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Mutmassliche Terrorattacke in Lugano – was wir wissen und was noch offen ist

epa08839660 Police in front of the Manor department store in Piazza Dante in Lugano, Switzerland, 24 November 2020. In the afternoon shortly after 2 p.m. a stabbing occurred in the department store. A ...
Polizeipräsenz vor dem Laden in Lugano.Bild: keystone

Mutmassliche Terrorattacke in Lugano – was wir wissen und was noch offen ist

Eine Frau attackierte am Dienstag in Lugano zwei Frauen, eine davon wurde schwer verletzt. Das Fedpol geht von einer Terrorattacke aus. Diese Dinge sind schon bekannt.
25.11.2020, 06:35
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Was ist passiert?

Am Dienstagnachmittag kurz nach 14 Uhr war es in einem grossen Kaufhaus in Lugano zu einer Messerstecherei gekommen. Bei der Täterin handelt es sich nach Angaben der Tessiner Kantonspolizei um eine 28-jährige Schweizerin. Sie griff im Innern des Kaufhauses zwei Frauen an, eine von ihnen mit einem Messer. Eines der Opfer wurde dabei schwer verletzt – diese sei aber ausser Lebensgefahr.

Später twitterte der Tessiner Regierungspräsident Norman Gobbi weitere Details zum Tathergang in Lugano. Demnach haben andere Kunden im Kaufhaus Manor die Täterin unmittelbar nach dem Angriff überwältigt.

Was war das Motiv?

Das Bundesamt für Polizei (Fedpol) vermutet hinter der Messerattacke einen terroristischen Hintergrund. Dies sagte Direktorin Nicoletta della Valle am Dienstag an einer Medienkonferenz in Bellinzona. Die Bundesanwaltschaft (BA) eröffnete ein Strafverfahren.

«Dieser Angriff überrascht mich nicht», sagte Nicoletta della Valle, die der Medienkonferenz per Video zugeschaltet war. Della Valle verwies auf den anderen Fall in der Schweiz, der im Moment bezüglich eines mutmasslichen terroristischen Hintergrundes untersucht werde: die Messerattacke von Morges, bei der Mitte September ein 29-jähriger Portugiese erstochen worden war. Der Täter war dem Nachrichtendienst des Bundes bekannt.

CAPTION CORRECTION: KORRIGIERT VORNAMEN VON NICOLETTA DELLA VALLE - Matteo Cocchi, Kommandant der Kantonspolizei Tessin und Staatsrat Norman Gobbi, rechts, und die Direktorin des Bundesamts fuer Poliz ...
Nicoletta della Valle (Fedpol) ist der Pressekonferenz mit Matteo Cocchi (links) und Norman Gobbi via Video zugeschaltetBild: keystone

Was weiss man zur Täterin?

Auch die 28-jährige Frau sei den Behörden bekannt gewesen, sagten sowohl della Valle als auch Matteo Cocchi, Kommandant der Kantonspolizei Tessin. Es müsse nun geklärt werden, ob die Frau eine Verbindung zur Terrororganisation Islamischer Staat (IS) habe. Für weitere Details sei es noch zu früh.

Am Abend teilte das Fedpol per Twitter mit, dass die Frau bereits bei polizeilichen Ermittlungen im Jahr 2017 mit jihadistischem Hintergrund aufgefallen sei.

Hatte sie was mit dem IS zu tun?

Das Tessiner Online-Portal tio.ch berichtete bereits am Nachmittag, die Täterin habe «sono dell'Isis» – «Ich bin vom Isis» (IS) oder «Allahu akbar» – «Gott ist grösser (beziehungsweise: der Grösste)» gerufen. Diese Fakten hätten sich jedoch noch nicht verifizieren lassen, hält tio.ch fest.

Bis anhin gab es abgesehen davon aber noch keine Hinweise darauf, dass die Täterin tatsächlich etwas mit dem IS zu tun hatte.

Wie reagierte die Politik?

Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga telefonierte mit dem Tessiner Regierungspräsidenten Norman Gobbi, um ihr Mitgefühl zum Ausdruck zu bringen für die betroffenen Frauen und die Tessiner Bevölkerung und um die Unterstützung des Bundes zuzusichern, wie es auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA hiess.

Gobbi sagte vor den Medien, man gehe davon aus, dass die Frau radikalisiert worden sei. «Die Situation ist von grösstem Ernst», sagte der Vorsteher des Tessiner Justiz- und Polizeidepartements. Falls sich die vom Fedpol geäusserte Vermutung bestätigen lasse, wäre der Kanton Tessin zum ersten Mal mit einem terroristischen Akt konfrontiert. «Wir sind entschlossen, die Sicherheit unserer Bürger zu verteidigen», schloss Gobbi.

Der Kommandant der Tessiner Kantonspolizei Cocchi sagte, die Bedrohung durch den Terrorismus sei omnipräsent. Es sei wichtig, rasch zu reagieren, und das habe man getan. Die Untersuchung des Falles werde vom Fedpol geleitet.

Wie reagiert das Ausland?

Der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz verurteilte noch am Abend den «islamistischen Terroranschlag in Lugano». Seine Gedanken seien bei den Opfern, schrieb der Regierungschef in Wien auf Twitter und sicherte der Schweiz seine Unterstützung «in diesen schwierigen Zeiten» zu. Man werde dem islamistischen Terrorismus in Europa gemeinsam die Stirn bieten und die eigenen Werte verteidigen.

(jaw/sda)

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32 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Snowy
25.11.2020 08:27registriert April 2016
Leider muss man sagen, dass es angesichts der diversen Terrorakte in unseren Nachbarländern und der vielen IS- Sympathisanten hierzulande erstaunlich lange ruhig war.

Hoffen wir, dass dies ein einzelner Ausreisser war zusammen mit dem Fall in Morges.
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Oly photographer
25.11.2020 08:13registriert Mai 2020
Frankreich und Österreich ziehen hier härtere Grenzen. In der CH wird nichts passieren. Da lamentieren unsere Politiker Jahrelang rum und halten unsere ach so geliebte aber nicht gelebte Demokratie hoch.
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[CH-Bürger]
25.11.2020 07:33registriert August 2018
hat die Umsetzung des BÜPF bei den Ermittlungen geholfen?
hat man evtl zulange mit Aktionen gezögert?
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