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Waldrapp Knubbel nach Rekordflug nach Spanien illegal abgeschossen

Waldrapp Knubbel begeistert Forschende – und wird dann illegal abgeschossen

Was Jäger im 17. Jahrhundert angerichtet haben, versuchen Wissenschaftler aktuell wieder gut zu machen. Jetzt staunten sie zunächst – und trauerten dann.
14.01.2024, 13:00
Matti Hartmann / t-online
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t-online

Wissenschaftler eines speziellen Artenschutzprogramms trauern um einen besonderen Jungvogel. Wie die Experten im Internet mitteilten, hat ein junger Waldrapp zunächst Grosses vollbracht, dann wurde er erschossen.

Getöteter Waldrapp Knubbel
Das tote Waldrapp-Weibchen: Kurz zuvor hatte der Vogel namens Knubbel einen beachtlichen Rekord aufgestellt.Bild: waldrapp.eu

Bei dem «Life»-Projekt arbeiten zehn Partner aus vier Ländern zusammen, um in Europa wieder Waldrappe anzusiedeln. Der Vogel war im 17. Jahrhundert infolge exzessiver Bejagung aus Mitteleuropa verschwunden. Jetzt gibt es wieder Populationen, auch am Bodensee brüten wieder Waldrapp-Paare.

Waldrapp Knubbel verlor im Dezember Kontakt zu Artgenossen

Im vergangenen Sommer schlüpfte dort ein Waldrapp-Weibchen, das die Wissenschaftler aus der Schweiz, Deutschland, Österreich und Italien Knubbel nannten. Die Forscher statteten den Jungvogel mit einem GPS-Sender aus und konnten so seinen Weg während der Herbstmigration verfolgen.

Waldrapp Knubbel
Waldrapp Knubbel: Ein Foto des Vogels, als er noch lebte.Bild: waldrapp.eu

Im Winter verlor Knubbel in Norditalien den Kontakt zu seinen Artgenossen. So etwas kann schon einmal vorkommen: Wie die Forscher schreiben, nehmen unbegleitete junge Waldrappe dann meist einen Südwest-Kurs und fliegen so lange, bis sie irgendwann Andalusien erreichen und wieder Anschluss finden.

Der Rekordflug: 760 Kilometer nonstop übers Mittelmeer

Im Fall Knubbel hatten die Wissenschaftler grosse Hoffnung, denn der Vogel schaffte Beachtliches. «Seine unglaubliche Leistung hat diesen Vogel zu einer Persönlichkeit gemacht», heisst es auf der Waldrapp-Projektseite. Knubbel verliess am 15. Dezember zunächst zwischen Genua und La Spezia das italienische Festland, machte abends nach 470 Kilometern Flug auf Korsika Rast.

Am nächsten Tag, dem Rekordtag, ging es um 9 Uhr morgens los. Knubbel flog 760 Kilometer nonstop über das Mittelmeer, nördlich an Menorca und Mallorca vorbei, immer weiter, bis endlich, lange nach Sonnenuntergang, eine Ölplattform knapp vor der Festlandküste Spaniens auftauchte. «Es ist die längste Tages-Flugdistanz, die jemals bei einem Waldrapp dokumentiert wurde», zeigten sich die Wissenschaftler fasziniert. Doch: «Leider nimmt dieser Rekordflug von Knubbel ein trauriges Ende.»

Knubbels Route: Insgesamt hat Knubbel in drei Flugetappen eine Strecke von 1.320 Kilometer zurückgelegt, bei einer mittleren Fluggeschwindigkeit von 57 km/h.
Knubbels Route: Insgesamt hat Knubbel in drei Flugetappen eine Strecke von 1.320 Kilometer zurückgelegt, bei einer mittleren Fluggeschwindigkeit von 57 km/h.Bild: waldrapp.eu

Vogelexperten wollen den Fall anzeigen

Nachdem sich der Vogel in den folgenden Tagen in der Region um den spanischen Ort Calanda in der Region Aragón aufgehalten hatte, wiesen die GPS-Daten laut den Forschern dann plötzlich zunächst auf eine Verletzung und schliesslich auf seinen Tod hin.

Regionale Naturschutzbeamte hätten Knubbel schliesslich geortet und gefunden. «Eine forensische Untersuchung stellte den Tod durch Abschuss fest», heisst es im Text weiter. «Knubbel ist der erste illegal abgeschossene Waldrapp aus unserer Population in Spanien. Leider zeigt der Fall in tragischer Weise, dass die illegale Vogeljagd nicht nur in Italien eine grosse Bedrohung für die Artenvielfalt darstellt.»

Man werde den Fall von Wilderei auf jeden Fall zur Anzeige bringen. «Wir hoffen auf Ermittlungen durch die spanische Justiz und Unterstützung durch die spanischen Jagdverbände.»

Verwendete Quellen:

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Die Welt aus Sicht eines Vogels
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Zhangjiajie National Forest Park, China.

Bild: Airpano.com
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18 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Magnum
14.01.2024 13:21registriert Februar 2015
Einmal mehr habe ich mich Raubtieren wie Wolf, Luchs und Bär weniger Mühe als mit dummen Menschen mit Jagdgewehren.
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Humanity
14.01.2024 14:12registriert April 2022
Das ist so traurig zu sehen wie unsere Vogelpopulationen weiter und weiter abnehmen. Ich fotografier sehr viel Wildlife und merk immer mehr das es schwieriger wird wie noch vor Jahren Motive zu finden. Solche Nachrichten zu hören machen einen wirklich wütend, für nichts wurde dieser Vogel geschossen
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Flintstone
14.01.2024 14:46registriert Juli 2021
Der arme Vogel hatte gleich zwei Handicaps:
Bedrohte Art und Migrant, der übers Mittelmeer einreist. Keine Chance in der heutigen Zeit.
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