Rund 76 Polizisten wurden verletzt, Autos und Mülltonnen brannten und ganze Strassenzüge wurden verwüstet: Die Linksautonomen-Demonstration «Welcome to Hell» hat Teile Hamburgs für Stunden ins Chaos gestürzt.
In den frühen Morgenstunden am Freitag beruhigte sich nach Angaben der Polizei die Lage zusehends. Es wurden kaum noch Störungen durch Straftaten gemeldet. Auch Beobachter an den Brennpunkten des Abends berichteten, dass die Polizei Wasserwerfer und Beamte abziehe. In der Nacht waren laut Polizei rund 6000 Menschen in verschiedenen Gruppen in der Stadt unterwegs.
Zuvor war es nach dem schnellen Ende der mit grosser Sorge erwarteten Anti-G20-Kundgebung mit 10'000 bis 12'000 Teilnehmern am Donnerstagabend über Stunden zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Linksautonomen und der Polizei gekommen. Diese meldete mindestens 76 verletzte Beamte. Die meisten von ihnen erlitten leichte Blessuren, fünf mussten im Spital behandelt werden. Die Piloten eines Polizeihelikopters wurden mit einem Laserpointer geblendet und erlitten Augenverletzungen.
Demonstranten: Bis zu 20 Festnahmen
Über die Zahl verletzter Demonstranten lagen zunächst keine Angaben vor. Ein Sprecher der Feuerwehr erklärte, es habe keine sehr schweren oder gar lebensbedrohlichen Verletzungen gegeben. Laut der Demo-Veranstalter gab es 10 bis 20 Festnahmen. Sie beriefen sich auf Aussagen von Anwälten. Die Polizei selbst konnte zunächst nichts zu Festnahmen sagen.
Die Krawallmacher rissen Pflastersteine aus den Strassen, um sie auf Beamte zu werfen. Im Minutentakt flogen Flaschen, Böller wurden gezündet, Verkehrsschilder aus ihrer Verankerung gerissen.
Immer wieder gab es Verfolgungsjagden zwischen Linksextremisten und der Polizei. Diese ging wie angekündigt mit Härte gegen die Protestierer vor. Sie antwortete unter anderem mit dem Einsatz von Wasserwerfern, Schlagstöcken und Pfefferspray.
Offizielle Demo kam nicht weit
Der offizielle Demonstrationszug, den Linksautonome rund um die «Rote Flora» angemeldet hatten, kam gerade einmal rund 100 Meter weit. Dann war Schluss für die tausenden Menschen, die eigentlich gegen den G20-Gipfel am Freitag und Samstag protestieren wollten. Wegen der zahlreichen Vermummten im Schwarzen Block versperrten Wasserwerfer, Räumpanzer und Hunderte Polizisten den Weg vom Hamburger Fischmarkt Richtung Reeperbahn.
Knapp eine Stunde standen sich Demonstranten und Polizei gegenüber, ehe der Veranstalter die Kundgebung für beendet erklärte. Sofort begannen Ausschreitungen. Die Polizisten setzten sofort Wasserwerfer ein, trieben die vornehmlich dem Schwarzen Block zugerechneten Demonstranten vor sich her und räumten auch den Fischmarkt.
Die Ausschreitungen am Hafen selbst dauerten nur knapp eine halbe Stunde. Zahlreiche Demonstranten flüchteten in Richtung Reeperbahn oder Altona. Wenig später meldete die Polizei dort ein brennendes Auto, ausserdem bei einem schwedischen Möbelhaus und einer Sparkasse zerstörte Scheiben.
Merkel verurteilt Ausschreitungen
«Wir sind entsetzt über die offensichtliche Gewaltbereitschaft», twitterte die Polizei. Die Demonstranten wiederum sahen die Sache anders, sprachen von einem Polizeistaat und willkürlicher Repression durch die Staatsorgane.
Der Sprecher von Kanzlerin und G20-Gastgeberin Angela Merkel machte deutlich, dass es keine Rechtfertigung für gewalttätigen Protest gebe. Er verwies im Onlinedienst Twitter auf ein Interview der Kanzlerin vor dem G20-Gipfel. Daraus zitierte er: «Vor den friedlichen Demonstranten habe ich Respekt, sie nehmen ihr demokratisches Grundrecht war. Wer gewalttätig wird, der verhöhnt die Demokratie.» (sda/dpa/afp/reu)