Die Tokioter Staatsanwaltschaft hat am Mittwoch gegen den Basler Pharmakonzern Novartis und einen ehemaligen Novartis-Angestellten Anklage erhoben. Dabei geht es um Datentricksereien beim Blutdrucksenker Diovan, die den Konzern schon länger in Atem halten.
Der Konzern bestätigte am Donnerstag einen Bericht der «Neuen Zürcher Zeitung». In einem Mail teilte er mit, Novartis Pharmaceuticals habe erfahren, dass die Staatsanwaltschaft Tokio an der Anklage gegen die japanische Tochter Novartis Pharma K.K. (NPKK) festhalte.
Weiter schrieb Novartis: «Die Anklage gegen NPKK bezieht sich auf die Handlungen eines einzelnen früheren Mitarbeiters. Im Rahmen des Prinzips der Doppelhaftung, durch das sich die japanische Rechtsordnung auszeichnet, wirft die Anklage NPKK vor, für die mangelnde Beaufsichtigung eines Mitarbeiters verantwortlich zu sein.» Die Geldstrafe dafür betrage maximal 2 Millionen Yen (knapp 17'500 Franken).
Das Unternehmen erklärte, es werde die Vorwürfe gegen NPKK inhaltlich genauer prüfen, sobald ihm ein offizieller Bescheid der Staatsanwaltschaft vorliege. Zudem unterstrich der Konzern, in Japan seien bereits einschneidende Massnahmen ergriffen worden. Novartis sei entschlossen, die Unternehmenskultur bei NPKK zu verändern.
Der frühere Mitarbeiter war im Juni wegen Verdachts auf Datenmanipulation verhaftet worden. Dem 63 Jahre alten Japaner wird vorgeworfen, Wissenschaftlern falsche Informationen über die Wirksamkeit von Diovan übergeben zu haben.
Die Novartis-Niederlassung wurde einen Tag nach der Verhaftung einer Hausdurchsuchung unterzogen. Novartis hatte im September 2013 um Entschuldigung gebeten. Pharmachef David Epstein und weitere Manager verbeugten sich in Tokio tief vor der Öffentlichkeit – ein wichtiges kulturelles Signal.
Bereits im April räumte Novartis in seiner japanischen Niederlassung mit dem eisernen Besen auf. Der Konzern tauschte das Top-Management der Tochtergesellschaft aus. Dabei ging es aber nicht um Diovan, dessen Fall bereits länger bekannt ist.
Vielmehr hatten Angestellte bei klinischen Studien mit einer Leukämie-Therapie gemäss einer externen Untersuchung Beweise vernichtet und sich persönliche Daten von Patienten verschafft. Es sei denkbar, dass die vom Unternehmen in Auftrag gegebene Überprüfung auch Probleme bei anderen klinischen Studien enthülle, teilte die Japan-Tochter damals mit.
Das Verhalten der Angestellten verletze die ethischen Standards von Novartis, erklärte Pharmachef Epstein damals. Es sei nötig, die japanische Konzerntochter umzubauen.
Zu ihrem neuen Chef wurde Dirk Kosche ernannt, ein bewährter Novartis-Manager der bisher das Geschäft mit Krebsmedikamenten in den Schwellenländern leitete. Er löste Yoshiyasu Ninomiya ab, der erst im Vorjahr zum Chef der Japan-Tochter ernannt worden war. (viw/sda)