Eigentlich wollten die Republikaner das neue Jahr ruhig angehen lassen. Sie hatten ihr Lieblingsprojekt, die Steuerreform, unter Dach und Fach und hofften, dass nun wenigstens für ein paar Wochen Ruhe im Karton herrschen würde. Michael Wolffs Buch «Fire and Fury» hat ihnen einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht. Der offene Krieg zwischen Donald Trump und seinem ehemaligen Chefstrategen Steve Bannon beherrscht die Schlagzeilen.
Daran wird sich so schnell auch nichts ändern. Wolffs Schilderungen des Innenlebens des Weissen Hauses sind mehr als süffige Boulevardstories im Sinne von: Hey Marta, hast du gewusst, dass Trump nicht lesen kann? Sie zeigt, dass ein tiefer Riss die Grand Old Party (GOP) entzweit. Trump oder Bannon? Das ist jetzt die Gretchenfrage, um die sich kein Republikaner mehr drücken kann.
Bereits entschieden haben sich offenbar die Milliardäre. «Meine Familie und ich haben seit Monaten nicht mehr mit Bannon kommuniziert, und wir haben weder finanzielle Unterstützung für seine politische Agenda geleistet noch unterstützen wir seine jüngsten Aktionen und Aussagen», erklärte Rebekah Mercer in einer Pressemitteilung. Sie ist die Tochter von Robert Mercer, dem wichtigsten Geldgeber von Steve Bannon.
Die Mercers stehen nicht nur hinter der umstrittenen Umfragefirma Cambridge Analytics und dem erfolgreichen Buch- und Filmprojekt «Clinton Cash», sie sind auch die bedeutendsten Geldgeber des umstrittenen Onlineportals «Breitbart». Bereits wird daher darüber spekuliert, ob Steve Bannon bald seinen Stuhl als Vorsitzender räumen muss.
«Sie (die Mercers, Anm. d. Red.) haben zusammen mit anderen Verwaltungsräten von Breitbart News LLC debattiert, ob man Bannon feuern sollte, und nicht wenige haben dies unterstützt», meldet das «Wall Street Journal».
Die Mercers sind nicht die einzigen, die Bannon fallen lassen. «Wenn Trump mit ihm bricht, dann wird sein politisches Kapital dramatisch schrumpfen», sagt Dan. K Eberhart, Ölinvestor und Mäzen der GOP, in der «New York Times». Seine selbstherrlichen Pläne muss der ehemalige Chefstratege zumindest vorläufig begraben. Auch Sheldon G. Adelson, der mysteriöse Kasino-Magnat aus Las Vegas, Rodd Ricketts, Eigentümer der Baseball-Mannschaft Chicago Cubs, und Bernard Marcus, Gründer von Home Depot, zeigen Bannon die kalte Schulter.
Fein raus sind derweil die bekanntesten Sponsoren der GOP, die Koch-Brüder. Sie haben weder mit Bannon noch mit Trump viel am Hut.
Happy über den Ausgang des Streits ist auch Mitch McConnell. Der Anführer der Republikaner im Senat stand in den letzten Monaten unter Dauerbeschuss von Bannon und Breitbart. McConnell wurde von ihnen als Inbegriff eines «Rinos» dargestellt, eines «republican in name only», auf deutsch etwa eines «Papier-Republikaners». McConnell muss weg, forderte nicht nur Breitbart, sondern auch Trumps Sprachrohr auf Fox News, Sean Hannity. Bannon selbst hat mehrfach mit einer Revolution gedroht, die das Establishment der GOP hinwegfegen sollte.
Vielleicht aber haben die Milliardäre auch einen Pyrrhussieg errungen. Steve Bannon steht für alles, was die Basis von Trump begeistert: Er wettert gegen Freihandelsabkommen wie Nafta, will Strafzölle für China, die Truppen aus Afghanistan abziehen und zur Nato auf Distanz gehen. Er ist ein bekennender Nationalist und Held der Alt-Right-Bewegung.
Bannon ist auch ein vehementer Befürworter der Ausweisung der so genannten «Dreamers». Darunter versteht man rund 800'000 junge Menschen – vor allem Mexikaner –, die mit ihren Eltern als Kinder illegal in die USA eingereist sind. Heute sind die meisten von ihnen gut ausgebildete Erwerbstätige und werden von der US-Wirtschaft dringend gebraucht.
Barack Obama hat mit einem Gesetz namens Daca verhindert, dass die Dreamer ausgewiesen werden können. Trump hat dieses Gesetz im Frühherbst aufgehoben, hat aber dem Kongress die Möglichkeit eingeräumt, einen Ersatz zu verabschieden. Das wird von seiner Basis vehement abgelehnt. Die Daca-Frage wird daher für Trump zu einem äusserst heiklen Balanceakt: Weist er die Dreamers aus, stösst er nicht nur die Mehrheit der Amerikaner, sondern auch die Wirtschaft vor den Kopf. Lässt er sie bleiben, läuft seine Basis Amok.
Der offene Streit zwischen Trump und Bannon hat den Kampf zwischen Globalisten und Nationalisten innerhalb der GOP neu und heftig entfacht. Die Globalisten geben sich siegessicher. «Die Trump-Bannon-Scheidung ist einer Erlösung», jubelt etwa das wirtschaftsnahe «Wall Street Journal». «(...) Sollten die Angriffe Bannons auf seinen ehemaligen Chef ihn bedeutungslos machen, dann ist das umso besser.»
Andere sind sich da nicht so sicher. Fox News verhält sich in diesem Fight bisher gut schweizerisch neutral und versucht, ihn als vorübergehenden Streit zweier Männer zu verniedlichen. Und Sean Hannity hat noch kein böses Wort über Bannon verloren.