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Gegen diese 13 britischen Sorten kann Schweizer Käse nicht anstinken

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Gegen diese 13 britischen Sorten kann Schweizer Käse nicht anstinken

01.10.2014, 17:5827.05.2015, 16:54
Oliver Baroni
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Kenner wissen es längst: In Grossbritannien gibt es grossartigen Käse. Erstaunlich ist dies mitnichten, denn auf der Insel gibt es viel gutes Gras, Ziegen, Schafe, Kühe im Überfluss – und nicht zuletzt Menschen, die das Käsen aus Leidenschaft betreiben. 

Letzteres so sehr, dass Britannien inzwischen nachweislich um die 1500 Käsesorten vorweisen kann. Das sind einige mehr als in Frankreich. Und mehr als in der Schweiz.

Unter den Sorten von der Insel hat es etliche, schlicht umwerfende Spezialitäten. Höchste Zeit also, der Käsenation Schweiz ein paar Konkurrenzprodukte näher zu bringen:

1. Cropwell Bishop Traditional Stilton

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Bild: watson/mtk

The King of Cheeses! Mittlerweile hat jedes Edelrestaurant, das etwas auf sich hält, einen anständigen Stilton im Dessert-Käse-Angebot. Einer der Besten, der «Traditional» von Cropwell Bishop, wird nach alter Methode mit tierischem Lab hergestellt.

2. Stinking Bishop

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Bild: watson/mtk

Ein Vacherin-ähnlicher Weichkäse der bei der Schweizer Kundschaft ebenso beliebt ist wie beim Promi-Biobauern Prince Charles, dessen Landsitz sich unweit der Käserei befindet. Die Käselaibe werden in Birnen-Cider gewaschen, was erheblich zum bemerkenswerten Geruch beiträgt. 

3. Barkham Blue

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Bild: watson/mtk

Gestatten, der Supreme Champion des 2007er British Cheese Festival in Cardiff. Dort setzte er sich gegen 700 Konkurrenten durch ... Aber das ist eigentlich nicht so wichtig. Relevant ist, dass dieser Käse aus deftiger Jersey-Milch hergestellt wird, weshalb der Blauschimmelkäse unglaublich sahnig und reichhaltig daherkommt.

4. Godminster Vintage Cheddar 

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Bild: watson/mtk

Mit Cheddar verhält es sich ähnlich wie beim Emmentaler: Es gibt ihn überall auf der Welt, aber er ist selten wirklich gut. Beim Godminster Bio-Käse ist das anders: Der ist vortrefflich. Dazu etwas Chutney und ein Glas Bier – Lebensfreude pur!

5. Ragstone

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Bild: British Cheese Centre

Dieser Ziegenkäse aus der Edelmanufaktur Neal's Yard Dairy im westenglischen Herefordshire beschert dem Geniesser ein geradezu psychedelisches Gaumenerlebnis – so vielfältig sind die Geschmacksnoten. Die Milch stammt aus einer einzigen, kleinen Ziegenherde, und die Herstellung erfolgt mit dem traditionellen Zickleinlab. Das hat auch seinen Preis: Sage und schreibe 25 Franken bezahlt man für einen 250-Gramm-Laib. Ja, das sind 100 Franken pro Kilo! Man sagt aber, die Erinnerung an den traumhaften Geschmack sei anhaltender als die Erinnerung an die Kosten.

6. Gorwydd Caerphilly

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Bild: watson/mtk

Der Nationalkäse von Wales und die einzige Rohmilch-Version, die heute noch hergestellt wird. Am besten schmeckt er, wenn er zwischen drei und vier Monaten alt ist und das trockene, frische, leicht nach Zitrone schmeckende Innere an der Rinde etwas weich und sämig wird. Eignet sich übrigens auch prima für Raclette.

7. Tunworth

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Bild: watson/mtk

2007 gewann der Barkham Blue (siehe oben), 2013 war es dieser Tunworth, der sich am British Cheese Festival in Cardiff gegen 900 Konkurrenten durchsetzte. Ein Rohmilch-Weichkäse, dessen Geschmack, obwohl einzigartig, am ehesten zwischen französischem Brie und Camembert einzuordnen wäre.

8. Shropshire Blue

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Bild: watson/mtk

Ein Artverwandter des Stilton: Dieser Käse wurde ursprünglich in Schottland hergestellt, wo man ihn Caledonian Blue nannte. Als eine der grösseren Stilton-Käsereien die Rezeptur kaufte, musste laut Vertrag ein nicht-schottischer Name her: Shropshire, weil ... Nun, niemand weiss das genau. Vielleicht, weil es in Shropshire bis dato keine berühmte Käsesorten gab. Was sicher ist: Dieser Käse ist unglaublich und der Favorit des Autors dieser Zeilen.

9. Waterloo

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Bild: watson/mtk

Ein herrlicher Weichkäse aus Rohmilch von Guernsey-Kühen (die ähnlich wie Jersey Kühe, Milch mit hohem Fettanteil produzieren). Er wird auf dem Landgut des Duke of Wellington hergestellt. Wellington? Der Feldherr, der Napoleon besiegte? Ach, deshalb der Name!

10. Stichelton

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Bild: watson/mtk

Hergestellt am Rand des Sherwood Forest (wo Robin Hood sein Versteck hatte) und zwar von einem Amerikaner: Der New Yorker Exzentriker Joe Schneider wollte einen Rohmilch-Stilton herstellen, bekam aber die Erlaubnis der Stilton-Hersteller nicht. Analog wie beim Schweizer Vacherin Mont d'Or schreibt die Stilton-Rezeptur vor, pasteurisierte Milch zu benutzen. Schneider scherte sich aber keinen Deut darum und setzte seinen Plan um – und benannte seinen Blauschimmel-Käse nach der altenglischen Ortsbezeichnung Stiltons: Stichelton. Eine nette Geschichte. Und ein noch netterer Käse!

11. Isle of Mull

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Bild: watson/mtk

Ein Cheddar-ähnlicher Rohmilch-Hartkäse, der auf der schottischen Insel gleichen Namens hergestellt wird. Die Kühe, welche die Milch für dieses Produkt liefern, werden mit der Gersten-Schlempe der nahegelegenen Tobermory-Whisky-Distillerie gefüttert. Merkt man das dem Geschmack des Käses an? Vielleicht. Gut ist er, hin oder her!

12. Tymsboro Goat Cheese

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Bild: watson/mtk

Ein Rohmilch-Ziegenkäse mit Ascherinde aus Somerset, von Käse-Fundi Mary Holbrook – mit viel Aufwand und Liebe von Hand hergestellt. Im Geschmack leicht und lecker!

13. Thomas Hoe Red Leicester 

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Bild: watson/mtk

Der ursprüngliche englische Orange Cheese: Vor 400 Jahren sah Leicester-Käse ähnlich aus wie Cheddar, worauf die Käser beschlossen, Farbe beizufügen, um ihn für die Kundschaft unterscheidbar zu machen. Anfänglich nahm man dazu Randensaft, welche dem Käse eine tiefrote Farbe – und den Namen – gab. Der vier Jahrhunderte alte Marketingtrick funktioniert bis heute: Sofort ist der Red Leicester in einer grösseren Auslage erkennbar. Der Geschmack unterscheidet sich inzwischen aber erheblich vom Cheddar: mild, fast süsslich und mit einer Nussnote.

Hintergründe zu britischem Käse – damit du beim Smalltalk glänzen kannst:
Vor dem Zweiten Weltkrieg gab es noch über 1500 unabhängige Käseproduzenten auf den britischen Inseln, welche ein breites Sortiment an lokalen Käsespezialitäten boten. Nach 1939 verschwand diese grosse Vielfalt, da das gesamte Milchkontingent der Nation an die grossen Produzenten geliefert werden musste, um für die Bevölkerung Kondensmilch und Ähnliches herzustellen. 
Nach dem Krieg wiederum war bei den meisten Bürgern kein Geld vorhanden, um Luxusartikel wie Käsespezialitäten zu kaufen. Erst in den Fünfzigerjahren lancierten die Behörden eine Initiative zur Gründung kleinerer Käsereien. Damit begann ein langsamer Prozess der Wiederbelebung der britischen Käsetradition, die vor allem in den letzten zehn Jahren stark an Schwung gewonnen hat. Mehr und mehr kleine Spezialbetriebe wurden gegründet und langsam erholt sich quasi der Bestand.
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Die Fotos dieses Artikels wurden allesamt von watson-Mitarbeiter Miguel Tupak Kratzer im British Cheese Centre in Zürich aufgenommen. Dort kann man auch sämtliche hier vorgestellte Käsesorten beziehen. Der Autor dieses Artikels Oliver Baroni ist als Käseliebhaber ab und an Kunde des British Cheese Centre, kennt aber Betreiber Michael Fontana-Jones nicht persönlich. 

Britischer Käse ist in der Schweiz ausserdem noch im Jelmoli Gourmet Factory, Zürich, im Rappi Bier Factory, Rapperswil, bei Ospelt in Schaan (FL), bei A Slice of Home, Thun, in der Markthalle Trivisiano, Winterthur und bei Glausi's, Basel, erhältlich.

Die Preise sind in der Regel stolz – um die 40 bis 60 Franken pro Kilo muss man rechnen, was mitunter gerne mal das Doppelte des Supermarkt-Preises eines Schweizer Käses beträgt! Allerdings hinkt der Vergleich, denn Schweizer Käse bezahlen wir gewissermassen doppelt, da einheimische Käsereien mit Steuergelder subventioniert werden. In Grossbritannien gibt es sowas nicht. An die 81 Franken pro Kilo für die Coop Fine Food Hobelrollen aus Etivaz in der Romandie kommt allerdings einzig der extrem seltene Ragstone (siehe oben) an.

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