Während auf den Strassen immer mehr Fahrzeuge mit Elektromotoren verkehren, sieht es in der Luft düster aus: Elektroflugzeuge gibt es bis auf ein paar sehr kleine Prototypen keine. Und das wird noch lange so bleiben. Denn eine Batterie ist um ein Vielfaches schwerer als das Kerosin, welches die gleiche Energiemenge liefert. Grössere Flugzeuge müssten bereits für den Start so viele Batterien mitschleppen, dass sie mit deren Gewicht nicht mehr abheben könnten.
Zwar gibt es einige Firmen, die an der Elektrifizierung von Flugzeugen arbeiten, doch die Erfolgsmeldungen sind bescheiden. So überquerten 2015 erstmals zwei Kleinflugzeuge mit elektrischen Antrieben den Ärmelkanal. Da drängt sich der historische Vergleich auf: Elektroflugzeuge stehen heute technologisch ungefähr da, wo herkömmliche Flugzeuge im Jahr 1909 standen, als Louis Blériot als erster Mensch in einem Flugzeug den Ärmelkanal überquerte. Bis ein Linienverkehr über den Atlantik eingeführt wurde, dauerte es damals noch dreissig Jahre. Eine ähnliche Zeitspanne könnte bei der Elektrifizierung des Flugverkehrs realistisch sein.
Doch zumindest ein bisschen elektrisch sollen Passagierflugzeuge schon früher werden. Airbus kündigt an, 2021 eine Testversion eines Hybridflugzeugs in die Luft zu schicken, das Elektroantrieb mit konventionellen Düsen kombiniert. Ziel sei es, in den 2030ern mit hundert Passagieren abheben zu können.
Hybridflugzeuge dieser Grösse bis 2030 strebt auch Wright Electric an, ein US-Start-up, mit dem die Billigfluggesellschaft Easyjet eine Partnerschaft eingegangen ist. Mit einer Reichweite von gut 500 Kilometern sollen Wright- Electric-Flugzeuge dann einen Fünftel der Easyjet-Flüge abdecken. Auch Boeing hat vor zwei Jahren via das Start-up Zunum in die Entwicklung eines Hybridflugzeuges investiert, hat sich nun aber als Geldgeber zurückgezogen.
Wir stehen am Anfang der dritten Era der Luftfahrt. Gemeinsam mit @Airbus arbeiten wir am E-Fan X, einem hybrid-elektrischen Demonstrationsflugzeug, das das Potenzial hat, die Welt der Luftfahrt zu revolutionieren. pic.twitter.com/v2HIudlaa7
— Rolls-Royce Germany (@RollsRoyceDEU) July 23, 2019
Am weitesten ist das Projekt von Airbus. Beim E-Fan X, wie das Hybridflugzeug heissen soll, wird eine von vier herkömmlichen Düsen durch einen elektrischen Antrieb ersetzt. Beim Start und im Steigflug sind alle Triebwerke in Betrieb, im Sinkflug soll das Flugzeug rein elektrisch unterwegs sein. Die Batterien des E-Fan X enthalten aber nicht von Anfang an die Energie für den gesamten Flug. Erst unterwegs wird mittels eines Generators Strom erzeugt, der die Batterien lädt. Der Generator wird über eine Turbine angetrieben, die wiederum Kerosin verbrennt. Das tönt absurd – doch insgesamt lässt sich der Treibstoffverbrauch so tatsächlich verringern, weil die Motoren in dieser Konstellation näher bei ihren optimalen Wirkungsgraden betrieben werden.
Bei Airbus heisst es, die Einsparungen beim Treibstoff könnten im zweistelligen Prozentbereich liegen. Viel ist das nicht im Vergleich zu den Einsparungen, die durch andere technische Massnahmen wie die Verwendung leichterer Materialien oder Verbesserungen der Aerodynamik in den vergangenen Jahren erreicht wurden. Easyjet gibt zum Beispiel an, seine Emissionen seit dem Jahr 2000 bereits um 32 Prozent gesenkt zu haben.
Tony Patt, Professor für Klimapolitik und -anpassung an der ETH Zürich, sagt: «Es ist unwahrscheinlich, dass hybride oder elektrische Systeme bis 2050 einen grossen Unterschied punkto Emissionen machen können. Aber danach vielleicht schon.» In der Zwischenzeit sei es nötig, auf nicht-fossile Treibstoffe umzustellen. Diese verursachen keinen CO2-Anstieg. Doch bei der Verbrennung von alternativen Treibstoffen gibt es andere Emissionen wie Wasser, die in der Luft ebenfalls den Treibhauseffekt verstärken. Deshalb müsse langfristig doch der Umstieg auf elektrische Antriebe angestrebt werden, sagt Tony Patt. «Ich betrachte die Forschung zu elektrischen beziehungsweise hybriden Antriebssystemen als sehr wichtig.»
Doch wenn grosse Firmen in Hybridflugzeuge investieren, geht es ihnen nicht nur um eine Verringerung der Emissionen. Ein geringerer Treibstoffverbrauch bedeutet auch tiefere Kosten – besonders, falls eine CO2-Abgabe in Kraft treten sollte. Und noch einen Vorteil haben Hybridflugzeuge. Sie sind leiser, auch beim Start. Airlines träumen deshalb davon, dereinst rund um die Uhr in dicht besiedelten Gebieten starten zu dürfen. Das könnte den Hybridantrieben den entscheidenden Startvorteil bescheren.