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Post-Verwaltungsrat leistete Postauto-Tricks anscheinend Vorschub

Post-Verwaltungsrat leistete Postauto-Tricks anscheinend Vorschub

20.02.2020, 13:40
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Bild: KEYSTONE

Ein vom «Blick» veröffentlichtes Protokoll aus dem Jahr 2013 deutet an, dass der Post-Verwaltungsrat den Tricksereien bei der Postauto AG anscheinend Vorschub leistete. Die Post macht geltend, dass die krummen Touren schon lange vorher begonnen hatten.

«Es kommt die Frage auf, ob bei 'Gewinnverbot' im öffentlichen Verkehr die Gewinne nicht einfach verschoben werden können. Hier untersucht PA (gemeint ist die Postauto AG) gemeinsam mit F (Finanzabteilung), wie die möglich wäre, das sei jedoch nicht einfach umsetzbar», heisst es einem Ausriss aus dem Verwaltungsratsprotokoll vom 26. Juni 2013, den der «Blick» am Donnerstag abdruckte.

Für die Zeitung ist damit klar, dass der Post-Verwaltungsrat ab 2013 wusste, wie heikel die Buchungstricks sind und sich deshalb im Protokoll derart verklausuliert ausdrückte. Das Gremium stand damals unter der Leitung von Peter Hasler.

ZUR GESETZESWIDRIGEN GEWINN KLEINSCHREIBUNG DER POSTAUTO SCHWEIZ AG UND DEM UMGEHENDEN RUECKTRITT VON DANIEL LANDOLF, LEITER POSTAUTO AG, STELLEN WIR IHNEN HEUTE, 6. FEBRUAR 2018, FOLGENDES BILDMATERI ...
Bild: KEYSTONE

Post-Sprecherin Léa Wertheimer sagte auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA, das Verwaltungsratsprotokoll vom Juni 2013 sei seit längerem bekannt und im Bericht der externen Untersuchung durch die Anwaltskanzlei Kellerhals Carrard erwähnt.

Die Post könne sich zu ihrem Aufsichtsgremium nicht äussern, erklärte sie weiter. Das sei Sache des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) seitens der Eigner.

Tricksereien seit den 1990er Jahren

Die Untersuchung von Kellerhals Carrard geht aus Gründen der Verjährung nur bis ins Jahr 2007 zurück. Die externen Experten hatten jedoch angegeben, dass die Buchungsmanipulationen schon in den 1990-er-Jahren begonnen haben könnten. Das geht aus einem Mitte November 2019 veröffentlichten Bericht der Geschäftsprüfungskommission hervor. Eine interne Untersuchung der Post konnte unrechtmässige Buchungen nur bis 2004 zurückverfolgen.

Das Bundesamt für Polizei (Fedpol) führt wegen der Bilanzmauscheleien gegen sechs Ex-Kader der Post Verwaltungsstrafverfahren. Es sind: Der ehemaligen Postauto-Chef Daniel Landolf und sein Finanzchef, der frühere Post-Finanzchef Pascal Koradi, der Postauto-Teilmarktleiter West und spätere Präsident von Carpostal France André Burri sowie zwei weitere Postauto-Marktleiter.

Sie stehen im Verdacht, in den Subventionsbetrug verwickelt zu sein. Postauto darf gemäss Subventionsgesetz im subventionierten Bereich des Personenverkehrs keine Gewinne erzielen. Die Beschuldigten riskieren Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren und Bussen von bis zu 30'000 Franken. Für sie gilt die Unschuldsvermutung.

Ein zivilrechtliches Vorgehen gegen Landolf oder Koradi will die Post prüfen, wie Wertheimer weiter mitteilte. Das laufende strafrechtliche Verfahren des Fedpol geht aber vor, so dass die Post ihre eigenen Abklärungen nicht weitertreiben kann und auf die Resultate des Fedpol wartet.

Post zog Konsequenzen

Die Post hat die Konsequenzen aus den Bilanztricksereien ihrer Personentransporttochter gezogen. Sie trennte sich von allen Geschäftsleitungsmitgliedern der Postauto AG. Der Bereich wurde neu organisiert. Das Transferpreiskonzept «Impresa» wurde abgeschafft. Für Postauto gibt es keine Gewinnvorgaben mehr wie für andere Konzernteile der Post.

Alle Mitglieder des Verwaltungsrats von Postauto traten im Gefolge der Affäre von ihren Posten zurück. Post-Chefin Susanne Ruoff demissionierte am 10. Juni 2018. Sie übernehme die Gesamtverantwortung, sagte sie damals.

Die Postauto AG hatte gemäss den Untersuchungen mindestens ab 2007 und bis 2015 durch gesetzwidrige Umbuchungen systematisch Gewinne im Regionalen Personenverkehr verschleiert und so Subventionen erschlichen. Im Dezember 2018 und im Januar 2019 zahlte die Post den gesamten Betrag von 205.3 Millionen Franken an Bund, Kantone und Gemeinden zurück. Zu 188.1 Millionen war sie verpflichtet worden, den Rest zahlte sie freiwillig. (aeg/sda)

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