Während Jahren wollte George Foreman vom 30. Oktober 1974 nichts mehr wissen. «Früher habe ich diesen Tag gehasst, gehasst wie die Pest», sagte er im Interview mit der «Welt am Sonntag». Zu sehr schmerzte die Erinnerung an die schwerste Niederlage seines Lebens: Als grosser Favorit und amtierender Weltmeister trat er in Kinshasa in Zaire (heute Demokratische Republik Kongo) gegen Muhammad Ali an – und verlor durch K.o. in der achten Runde.
«Jahrelang hat mich der Kampf verfolgt. Ich wachte nachts auf, schwitzte und bin durchgedreht. Er trieb mich in schwere Depressionen, raubte mir mein Selbstwertgefühl, meine Würde, meinen Stolz. Ich habe oft geheult. Es war das schlimmste Erlebnis meines Lebens.» Derart schonungslos schilderte Foreman der «Welt am Sonntag» die Nachwehen des berühmtesten Boxkampfs der Geschichte, der als «Rumble in the Jungle» zur Legende wurde.
George Foreman fiel nicht nur auf die Bretter. Er stürzte in ein abgrundtiefes Loch. Der am 10. Januar 1949 in Texas geborene Schwergewichts-Boxer war der gefürchtetste Puncher seiner Zeit. 1968 war er mit 19 Jahren in Mexiko City Olympiasieger geworden, wie acht Jahre zuvor Muhammad Ali (damals noch Cassius Clay) in Rom. Er wurde 1969 Profi und gewann in vier Jahren 37 Kämpfe, wobei er meistens kurzen Prozess machte. 1973 schlug er Weltmeister Joe Frazier und 1974 Ken Norton durch K.o. in der zweiten Runde.
Beide hatten zuvor Muhammad Ali besiegt. Foreman galt folglich als klarer Favorit, als es 1974 in Kinshasa zum Showdown mit dem «Grössten» kam. Doch der brillante Sprücheklopfer Ali zog alle Register der psychologischen Kriegführung. Schon vor dem Kampf machte er sich über seinen Gegner lustig. Im Ring liess er Foremans harte Schläge an sich abprallen, gleichzeitig provozierte er ihn mit höhnischen Sprüchen wie «Ist das alles? Du schlägst wie ein Weichei».
Damit kam «Big George», der sich in Afrika ohnehin unwohl fühlte, nicht zurecht. Ali nutzte dies eiskalt aus: «Als er in der achte Runde plötzlich zurückschlug, sah ich nur noch Sterne.» Es war die grösste Demütigung seines Lebens: «Nie und nimmer habe ich gedacht, dass ich verlieren würde.» Er habe mit einem Sieg spätestens nach drei Runden gerechnet, so Foreman zur «Welt am Sonntag»: «In meiner Kabine habe ich mich noch niedergekniet und gebetet, dass ich ihn nicht töte.»
Die Niederlage warf Foreman aus der Bahn. Sein Selbstbewusstsein als Boxer war dahin, zumal Muhammad Ali ihm den erhofften Rückkampf verweigerte. 1977 trat er zurück und wurde Priester einer Pfingstgemeinde in Houston (Texas). Umso grösser war die Überraschung, als er 1987 mit 38 Jahren ein Comeback gab. Fans und Experten belächelten ihn, doch George Foreman lachte zuletzt: Am 5. November 1994, fast auf den Tag genau 20 Jahre nach dem Rumble in the Jungle, besiegte er Weltmeister Michael Moorer durch K.o. in der zehnten Runde.
Mit 45 Jahren war George Foreman der älteste Schwergewichtsweltmeister der Geschichte. Im folgenden Jahr verteidigte er den Titel in einem umstrittenen Kampf nach Punkten gegen den Deutschen Axel Schulz. Die meisten Beobachter sprachen von einem Fehlurteil. 1997 erlitt Foreman selber eine dubiose Niederlage gegen Shannon Briggs. Er trat mit 48 Jahren endgültig zurück. Mehrmals liebäugelte er mit einem weiteren Comeback, doch daraus wurde nichts.
Seine zweite Karriere hatte da längst begonnen. Unter dem Namen «George Foreman's Lean Mean Fat Reducing Grilling Machine» vertreibt er elektrische Grills, die eine besonders fettarme Zubereitung ermöglichen. Allein für die Namensrechte soll Foreman, der sich als «begnadeten Verkäufer» bezeichnet, mehr als 100 Millionen Dollar kassiert haben. Das Magazin Bloomberg Businessweek schätzte seine Einnahmen als Werbeträger auf 240 Millionen Dollar, das Dreifache der Preisgelder, die er im Ring erkämpft hat.
Die Geschichte nimmt manchmal seltsame Wendungen: Während der 72-jährige Muhammad Ali zwar hoch verehrt wird, aber auch ein körperliches Wrack ist, hat der 65-jährige George Foreman seine lange Boxkarriere in jeder Hinsicht glänzend überstanden. Er hat mit fünf Frauen zehn Kinder gezeugt. Die fünf Söhne liess er alle auf seinen Vornamen George taufen, «weil in meinem Beruf die Gefahr des Gedächtnisschwunds schon immer gross war», wie er scherzte.
Auf den schlimmsten Tag seines Lebens blickt er heute milde zurück: «Ich habe meinen Frieden gefunden.» Das gilt auch für sein Verhältnis zu Muhammad Ali. Den 40. Jahrestag des Rumble in the Jungle will er am Donnerstag gemeinsam mit seinem alten Rivalen an dessen Wohnort Phoenix verbringen.