Im Streit um den Ende Jahr auslaufenden Gesamtarbeitsvertrag im Baugewerbe drohen die Gewerkschaften mit Kampfmassnahmen. Unia und Syna werfen dem Schweizerischen Baumeisterverband (SBV) Vertragsbruch vor.
Die Baumeister verweigerten Verhandlungen und griffen die Rente mit 60 an, hiess an einer gemeinsamen Medienkonferenz von Unia und Syna am Dienstag in Bern. Im geltenden Landesmantelvertrag (LMV) habe sich der Baumeisterverband verpflichtet, bis Ende September Lohnverhandlungen zu führen. Jetzt verweigere der SBV erneut Verhandlungen und begehe damit Vertragsbruch am Landesmantelvertrag.
Die Sozialpartnerschaft sei wichtiger Standortvorteil der Schweizer Wirtschaft, sagte Kurt Regotz, Verhandlungsleiter Bau Syna, vor den Medien. Basis der Vereinbarung sei, dass auf der einen Seite die Gewerkschaften auf Kampfmassnahmen verzichten, auf der anderen Seite der Arbeitgeber bereit sei, Verhandlungen führen. «Mit der Gesprächsverweigerung der Baumeister ist für die Gewerkschaften die Friedenspflicht hinfällig», sagte Regotz.
Die Gewerkschaften hätten dem SBV bereits mehrere Verhandlungstermine vorgeschlagen, welche allesamt abgelehnt worden seien, sagte Nico Lutz, Sektorleiter Bau Unia. Mit diesem Verhalten manövriere sich der Baumeisterverband in eine Sackgasse.
Verhärtete Fronten
Die Gewerkschaften wollen über einen neuen Landesmantelvertrag nur zusammen im Paket mit dem Rentenalter 60 und Massnahmen gegen Lohndumping sowie verbessertem Gesundheitsschutz verhandeln. Die Baumeister dagegen haben angeboten, den bestehenden Landesmantelvertrag, der die Arbeitsbedingungen von rund 80'000 Bauarbeitern regelt, unverändert zu verlängern.
An dieser Haltung habe sich nichts geändert, sagte SBV-Vizedirektor Martin Senn der Nachrichtenagentur sda auf Anfrage. Die Baumeister seien nach wie vor der Ansicht, dass es der bestehende Landesmantelvertrag den Arbeitnehmern ausgezeichnete Arbeitsbedingungen garantiere. Die Delegierten würden am Mittwoch und Donnerstag bei ihrer Versammlung in Biel über das weitere Vorgehen beraten.
Stein des Anstosses für die Baumeister ist die Fachstelle «Risikoanalyse» der Gewerkschaft Unia. Mit dieser Fachstelle unterlaufe die Unia den sozialpartnerschaftlichen Vollzug, also die Anwendung und die Kontrolle des Gesamtarbeitsvertrags, lautet die Kritik. Die Unia hatte die Fachstelle «Risikoanalyse» Anfang 2014 geschaffen, um für Baufirmen zu überprüfen, ob deren Subunternehmen Lohndumping begehen.
Laut Senn ist es aber eine Unterstellung der Gewerkschaften, dass der Baumeisterverband das Rentenalter 60 angreift. Der SBV halte das flexible Pensionsalter für sinnvoll und wolle dieses unter allen Umständen halten. Das flexible Rentenalter ab 60 (FAR) ist in einem gesonderten Gesamtarbeitsvertrag festgelegt.
Heisser Herbst
Auf den Baustellen steht somit ein heisser Herbst bevor. Sollte der Baumeisterverband weiterhin nicht Hand zu einer Lösung bieten, werde es im November Aktionen wie verlängerte Pausen der Bauarbeiter geben, sagte Lutz. Falls es Ende Jahr zu einem vertragslosen Zustand kommen sollte, werde es auch zu Streiks kommen.
Umfragen von Unia und Syna bei den Bauarbeitern hätten ein klares Resultat ergeben: Sie wollten Verhandlungen und keine blosse Verlängerung des Ende Jahr auslaufenden Landesmantelvertrags. «Die Bauarbeiter werden für die Rente mit 60 und für ihren Vertrag kämpfen und wenn nötig auch streiken», sagte Lutz. (sda)