Dass ein amerikanischer Präsident zu einem Gipfeltreffen afrikanischer Staatsoberhäupter in Washington einlädt, wäre noch vor kurzem eine absurde Vorstellung gewesen. Afrika, das war der «schwarze Kontinent», der die Globalisierung und den technischen Fortschritt verschlafen hatte, wirtschaftlich uninteressant und der allenfalls ein Thema für Hilfsorganisationen war.
In den letzten Jahren jedoch macht Afrika nicht nur mit Hunger- oder Aidskatastrophen von sich reden, sondern auch mit wirtschaftlichen Erfolgszahlen. Sechs der am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften des letzten Jahres stammen aus Afrika. Das hat eine Studie der Boston Consulting Group ergeben. Dazu gehören Länder wie Angola, Nigeria, Ruanda und Tansania. Aber auch Kongo, Äthiopien, Lesotho und Malawi weisen stolze Wachstumsraten des Bruttoinlandsprodukts (BIP) auf.
Dank dem Smartphone holt Afrika auch auf dem Gebiet der Technik mächtig auf. Selbst Kleinbauern verkaufen ihre Produkte heute über das Smartphone und erkundigen sich nach den besten Preisen. Nach wie vor ist Afrika jedoch ein sehr armer Kontinent.
Die rund 1,1 Milliarden Menschen erwirtschaften ein BIP, das gerade Mal rund viermal grösser ist als der Wert aller Güter und Dienstleistungen, die acht Millionen Schweizer produzieren. Ein paar Zahlen:
Der Vergleich der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit Afrikas mit der Schweiz ist in folgender Grafik dargestellt:
Afrika ist aus anderen Gründen wirtschaftlich interessant geworden. Es verfügt über gewaltige Rohstoffreserven. In Ländern wie Nigeria, Angola, Sudan und Äquatorialguinea gibt es grosse Ölvorkommen. Zudem gibt es in Afrika noch viele ungenutzte Ackerflächen. «Land Grabbing» ist daher eine moderne Plage für den Kontinent geworden. Multinationale Konzerne, Hedge Funds und reiche Privatinvestoren kaufen riesige Landflächen auf.
Vor allem aber hat China den schwarzen Kontinenten entdeckt. Seit 2001 hat sich der Handel zwischen China und Afrika mehr als verzwanzigfacht. Wenn Uganda eine neue Eisenbahn bauen oder der Sudan ein neues Ölfeld erschliessen will, rufen sie in Peking an. Ein beliebter Witz in Afrika lautet: China investiert, und die USA organisieren eine Party.
Mit seinem Empfang will der US-Präsident den afrikanischen Staatsoberhäuptern klar machen, dass die Vereinigten Staaten ihr Interesse an Afrika keineswegs verloren haben. Auch politisch steht viel auf dem Spiel. Die Wirtschaftskrise hat auch den Glauben an die Überlegenheit der westlichen Demokratie angekratzt.
Gerade in den Schwellen- und Entwicklungsländern hat der Staatskapitalismus von China und Singapur mächtig an Ansehen gewonnen. Jeder afrikanische Diktator wähnt sich als neuer Lee Kuan Yew, dem legendären autoritären Führer von Singapur, heisst es in diplomatischen Kreisen. Dieser Eindruck soll korrigiert werden.