Jeden Tag nehmen wir vor allem über die Nahrung Mikroplastik auf, das ist längst bekannt. Im Körper können die winzigen Kunststoffpartikel in Gewebe und Organe eindringen – darunter Herz, Leber, Darm und Gehirn. Doch einer neuen Untersuchung zufolge kann Mikroplastik auch über die Nase eingeatmet und dann weiter zum Gehirn transportiert werden. Das berichten Forscher aus Brasilien.
Für ihre Studie, die im Fachmagazin «JAMA Network» erschienen ist, untersuchten sie das Gehirngewebe von 15 Verstorbenen und stellten bei acht von ihnen fest: In einem Teil des Gehirns, dem sogenannten Riechkolben, liessen sich winzige Plastikteile nachweisen.
Der Mensch besitzt zwei Riechkolben, jeweils einen über jeder Nasenhöhle. In diesen werden Geruchsinformationen verarbeitet. Die Verbindung zwischen dem Riechkolben und der Nasenhöhle ist der Riechnerv. Die Wissenschaftler schlussfolgerten daraus, dass die Nase ein Eintrittspunkt für Mikroplastik sein könnte und dass dieses über den Riechkolben hinaus noch weiter in das Gehirn eindringen könnte.
«Frühere Studien an Menschen und Tieren haben gezeigt, dass Luftverschmutzung das Gehirn erreicht und dass Partikel im Riechkolben gefunden wurden, weshalb wir glauben, dass der Riechkolben wahrscheinlich einer der ersten Punkte ist, über den Mikroplastik ins Gehirn gelangt», so Studienautorin Dr. Thais Mauad, Professorin für Pathologie an der Medizinischen Fakultät der Universität von São Paulo.
Insgesamt fanden die Forscher 16 Kunststofffasern und -partikel mit einer Grösse zwischen 5,5 und 26,4 Mikrometern. Die häufigste Kunststoffart war Polypropylen, gefolgt von Polyamid, Nylon und Polyethylenvinylacetat. «Propylen ist überall, in Möbeln, Teppichen, Kleidung», erklärten die Forscher. «Wir wissen, dass wir den Partikeln am stärksten in Innenräumen ausgesetzt sind, denn unsere Häuser sind voll von Plastik».
Bereits zuvor hatten verschiedene Untersuchungen festgestellt, dass Mikroplastik im Körper offenbar Entzündungs- und Immunreaktionen auslösen sowie zur Entstehung von Krebs beitragen kann. Die Forscher der aktuellen Studie gehen davon aus, dass die Plastikpartikel auch im Gehirn das Risiko von Entzündungen und neurologischen Störungen erhöhen könnten. Um dies zu bestätigen, ist noch weitere Forschung nötig.
Bereits im Mai dieses Jahres veröffentlichte eine Forschergruppe der University of New Mexiko ein Paper, in welchem die Mengen an Mikroplastik im menschlichen Körper untersucht wurden. Dabei entdeckten die Forscher, dass in den untersuchten Gehirnen 10 bis 20 Mal so viel Mikroplastik wie in anderen untersuchten Organen vorhanden war. Die Studie untersuchte 91 Gehirnproben und wurde noch keiner Peer-Review, einer Überprüfung durch andere Akademiker, unterzogen. Die Ergebnisse sind deshalb mit Vorsicht zu geniessen. (t-online/ear)