So etwas wie Football Leaks gab es noch nie. Die Enthüllungsplattform ist zu einer unvorstellbar grossen Datenmenge gekommen und hat sie dem «Spiegel» zugespielt. Das Ganze ist das grösste Datenleck der Sportgeschichte. Erste Geschichten über Ronaldo und Co., die riesige Mengen von Geld undurchsichtig in der halben Welt herumschieben und so Millionen sparen, sorgten bereits für Furore.
Und das war erst der Anfang. Tröpfchenweise sollen mehr brisante Details über das korrupte Fussballgeschäft veröffentlicht werden. Das verspricht das Investigativ-Team vom «Spiegel». Jörg Schmitt gehört zu diesem Team, das sieben Monate lang recherchiert hat. Für watson nimmt er zu den neun wichtigsten Fakten Stellung:
Im ersten Teil Ihrer Serie heissen die Hauptdarsteller Cristiano Ronaldo und José Mourinho, die für ihre Werbemillionen Briefkastenfirmen in der Karibik benutzen, sowie Mesut Özil. Weshalb gerade die drei?
Jörg Schmitt: Als wir diese gigantische Datenmenge von Football Leaks bekommen haben, hatten wir keine Ahnung, was für Nuggets wir da finden würden. Mit Hilfe unseres angeschafften forensischen Suchprogrammes stellte sich dann im Verlaufe der Recherche immer mehr heraus, was die grossen Themen sind. Und was das Steuerthema betrifft, waren
die drei für uns die spannendsten Namen.
Und? Welches sind die ganz grossen Themen?
Neben den Steuerfragen? Sicher die unerhörte Macht der Spieleragenten. Sie sind die Schlüsselfiguren in diesem kranken Spiel, in dem es fast nur noch ums Geld geht. Den Spielervermittlern widmen wir unseren nächsten Teil der Serie, deshalb kann ich noch nicht alles verraten.
Einverstanden. Können Sie uns aber aufzeigen, wie diese Spieleragenten die Fussballer manipulieren? Wissen die Fussballer selber überhaupt, was mit ihrem Geld geschieht?
Das Problem ist, dass die Fussballer völlig abgeschottet leben in einer Parallelwelt. Sie sind umgeben von einem Stab von Beratern, Anwälten, Steuerberatern, Bankern, Ärzten und eben Spielervermittlern. Diese flüstern ihnen ein, was sie zu tun haben – und was nicht. Die Spieler sind umzingelt von einem Blutsauger-Apparat und an diesem Apparat wollen alle kräftig mitverdienen und tun das auch. Dieser Dunstkreis hat die Kontrolle über die Fussballspieler. Fussballer sind eigentlich moderne Sklaven; mit dem Unterschied, dass man mit ihnen kein Mitleid haben muss, weil sie so viel verdienen. Wer wo wie viel mitverdient, das werden wir in den nächsten Wochen genauer aufzeigen.
Was beleuchten Sie nebst den Spielervermittlern?
Schauen Sie. Ein Geschäft wie der Fussball, der in den letzten Jahren in Europa, was das Geld betrifft, derart explodiert ist, zieht immer auch dubiose Zeitgenossen an. Diesem Thema widmen wir eine grosse Geschichte in unserer Serie. Wir zeigen auf, dass der Profifussball heute vielfach eher dem organisierten Verbrechen ähnelt als einem Ideal des Sports. Die Mafia hat im Fussballgeschäft ihre Hände im Spiel.
Das dritte grosse Thema dürfte, wie im ersten Teil der Serie, etwas mit Steuern zu tun haben. Richtig?
Genau. Es geht um Steuern, Steuerverknappung, Offshore-Geschäfte und Bildrechte. Diese Thematiken haben wir in unserem ersten Teil, den wir bereits publiziert haben, behandelt. Ronaldo und Mourinho, so belegen unsere Dokumente, haben alles versucht, um Geld an der Steuer vorbeizuschleusen. Deshalb spielen sie – um auf Ihre Eingangsfrage zurückzukommen – die Hauptrollen. Mourinho etwa trat seine Bildrechte an eine Firma ab, die den alleinigen Zweck erfüllte, ihm Millionen an Steuer zu sparen. Mourinho und Ronaldo haben Briefkastenfirmen in der Karibik, die ihnen offenbar dabei helfen sollten nur Bruchteile ihrer Werbemillionen versteuern zu müssen.
Die Briefkastenfirmen der Stars sind das eine, die Konten, auf welchem ihr Geld schliesslich landet, das andere. Ist es wirklich so, dass ein grosser Teil der Fussball-Millionen in der Schweiz deponiert ist?
Jorge Mendes ist der erfolgreichste Spielerberater der Gegenwart. Er berät eine Heerschar von Stars; unter ihnen Ronaldo und Mourinho. Und alle Mendes-Leute hatten Konten im Umfeld der St.Galler Kantonalbank. Einige zusätzlich bei der Hyposwiss und bei der Mirabaud. Wenn es ums Geld geht, sind wir letztlich immer wieder in der Schweiz. In diesen Kreisen gilt das Schweizer Bankgeheimnis offenbar noch etwas.
Womit wir beim Kern des Problems sind. Sind die Machenschaften der Fussballstars überhaupt illegal? Verändert sich etwas durch die Veröffentlichung Ihrer «Spiegel»-Fakten?
Ich bin zwar Jurist, aber kein Staatsanwalt und kein Richter. Ich kann nicht beurteilen, ob das, was die Fussballer gemacht haben, vor dem spanischen Gesetz legal, illegal oder ein Graubereich ist. Es ist aber auffällig, dass alle Mendes-Leute nach derselben Struktur vorgehen und alles Geld über Offshore-Firmen laufen lassen. Wäre also alles so sauber und so unproblematisch, wäre der Aufwand dafür schlicht zu gross. Das würde man nicht tun, die würden es direkt zahlen. Laut unseren Recherchen prüfen die Steuerbehörden jetzt Steuererklärungen von mehreren Profis von Real Madrid.
Sind die Leute aus dem Mendes-Umfeld nervös?
Dass sie sich nicht mehr so wohl fühlen, zeigen E-Mails, die wir besitzen. Die Jungs sind hochgradig nervös. Sie wollen keinen zweiten Fall Messi. Ihre Geschäfte können also nicht sauber sein. In Deutschland wären viele der Steuertricksereien so sicher nicht gegangen. Ob es in Madrid geht, wo viele Real-Fans Steuerbeamte sind, das kann ich nicht sagen. Fakt ist, Mourinho und Co. haben alle Steuerschlupflöcher genutzt, die es gibt. Juristisch mag das vielleicht in Ordnung sein. Eine Sauerei ist es dennoch. Wenn so ein Typ wie Ronaldo über alles durchgerechnet einen Steuersatz zwischen fünf und sieben Prozent hat, auf der anderen Seite ein Arbeiter bei Seat einen Steuersatz von 35 Prozent, dann stimmt einfach etwas nicht.
Sie haben mit Ronaldo angefangen. Wie geht es weiter?
Das war nur der Anfang, das kann ich versichern. Es kommen noch einige grosse Namen.
Dass wir aber heute immer noch Instrumente haben die es einem Ronaldo ermöglichen seien Steuersatz auf 6-7% seiner Einnahmen "zu drücken" ist der blanke HOHN. Es zeigt aber auch wie krank ein Ronaldo ist und da nützen auch seine Wohltätigkeitsveranstaltungen und Spenden nichts, ja sie stehen nun erst recht in einem schiefen "Werbelicht" da.
Steuern zahlen + Spenden dann könnte man klatschen.