Wer sich künftig ein Spiel des SC Bern ansehen will, muss eine Vorkontrolle weg von der Postfinance-Arena passieren. Der Besucher zeigt Ticket, Ausweis und das SMS für den Sitzplatz, der ihm bei der Online-Registrierung zugewiesen wurde.
Mit einem kontaktlosen Thermometer wird ihm die Körpertemperatur genommen. Wer 37,5 Grad oder mehr aufweist, für den gibt es keinen Eishockeyabend. Er wird weggeschickt. Nach Hause muss auch, wer bloss krank aussieht.
So sieht das Schutzkonzept des SC Bern aus, bei dem der ehemalige BAG-Delegierte Daniel Koch beratend zur Seite stand. Es ist ausgeklügelt. Im Stadion selbst gibt es nur noch Sitzplätze, es herrscht Maskenpflicht. Den traditionellen Fahnenaufzug über die Köpfe der Stehrampe hinweg gibt es nicht mehr. Fangesänge hingegen sind erlaubt – aber nur unter der Maske.
Es patrouilliert eine Covid-Polizei, die Menschenansammlungen sofort auflöst. Bier und Wurst kann bei «Fliegenden Verkäufern» am Platz bestellt und elektronisch bezahlt werden. Nach Spielende entlässt der Speaker der Postfinance-Arena die Zuschauer gestaffelt, pro Sektor. Die Hockeyfans selbst sind zwar mehrheitlich bereit, Einschränkungen vorübergehend in Kauf zu nehmen: keine Stehplätze, keine Gästekurve, keine Choreos. «Sie wollen wieder Spiele sehen», sagt Matthias Leitner, einer der drei Initianten der Petition #SaveSwissSports, die am Dienstag mit über 14000 Unterschriften den Bundesräten und der Bundeskanzlei überreicht wurde.
Die Fans haben allerdings grosse Bedenken, dass die Klubs die Coronakrise dazu nutzen, Stehplätze und Gästesektoren gleich ganz abzuschaffen. Das solle aber nicht zum Dauerzustand werden. Die Angst der Fans ist nicht unbegründet. Das zeigt eine Umfrage bei einigen Eishockey- und Fussballvereinen in der Deutschschweiz (siehe nachfolgende Tabelle).
Die meisten Schutzkonzepte der Clubs sehen den Umbau der Stehrampen in Sitzplätze vor. Im Hockey sind die Pläne schon weit fortgeschritten: Liga-Krösus SC Bern, mit seinen fast 10000 Stehplätzen, will 3000 davon in Sitzplätze umwandeln, beim EV Zug entstehen aus den insgesamt 2400 Stehplätzen 850 Sitzplätze.
Auch bei den Fussballclubs ist das Umnutzen der Stehplätze vorgesehen. YB will 4000 coronakonforme Sitzgelegenheiten schaffen, der FC Luzern derer 1600. Bei der gewünschten Auslastung der Stadien zeigt sich, dass diese im Eishockey durchs Band tiefer ist als der Zuschauerschnitt der vergangenen, abgebrochenen Saison. Der ZSC beispielsweise möchte im Hallenstadion vor rund zwei Drittel der möglichen Fans spielen. Der SC Bern wiederum peilt etwas über 10000 Fans an. Im Fussball liegt bei den Zuschauermagneten YB, FC Basel, FC St. Gallen oder FC Luzern die coronakonforme Auslastung unter dem Zuschauerschnitt der vergangenen Saison.
Beim FC Zürich und den Challenge-League-Vereinen GC und FC Aarau beträgt die gewünschte Kapazität weniger als der übliche Zuschaueraufmarsch der letzten Saison. Gerade die kleineren Clubs und die Vereine der Challenge League dürften bei der Auslastung mit Schutzkonzept wenig oder gar keine Abstriche machen müssen. Dass es künftig im Schweizer Profisport nur noch Sitzplätze geben wird, dürfte dennoch nicht eintreffen. Zumindest beim SC Bern nicht.
CEO Marc Lüthi beruhigt die Fans, wenn es um die steilste Stehplatzrampe Europas und die grösste Gästekurve der Schweiz geht. «Sobald die Covid-Gefahr vorüber ist, wird alles in den Urzustand zurückgesetzt», sagt er. «Stehplätze und Gästefans gehören zur Schweizer Eishockeykultur.» Ein unmissverständliches Versprechen, das so nicht bei allen Klubs abgegeben wird.