Beide Frauen, die sich zurzeit am Bezirksgericht Horgen ZH wegen der Tötung einer alten Frau zu verantworten haben, waren zum Tatzeitpunkt voll schuldfähig. Dass sie vor der Tat Kokain geschnupft haben, ändert laut den psychiatrischen Gutachtern nichts daran.
So unterschiedlich die beiden Frauen in Erscheinung und Auftreten sind - einiges haben sie gemeinsam. Gemäss den Sachverständigen tendieren beispielsweise beide dazu, «Geschichten zu erzählen», zu übertreiben und auszuschmücken. Beide haben gewisse Persönlichkeitsstörungen, sind aber nicht psychisch krank, wie die Gutachter am Freitag vor dem Gericht ausführten.
Bei der 30-jährigen Gesundheits-Fachfrau gibt es Anzeichen für eine narzisstische Störung. Sie sucht laut Gutachter Aufmerksamkeit, handelt selbstbezogen und orientiert sich vorab an ihren eigenen Bedürfnissen.
Die 26-jährige Verkäuferin sei emotional instabil mit Borderline-Anzeichen. Sie tendiere zu Schwarz-Weiss-Wahrnehmung und Verlassenheits-Ängsten. Keine Hinweise fand der Gutachter dagegen dafür, dass sie der älteren Angeklagten «hörig» gewesen, ihr blind gefolgt wäre.
Geplante, zielgerichtet ausgeführte Tat
Die Tat war offensichtlich geplant, die Durchführung zielgerichtet und effizient, wie es ein Gutachter formulierte. Die Schweizerinnen agierten vorsichtig, umsichtig und geordnet. Hinweise auf einen Einfluss des zuvor konsumierten Kokains fanden die Sachverständigen nicht.
Beide Frauen seien zum Tatzeitpunkt voll steuerungsfähig und in der Lage gewesen, die Todesgefahr für die schlafende 88-Jährige zu erkennen, als sie ihr einen mit Salmiakgeist getränkten Lappen aufs Gesicht drückten.
Die Rechtsmediziner hatten am Mittwoch erklärt, die Frau müsse sich noch gewehrt haben und sei offenbar mit erheblicher Gewaltanwendung zu Tode gekommen. Dies widersprach den Schilderungen der jüngeren Beschuldigten, sie habe keine Gewalt angewandt und sie habe die Frau noch atmen hören. Dabei blieb sie auch am Freitag.
Verzerrte Erinnerung kann ertragen helfen
Es sei möglich, dass eine «verzerrte Erinnerung» ihr helfe, die Tat zu ertragen, erklärte ihr Gutachter. Sie habe auch eine Tendenz zum Bagatellisieren. Dass das Kokain ihre Erinnerungsfähigkeit beeinträchtigte, schloss er aus.
Die 30-Jährige ihrerseits blieb dabei, dass sie an der Tat nicht beteiligt war. Ein Geständnis, das sie in der Untersuchung abgelegt hatte, widerrief sie später. Sie schiebt die Schuld auf ihre Mitbeschuldigte.
Laut Anklage haben die beiden damals eng befreundeten Frauen kurz nach Mitternacht vom 10. November 2013 in der Wohnung eines Alterszentrums in Kilchberg ZH die Bewohnerin im Bett erstickt und beraubt. Der älteren werden zudem weitere Diebstähle im Kilchberger und einem Luzerner Alterszentrum vorgeworfen. Sie streitet alles ab. (sda)