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Warum die Träume von Sepp Blatters Abwahl illusorisch sind – eine Auslegeordnung

Die Gesichter sagen alles: Prinz Ali bin al-Hussein, Michel Platini und Sepp Blatter am Freitag im Hallenstadion.
Die Gesichter sagen alles: Prinz Ali bin al-Hussein, Michel Platini und Sepp Blatter am Freitag im Hallenstadion.Bild: KEYSTONE

Warum die Träume von Sepp Blatters Abwahl illusorisch sind – eine Auslegeordnung

29.05.2015, 11:0029.05.2015, 11:06
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Die Gegner des angeschlagenen FIFA-Präsidenten Sepp Blatter wittern offenbar Morgenluft. Sie scheinen ernsthaft daran zu glauben, seine Wiederwahl für eine fünfte Amtszeit verhindern zu können. Sein einziger Gegenkandidat, der jordanische Prinz Ali bin al-Hussein, rechnet laut Medienberichten mit 60 Stimmen von ausserhalb Europas.

Weil die grosse Mehrheit der 53 europäischen Delegierten gegen Blatter votieren wird, könnte Prinz Ali auf die nötige einfache Mehrheit von 105 Stimmen kommen, die ihm in einem zweiten Wahlgang zum Sieg verhilft. 

So weit die schöne Theorie. Die Realität spricht eine andere Sprache, wie eine Analyse der Stimmverhältnisse zeigt, aufgeschlüsselt nach den sechs Kontinentalverbänden:

Einst Rivalen, jetzt wieder Verbündete: CAF-Präsident Issa Hayatou und Sepp Blatter.
Einst Rivalen, jetzt wieder Verbündete: CAF-Präsident Issa Hayatou und Sepp Blatter.Bild: EPA/BACKPAGE

CAF: 54 Stimmen. Der afrikanische Verband ist der grösste und seit Jahren der treuste Wahlhelfer von Sepp Blatter. Selbst als CAF-Präsident Issa Hayatou 2002 gegen Blatter kandidierte, erhielt er kaum Stimmen von seinem Kontinent. Manuel Lopes Nascimento, der Delegierte von Guinea-Bissau, brachte es gestern in der Sendung 10vor10 auf den Punkt: «Wir Afrikaner sind keine Verräter. Wenn jemand uns Gutes tut, anerkennen wird das.» Es wäre eine Überraschung, wenn Prinz Ali auch nur eine Stimme aus Afrika erhielte.

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UEFA: 53 Stimmen. Die Europäer sind der mit Abstand mächtigste Verband im Weltfussball, doch am FIFA-Kongress hat Deutschland, die weltgrösste Fussballnation, nicht mehr Gewicht als kleine Inselstaaten in der Karibik oder im Pazifik. Und Europa agiert nicht geschlossen. UEFA-Präsident Michel Platini rechnete am Donnerstag damit, dass «mindestens 45 oder 46» der 53 Delegierten für den Jordanier votieren werden. Auf Blatters Seite stehen Russland und seine Verbündeten.

Scheich Ahmad al-Fahad al-Sabah, ein mächtiger Strippenzieher.
Scheich Ahmad al-Fahad al-Sabah, ein mächtiger Strippenzieher.Bild: ROB DAWSON/REUTERS

AFC: 46 Stimmen. Die Asiaten müssten eigentlich für Prinz Ali stimmen. Dabei kann er nicht einmal auf die Araber bauen. Deren wichtigster Strippenzieher ist Scheich Ahmad al-Fahad al-Sabah aus Kuwait, ein wenig bekannter, aber sehr mächtiger Mann. Wäre er zum jordanischen Prinzen umgeschwenkt, wäre es für Blatter eng geworden, schreibt der FIFA-Kenner und -Kritiker Jens Weinreich auf Spiegel Online. Doch Scheich Ahmad spekuliert selber auf die Nachfolge des Wallisers. «Warum also sollte er diese Optionen gefährden, indem er einen jordanischen Prinzen auf den FIFA-Thron hebt?» so Weinreich.

CONCACAF: 35 Stimmen. Die Delegierten aus Nord- und Mittelamerika und der Karibik stimmten stets treu für Sepp Blatter. Dafür sorgte der ehemalige CONCACAF-Präsident Jack Warner. Nun hat die US-Justiz gegen ihn einen Haftbefehl erlassen. Der aktuelle Präsident Jeffrey Webb sitzt in der Schweiz in Auslieferungshaft. Einige CONCACAF-Delegierte sind sauer, sie werden Blatter ihre Gunst entziehen. Die USA und Kanada haben dies offiziell angekündigt. Viele kleinere Länder aber werden dem FIFA-Chef treu bleiben.

OFC: 11 Stimmen. Ozeanien hat das geringste Gewicht aller Kontinente, erst recht seit sich Australien den Asiaten angeschlossen hat. Immerhin sind elf Stimmen zu holen. Neuseeland will die seinige offenbar Prinz Ali geben, die meisten aber werden Blatter wählen.

CSF: 10 Stimmen. Südamerika ist hinter Europa die weltgrösste Fussballmacht, in Sachen Delegierte aber die kleinste. Was einiges aussagt über die verzerrten Verhältnisse am FIFA-Kongress. Die Verhaftung des FIFA-Vize Eugenio Figueredo aus Uruguay sowie des Brasilianers José Maria Marin hat einige Unruhe ausgelöst. Dennoch dürfte eine Mehrheit für Blatter votieren.

Unter dem Strich spricht alles für die Wiederwahl des Amtsinhabers. FIFA-Kritiker Jens Weinreich hat bereits resiginiert: «So wird also Blatter weiter mehr schlecht als recht amtieren und das von ihm aufgebaute FIFA-System verwalten.» Ausser es geschieht in letzter Minute noch eine Sensation.

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Jeffrey Webb.
quelle: epa/mti / epa files / szilard koszticsak
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