Der Streit der mutmasslichen NSU-Terroristin Beate Zschäpe mit ihren drei ursprünglichen Pflichtverteidigern hat sich weiter zugespitzt. Zschäpe zeigte ihre Verteidiger an.
Zschäpe zeigte Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm am Freitag wegen Verletzung der anwaltlichen Schweigepflicht an, wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft München I auf Anfrage sagte. Verteidiger Stahl nannte die Vorwürfe haltlos.
Der Vorwurf lautet der Staatsanwaltschaft zufolge auf Verletzung der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht. Die Anzeige werde nun geprüft, sagte der Sprecher. Wann mit einem Ergebnis und einer Entscheidung über ein mögliches Ermittlungsverfahren zu rechnen sei, sei noch offen. In der «Bild»-Zeitung und im Fernsehsender N24 nannte Stahl die von Zschäpe erhobenen Vorwürfe haltlos.
Im NSU-Prozess vor dem Oberlandesgericht München hatte der Vorsitzende Richter Manfred Götzl am Montag über Gespräche mit den drei ursprünglichen Zschäpe-Verteidigern berichtet.
Darin ging es laut Richter Götzl unter anderem um Angaben der Verteidiger zum Aussageverhalten Zschäpes. Demnach bestritten die bisherigen Pflichtverteidiger Angaben Zschäpes, sie an einer Aussage zu hindern.
Nach Angaben ihres neu hinzugezogenen vierten Pflichtverteidigers Mathias Grasel wusste Zschäpe aber nichts von diesen Gesprächen. Grasel äusserte im Verfahren auch das Befremden seiner Mandantin über die Angaben zu ihrer angeblichen Aussagebereitschaft.
Zerrüttetes Verhältnis
Das Verhältnis Zschäpes zu ihren drei ursprünglichen Verteidigern ist inzwischen offen zerrüttet. Das Trio hatte am Montag überraschend selbst eine Entpflichtung vom Verfahren beantragt, dies lehnte das OLG aber ab. Davor hatte Zschäpe im Juni erfolglos die Entpflichtung von Anwältin Sturm beantragt.
Noch nicht entschieden ist über ihren aktuellen Antrag, Anwalt Heer zu entlassen. Die wiederholte Auseinandersetzung führte inzwischen mehrmals zu einer Verzögerung des schon seit Mai 2013 laufenden Verfahrens.
Morde, Überfälle und Bombenanschläge
Zschäpe ist unter anderem wegen Beihilfe zu den zehn Morden, die dem Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) angelastet werden, angeklagt. Sie soll für die beiden NSU-Terroristen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos nach Überzeugung der Bundesanwaltschaft jahrelang im Untergrund eine Fassade des normalen Lebens gepflegt haben, damit Böhnhardt und Mundlos ihre Morde verüben können.
Ausser den zehn rechtsextrem motivierten Morden - darunter neun an Migranten und einer an einer Polizistin - soll das NSU-Trio mindestens zwei Bombenanschläge und ein gutes Dutzend Überfälle begangen haben.
Mit Zschäpe sind vier mutmassliche NSU-Helfer angeklagt. Böhnhardt und Mundlos hatten sich laut den Ermittlungen nach einem missglückten Überfall 2011 das Leben genommen. (sda/afp)