich nach der Liveübertragung nicht auch noch die Analyse schaue? Die Zusammenfassung? Die Expertenrunde auf ORF? Der Hintergrund auf ZDF? Die Impressionen auf RAI? Die Strassenumfrage auf France 1? Die Einschätzung von BBC? Das Spielerinterview auf Schwedisch? Ja, Schwedisch! Guckst du:
Fussball geht auf alle Sprachen, weil Fussball universal verständlich ist. Und ausserdem: Beim Tippspiel mit Freunden oder bei der Arbeit will ich gut abschliessen. Da geht es nicht nur um Ehre, sondern oft auch um Geld. Da will und muss ich top vorbereitet sein.
Man glaubt es kaum, aber die WM-Diät aus Bier, Fastfood, Grill und Chips während der Endrunde ist gesund. Genauso wie es nicht schadet, während diesen vier Wochen das Abendessen vor dem TV einzunehmen. Das ändert sich auch nicht, wenn du uns jeden Tag versuchst, vom Gegenteil zu überzeugen.
Ein schwieriges Thema. Grundsätzlich gilt: Das Nati-Shirt beim Public Viewing ist super, eine Fahne meist auch noch okay, vielleicht noch ein Chäppli dazu. Aber dann wird's heikel: Bemalte Wangen – naja. Eine Tröte in Nationalfarben – besser nicht. Überdimensionale Hüte – nope. Diese Brillen mit dem Schweizer Kreuz drauf – Herrgott! Das gleiche gilt für Autos: Fähnchen und Rückspiegelpariser – du bist der Modefan schlechthin. Kurz: Je mehr der oben genannten Fanutensilien du besitzt, desto mehr outest du dich als Ahnungsloser.
Wir kommen zu einem ganz wichtigen Punkt: Wenn wir irgendwo bei Freunden eingeladen sind, um ein Spiel zu schauen, und du keine Lust hast (weil du kein Interesse am Fussball hast): Dann! Komm! Nicht! Mit! Denn das drückt auf die Stimmung. Bei dir, bei mir, bei ihnen, bei allen.
Und wenn du doch mitkommst, werde ich vermutlich lieber in den TV starren, als dich anzuschauen. Danach werde ich lieber noch endlos mit Fussball-Kennern diskutieren, als deine Alltagsproblemchen anzuhören. Das bedeutet aber nicht, dass ich dich nicht mehr liebe. Mein Verhalten während der WM spielt da keine Rolle. Die Antwort dazu gab ich ja schon oben bei Punkt 2.
Ja, ich beschwere mich immer über Pussy-Fussball. Diese Schwalbenkönige, Mötzlis und Memmen gehen mir immer mehr auf den Sack. Aber: Jetzt ist WM! Und WM ist WM! Und da ist das alles egal. Weil: Endrunden waren immer schon das Beste, sind noch das Beste und werden immer das Beste sein!
PS: Die nächste Endrunde findet vom 12. Juni bis 12. Juli 2020 statt. Liebe Fussball-Desinteressierte: Plant da keine Ferien mit eurem Schatz. Zumindest keine, wo's kein Wlan und TV hat.
Dieser Artikel erschien in abgeänderter Version vor zwei Jahren im Rahmen der EM 2016.
PS: Werte vernachlässigte Partnerinnen, ihr wisst ja zu wem ihr gehen könnt, wenn euer Partner sich wie der letzte Pascha verhält und euch nur noch als schweigende Bierlieferantin sieht. Grazie mille und bedankt voor uw aandacht! 😘