1863 wird die FA gegründet, der englische Fussballverband. Die Football Association lancierte mit dem Cup den ersten offiziellen Wettkampf, sie rief schon 1888 eine Meisterschaft ins Leben und vor allem legten die Engländer zu dieser Zeit die Regeln fest, welche zu einem grossen Teil noch heute gelten.
England ist also mit Sicherheit die Wiege des modernen Fussballs – aber auch des Fussballsports generell? Nicht, wenn es nach der FIFA geht. Sepp Blatter, der Präsident des Weltfussballverbands, verkündet nämlich am 15. Juli 2004 bei einem Besuch in China: Hier sei sie, die Wiege des Fussballs. Die FIFA legte sich genau fest, wo ihr Sport seine Wurzeln hat. In Linzi, einem Quartier der Stadt Zibo in der Provinz Shandong.
Blatter stützt sich auf die Erkenntnisse von Historikern, welche Hinweise auf ein Spiel namens «Cuju» gefunden haben. Schon im dritten Jahrhundert vor Christus sei es von Soldaten gespielt worden, mit einem Ball aus zusammengenähten Lederstücken, der mit Federn und Tierhaaren ausgestopft wurde. Schon damals sollen zwei Teams gegeneinander gekämpft und auf Tore geschossen haben.
Dafür, dass man sich offiziell Mutterland des Fussballs nennen darf, sind die Chinesen aber nur mässig erfolgreich. 2002 gelang die einzige Qualifikation für eine WM. Das Turnier endete mit drei Niederlagen in ebenso vielen Spielen und mit einem Torverhältnis von 0:9. Erfolgreicher sind die chinesischen Frauen. Sie wurden 1999 Vize-Weltmeisterinnen und konnten schon acht Mal die Asien-Meisterschaft gewinnen.
Doch künftig will das Reich der Mitte nicht bloss an der WM dabei sein, sondern um den Titel spielen. Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping ist ein grosser Fussballfan, er verkündete: China soll sich für Weltmeisterschaften qualifizieren, soll eine WM austragen und soll schliesslich auch eine WM gewinnen.
Seither wird alles daran gesetzt, dass der chinesische Fussball bald zu einem Höhenflug ansetzen kann. Überall im Land wurden Fussballschulen gegründet und die chinesische Super League lockt mit irrwitzigen Gehältern viele Spieler aus Europas Top-Ligen zu sich.
Ob sich das enorme Engagement eines Tages auszahlt, ist schwierig abzuschätzen. Es erscheint nur logisch, dass ein Land mit 1,3 Milliarden Einwohnern elf gute Fussballer «produzieren» kann, wenn es viele Ressourcen in die Ausbildung steckt. Andererseits zeigt sich immer wieder, dass in einer Masse nicht zwingend Klasse vorhanden sein muss. So etwa an der bisher letzten EM: Während Russland sang- und klanglos ausschied, sorgten die Kleinstaaten Island (334'000 Einwohner) und Wales (3,1 Millionen) für Furore.