Die Welt ist kleiner geworden. Scharen von Touristen jetten um den Globus, riesige Mengen von Handelsgütern werden in weit entfernte Gebiete verfrachtet. Mit Menschen und Waren reisen – absichtlich mitgenommen oder unbemerkt – aber auch lebende Tiere, Pflanzen, Pilze und Mikroorganismen in Gebiete mit, die sie ohne die menschliche Transportinfrastruktur nie erreicht hätten.
Andere dringen selber in neue Gebiete vor, auch weil die Klimaerwärmung ihnen ermöglicht, in zuvor ungeeigneten Lebensräumen zu überleben. Diese Lebewesen, die aus ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet in neue Regionen gelangen, werden dort als gebietsfremd bezeichnet.
Die meisten der gebietsfremden Spezies, die zu uns kommen, ordnen sich unauffällig in unsere Ökosysteme ein – ein Beispiel dafür ist die Rosskastanie. Doch dies gilt nicht für alle Arten: Einige können Probleme verursachen, etwa weil sie einheimische Arten unter Druck setzen oder gar verdrängen und so unsere biologische Vielfalt, die Biodiversität, bedrohen.
Sie können zudem Nutzpflanzen schädigen, Infrastrukturen beschädigen oder sonst wie wirtschaftlichen Schaden anrichten. Und manche von ihnen gefährden auch die Gesundheit von Menschen. Solche Spezies gelten als invasive gebietsfremde Arten.
Der Fachbegriff für gebietsfremde Arten lautet Neobiota (von altgriechisch νέος = «neu» und βίος = «Leben»). Man unterteilt sie in Neophyten (Pflanzen), Neozoen (Tiere) und Neomyceten (Pilze). Bereits in der Jungsteinzeit gelangten mit dem Beginn des Ackerbaus neue Arten in unsere Region und etablierten sich in der freien Natur; sie werden jedoch nicht als Neobiota betrachtet.
Die Abgrenzung zu den einheimischen Spezies wird zeitlich auf das Jahr 1492 festgelegt, als die Alte und die Neue Welt mit der Entdeckung Amerikas und dem damit einsetzenden transkontinentalen Handel zu einer Einheit wurden.
Das Bundesamt für Umwelt (BAFU) listet im Bericht «Gebietsfremde Arten in der Schweiz» mehr als 1300 etablierte gebietsfremde Arten auf (430 Tiere, 730 Pflanzen, 145 Pilze). 197 von ihnen, rund 15 Prozent, gelten als invasiv: 85 Tiere, 89 Pflanzen und 23 Pilze. Die Anzahl der gebietsfremden Arten in der Schweiz ist in den letzten zweihundert Jahren rasant gewachsen. Auch der Anteil der invasiven Arten darunter hat stetig zugenommen:
Wir beschränken uns hier auf die Tierarten; Pflanzen, Pilze und Mikroorganismen bleiben ausser Betrachtung. Zu den invasiven Neozoen gehört beispielsweise der Japankäfer, vor dem jüngst das Bundesamt für Landwirtschaft warnte.
Ein bekanntes Beispiel für invasive Tierspezies sind etwa amerikanische Krebsarten. Drei von ihnen wurden in Europa ausgesetzt. Das Problem dabei: Die Neozoen aus Amerika schleppten die Krebspest ein. Da sie selber grösstenteils immun gegen diesen Pilz sind, während die einheimischen Krebse daran eingehen, können sie sich stark auf deren Kosten vermehren.
Die amerikanischen Krebse bedrohen die hiesige Biodiversität, gefährden aber nicht die menschliche Gesundheit. Anders sieht es diesbezüglich etwa mit der Asiatischen Tigermücke aus. Dieses blutsaugende Insekt, das ursprünglich aus Südostasien stammt, gelangte vermutlich in Form von Eiern und Larven, die sich in mit Regenwasser gefüllten alten Pneus befanden, nach Europa.
Die Asiatische Tigermücke kann nachweislich zahlreiche tropische Infektionskrankheiten übertragen, darunter das Chikungunya- und Dengue-Fieber sowie Zika-Viruserkrankungen. Bisher ist in der Schweiz aber noch keine solche Übertragung registriert worden.
Hier die 55 invasiven Neozoen aus der Artenliste des BAFU, die nachweislich Schäden in der Umwelt verursachen: