St. Gallen beschliesst Verhüllungsverbot – mit Ausnahmen

St. Gallen beschliesst Verhüllungsverbot – mit Ausnahmen

28.11.2017, 18:38

In St. Gallen gilt bald eine Art Burkaverbot. Der Kantonsrat hat am Dienstag ein Verhüllungsverbot beschlossen - allerdings mit relativierendem Zusatz. Die Gegner sprechen von einem «Gesetz für die Galerie», der Regierungsrat von einem unwirksamen Gesetz.

Der Kantonsrat bestätigte das Burkaverbot in der Schlussabstimmung mit 57 gegen 55 Stimmen bei zwei Enthaltungen. In der ersten Lesung in der Septembersession hatte es nach längerer Debatte bereits ein ähnlich knappes Resultat gegeben: Mit 59 gegen 54 Stimmen setzten sich schon damals die Befürworter von CVP und SVP gegen den Widerstand von FDP, GLP, Grünen und SP durch.

Damit wurde eine komplexe Vorschrift beschlossen: Konkret soll im Kanton St. Gallen künftig bestraft werden, wer im öffentlichen Raum eine Gesichtsverhüllung trägt, sofern die Person damit «die öffentliche Sicherheit oder den religiösen oder gesellschaftlichen Frieden bedroht oder gefährdet». Ob eine solche Bedrohung oder Gefährdung vorliege, muss jeweils im Einzelfall beurteilt werden.

Debatte vor der Schlussabstimmung

In der zweiten Lesung in der Novembersession gab es dazu keine Wortmeldungen. Die Gegner warteten mit ihren Versuch, das Verhüllungsverbot doch noch zu kippen, auf die Schlussabstimmung am Dienstagnachmittag.

Kurz vor dem Entscheid begann die Debatte nochmals mit ähnlichen Argumenten wie bei der ersten Lesung: Der Sprecher der FDP stellte etwa fest, die Fraktion lehne «Gesetze für die Galerie» ab. Verhüllte Frauen sehe man im Kanton St. Gallen höchstens auf Plakaten des Textilmuseums, hiess es aus der SP-Grüne-Fraktion.

Der SVP-Sprecher betonte hingegen, das Gesetz habe «eine klare präventive Wirkung». Der CVP-Sprecher erklärte, eine Ausdehnung des bisherigen Vermummungsverbots ergebe Sinn. Damit werde ein Bedürfnis der Bevölkerung aufgenommen.

«Unnötige und unwirksame Gesetze»

Regierungsrat Fredy Fässler (SP) stellte fest, dass der Gesetzesartikel nicht einmal ein Burkaverbot sei. «Machen sie nicht derart unnötige und unwirksame Gesetze», verlangte er.

Nach diesen Voten beschloss der Kantonsrat mit 57 gegen 55 Stimmen bei zwei Enthaltungen das Verhüllungsverbot und bestätigte damit den Entscheid der ersten Lesung.

In der Schweiz gibt es derzeit einzig im Kanton Tessin ein Verschleierungsverbot. Verhüllen Frauen trotzdem ihr Gesicht, müssen sie mit einer Busse von mindestens 100 Franken rechnen. Vermutlich wird das Volk national über die Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot» und damit über ein Burkaverbot abstimmen. (sda)

Ein Verbot, das «Frauen schützt»

Video: srf
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24 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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häfi der Spinat
28.11.2017 19:12registriert Juli 2017
Viel besser als das Vehülungsverbot währe, die konsequente Rückführung, aller Väter, die sich weigern, ihre Töchter ins Schullager oder in den Schwimmunterricht zu schicken.

Wer hätte eigentlich etwas dagegen?

Richtig...!

Diejenigen, die jetzt, heuchlerisch finden, das Vehülungsverbot sei reine Symbolpolitik.

Diese sind bei präzisen Massnahmen ERST RECHT nicht bereit, mitzuhelfen.
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einmalquer
28.11.2017 20:35registriert Oktober 2017
Im Kanton St.Gallen darf sich jede Person verhüllen, die will.

Denn man darf sich nur dann nicht verhüllen, wenn die öffentliche Sicherheit oder der religiöse oder gesellschaftliche Frieden bedroht oder gefährdet ist.

Eine Verhüllung tut das nie.

Wer aber gegen Verhüllte pöbelt oder sie gar angreift, diese Person verletzt den Frieden.
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Walter Sahli
28.11.2017 18:49registriert März 2014
Heisst das jetzt, dass sich Bankräuber in St.Gallen nicht mehr vermummen dürfen? Das ist imfall voll gemein!
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