
Sag das doch deinen Freunden!
13 Minuten sind in der Partie zwischen Liverpool und Sunderland am vergangenen Samstag noch zu spielen. Die «Reds »führen souverän mit 2:0. Alles bestens also? Von wegen: In der 77. Minute verlassen rund 10'000 der über 44'000 anwesenden Fans die Arena. «You greedy bastards, enough is enough» skandieren die wütenden Supporter beim Verlassen. Ohne ihre Anhänger kassieren die «Reds» noch zwei Tore und das Spiel endet unentschieden.
Der Grund für die Aktion ist die Erhöhung der Ticketpreise um rund 30 Prozent. Die teuersten Tickets für die renovierte Haupttribüne an der Anfield Road sollen ab der kommenden Spielzeit erst für 77 Pounds zu haben sein. Dies entspricht fast 109 Franken. In dieser Saison kosteten die teuersten Karten noch 59 Pounds (rund 83 Franken).
Für die kommenden Heimspiele gegen Manchester City und Chelsea sind weitere Aktionen geplant, es sei denn die Klubbesitzer sollten einlenken. Die Fenway Sports Group, welcher der FC Liverpool gehört, hat laut englischen Medien bereits eine Dringlichkeitssitzung abgehalten. Und Trainer Jürgen Klopp meinte: «Der Klub muss eine Lösung für das Problem finden. Wir wollen Fans die bis zum Ende des Spiels im Stadion bleiben.»
Die Preiserhöhung ist umso absurder, da die Tickets für Premier-League-Spiele im europäischen Vergleich sowieso schon extrem hoch sind. Die billigsten Tickets der englischen Erstliga-Vereine kosten im Durchschnitt fast 44 Franken. Ein Heimspiel der Bayern zum Beispiel kann man sich bereits ab rund 15.5 Franken ansehen. Auch in der Schweizer Super League erhält man die billigsten Tickets durchschnittlich bereits ab 23.58 Franken.
Noch viel beeindruckender sind diese Zahlen, wenn man bedenkt, dass die Premier-League-Vereine mit Abstand am meisten Fernsehgelder erhalten. Im Sommer werden sie sogar noch einmal erhöht. In der nächsten Saison erhält jeder Klub mindestens 100 Millionen Pfund. Der Erstplatzierte darf sich sogar über 150 Millionen freuen. In der letzten Saison musste sich Meister Chelsea mit knapp 105 Millionen Pfund zufriedengeben. An den Tabellenletzten, die Queens Park Rangers, wurden sogar «nur» 67.7 Millionen ausbezahlt.
Die Klubs können also immer grössere Einnahmen generieren und trotzdem verlangen sie von ihren Fans in jedem Jahr noch mehr Geld für den Zugang zum Stadion. Längst sind die Vereine nicht mehr auf diese Gelder angewiesen, um Transfers zu tätigen oder Löhne zu bezahlen. Sponsoren und eben Fernsehgelder reichen vollkommen aus. Oder dann steht hinter den meisten Premier-League-Vereinen ein finanzkräftiger Mäzen. Die Klubs erhöhen die Preise nur immer weiter, weil es immer noch Fans gibt, die sie kaufen.
Wie lange das noch gut gehen kann ist fraglich, denn ohne Fans fehlt den Vereinen die Basis. Selbst aus dem Lager der Klubs gibt es bereits Gegenstimmen. West Ham zum Beispiel hätte seine Saisonkarten auch teurer verkaufen können. «Es wird uns ungefähr fünf Millionen Pfund kosten,» wird Mitbesitzer David Sullivan in der Daily Mail zitiert, «glaubt mir, das wird nicht den Unterschied ausmachen, ob wir Cristiano Ronaldo verpflichten oder nicht. Ticketeinnahmen sind nicht mehr so wichtig, wie sie einst waren.»
Der Vorsitzende der Premier League, Richard Scudamore, vertritt hingegen einen ganz anderen Standpunkt: «Uns gibt es nicht aus wohltätigen Zwecken, sondern um die beste Fussball-Liga der Welt zu sein.» Dieser Konflikt könnte also noch eine ganze Weile weiterbestehen. Die Frage ist: Wie lange lassen sich die Fans auf der Nase herumtanzen. Oder ist irgendwann «enough wirklich enough»?