Mitte Mai erschienen über der Schweiz tatsächlich Nordlichter. Grund war ein massiver Sonnensturm, der auf unsere Atmosphäre traf. Nun hat es erneut einen stärkeren Sonnensturm gegeben – und auch dieses Mal könnte die daraus resultierende Aurora Borealis von hier aus sichtbar sein. Das Sonnensturmereignis dauert vom 30. Juli bis zum 1. August.
Damit die Farben über den Himmel flackern, müssen aber einige Bedingungen erfüllt werden. Das Space Weather Prediction Center der National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) in den USA geht davon aus, dass der Sonnensturm die Kategorie G3 («stark») erreicht. Das würde bedeuten, dass es zu leichten Störungen im Strom-, Satelliten- und GPS-Netz kommen kann. Und eben, dass die Nordlichter auch weiter im Süden sichtbar werden.
Das Wichtigste zu diesem Sonnensturm – und was das überhaupt ist, erfährst du hier.
Die schlechte Nachricht vorweg: An den Sonnensturm vom 11. Mai, einer der stärksten bisher gemessenen, kommt das aktuelle Sonnenereignis nicht heran. Das NOAA erwartet einen Sturm der Kategorie G3, das Ereignis im Mai erhielt die Klassifizierung G5 – die höchste von fünf Stufen, wenn es um geomagnetische Effekte geht.
Der Sonnensturm im Mai war sogar noch etwas intensiver, als zuvor gedacht. Wie das Wissensmagazin Scinexx schreibt, seien die Auswirkungen bis tief unter dem Meeresspiegel messbar gewesen. In flachem Wasser, das haben Forschende aus Kanada gemeldet, hat der «Super-Sonnensturm» zu gemessenen Kompasswerten geführt, die um bis zu 30 Grad von der korrekten Richtung abwichen. Und: Sogar in einer Meerestiefe von 2700 Metern haben die Kompassdaten noch deutliche Magnetfeld-Anomalien aufgewiesen. Die Auswirkungen von Sonnenstürmen seien in einer solchen Tiefe noch nie zuvor direkt gemessen worden.
Grossflächige Stromausfälle, wie es sie beim letzten vergleichbaren Ereignis 2003 gab, brachte der Sonnensturm am zweiten Maiwochenende jedoch nicht. Trotzdem: Forschende sind noch immer daran, das gesamte Ausmass des speziellen Ereignisses zu begreifen. Zu diesem Zweck werden zum Beispiel von der NASA Hinweise aus der Bevölkerung gesammelt, die Aufschluss geben könnten. Das Projekt «Aurorasaurus» sammelt und kartografiert etwa Tweets und Berichte über Polarlichter. Jeder verifizierte Bericht bildet dann einen Datenpunkt, den Wissenschaftler untersuchen und möglicherweise in Weltraumwettermodelle einbeziehen können. Eine Mitarbeiterin der NASA sagt dazu:
Das kann aktuell nicht mit Bestimmtheit gesagt werden. Die Partikel des Sonnensturms sind derzeit auf dem Weg zur Erde und treffen zwischen dem 30. Juli und dem 1. August auf unsere Atmosphäre. Dieser Sonnensturm muss die Kategorie G3 aber auch tatsächlich erreichen, damit die Polarlichter auch nur in die Nähe der Schweiz rücken. Das kann noch nicht mit Sicherheit festgestellt werden. Experten rechnen aber aktuell damit, dass die Aurora Borealis bis um den 50. Breitengrad zu sehen sein wird.
Zudem dürfte auch das Wetter eine Rolle spielen: Die Wetterdienste rechnen für die Tage mit viel Bewölkung, was eine Sichtung der Nordlichter weiter erschwert.
Für Nordlicht-Fans gibt es aber auch gute Nachrichten: Grundsätzlich kann festgehalten werden, dass die Chancen für weitere Polarlichter derzeit allgemein sehr gut stehen. Das liegt am Sonnenaktivitätszyklus (auch Sonnenfleckenzyklus oder Sonnenzyklus genannt), der 2025 sein Maximum erreichen wird.
Der Begriff steht für eine ungefähr elf Jahre dauernde Periode, in der sich die Sonnenaktivität ständig verändert. Gemessen wird das an verschiedenen Beobachtungsgrössen, von denen das auffälligste Merkmal die Sonnenflecken sind. Diese sind dunkle Gebiete auf unserem Fixstern, wo es deutlich weniger heiss ist als sonst, wo aber das Magnetfeld besonders stark ist und wo Eruptionen begünstigt werden. Sonnenflecken können eine «Lebenszeit» von einigen Wochen bis hin zu einigen Monaten haben.
In diesem Zyklus, der auch mal mehr oder weniger als 11 Jahre andauern kann, erreicht die Sonnenaktivität abwechselnd ein Minimum (etwa 0 bis 20 Sonnenflecken pro Monat) sowie ein Maximum (bis zu 300 pro Monat).
Das letzte Maximum der Sonnenaktivität war im Jahr 2014. Zurzeit befinden wir uns im 25. Sonnenfleckenzyklus. (Die Zyklen erhielten ab ihrer Entdeckung Mitte des 18. Jahrhunderts eine fortlaufende Nummerierung.) Es wird gemeinhin erwartet, dass das Maximum des laufenden Zyklus etwa im Sommer 2025 stattfinden wird. Mit anderen Worten: Das Ganze hat gerade erst begonnen!
Allerdings: Für Polarlichter auf unseren Breitengraden, wie wir sie gerade erst gesehen haben, muss einiges zusammenkommen: die Richtung der Eruptionen (sie müssen auf die Erde treffen), deren geomagnetische Aktivität, das Wetter bei uns sowie ein Sonnensturm, der idealerweise bei uns während der Nacht ankommt. Eine Sonnenaktivität der Stärke, wie sie Anfang Mai aufgetreten ist, kommt etwa ein bis vier Mal pro Sonnenmaximum vor.
Die Sonne stösst neben Licht und Wärmestrahlungen konstant grosse Mengen an Materie ab. Diese Partikel heizen sich auf der Sonne so stark auf, dass sie die Gravitation überwinden und mit Geschwindigkeiten von 400 bis 800 Kilometer pro Sekunde ins All schiessen. Wissenschaftler sprechen hierbei vom sogenannten Sonnenwind, der dabei resultiert. Dieser besteht in erster Linie aus Protonen und Elektronen – also aus elektrisch geladenen Teilchen.
Wann handelt es sich aber nicht mehr um Wind, sondern um einen Sturm? Der «normale» Sonnenwind, respektive dessen Materie, wird, trifft er auf die Erde, eigentlich konstant durch das Magnetfeld unseres Planeten abgeblockt. Kommt es aber zu besonders starken Eruptionen auf der Sonne – auch Koronale Massenauswürfe (Englisch: «coronal mass ejections», CMEs) genannt – und dadurch zu einer grösseren Ansammlung an elektrisch geladenen Teilchen, kann das Magnetfeld unter Umständen nicht mehr alles abblocken. In diesem Fall gelangen die Teilchen in die obersten Schichten der Erdatmosphäre – und es können sich Polarlichter am Himmel bilden.
Erreicht ein Sonnensturm die Erde (nach etwa ein bis drei Tagen Reise durchs All), trifft seine Materie auf Sauerstoff- und Stickstoffatome in den oberen Schichten unserer Erdatmosphäre. Diese Reaktion löst, vereinfacht gesagt, eine elektrische Entladung aus, bei der unter anderem auch ein Leuchten am Nord- respektive am Südpol entsteht. Dies, weil die eingedrungenen Teilchen in den meisten Fällen zu den Polen wandern.
Ist die Sonne besonders aktiv und kommt es zu starken Sonnenstürmen, beschränken sich die Nordlichter nicht nur auf die Pole und sind um einiges näher am Äquator zu beobachten – wie wir es Mitte Mai erlebt haben.
Verstehe ich das richtig, dass die "Vorwarnzeit" grundsätzlich "nur" die Differenz zwischen der Lichtgeschwindigkeit (welche für die Erfassung der Beobachtungen im Weltraum und danach für die Übermittlung der Messwerte von den Satelliten im All zu den Stationen auf der Erde massgebend ist) und der effektiven Geschwindigkeit der Sonnenwinde ist?
Wieder was gelernt, danke Lara!