Lucien Favre hält im Interview mit dem deutschen «Tagesspiegel» wie gewohnt nicht zurück. Pointiert und direkt bringt der Schweizer Trainer von OGC Nizza seine Meinung über verschiedene Aktualitäten im Fussball zum Ausdruck.
Das sagt Lucien Favre …
Favre stellt die Prioritäten der Premier League in Frage. Da die Klubs alle paar Tage irgendwelche Pokalspiele ausspielen würden, bleibe kaum Zeit für Regeneration und Training. Wenn er Premier-League-Fussball schaue, frage er sich jeweils, was denn die taktischen Überlegungen der Teams sind.
Er führt die Probleme der englischen Liga auch am aktuellen Meister auf. Mit dem Abgang von N'golo Kanté habe Leicester sein Herz verloren. Es sei kein gutes Zeichen für eine Liga, wenn der amtierende Meister aufgrund des Abgangs eines einzelnen Spielers komplett zusammenbreche. Auch von Manchester United ist Favre nicht überzeugt. Da stecke viel Geld drin, aber es komme nur wenig dabei heraus.
Der Trainer des OGC Nizza betont, dass er den Engländern das viele Geld gönne. Der Fussball würde aber definitiv zu kurz kommen, meint Favre und verweist dabei auf die jüngsten Misserfolge der englischen Klubs in den europäischen Wettbewerben.
Favre glaubt, dass Arsène Wenger als Manager bleiben wird, sofern er das denn möchte. Die Arsenal-Legende müsse dann aber ein komplett neues Team aufbauen. Nach Ansicht Favres genügen zur Zeit einzig Laurent Koscielny und Granit Xhaka den Ansprüchen, die ein Klub wie Arsenal haben sollte.
Es sei ein Wunder, dass Favres Mannschaft mit ihrem Kader immer noch so weit vorne mit dabei sei. Die anderen Klubs (namentlich Marseille, Lyon und Lille) hätten in der Winterpause extrem aufgerüstet, während bei Nizza alles beim Alten blieb. Die Qualifikation für die Champions League wäre für den Romand ein Wunder und er gebe alles dafür, dass dieses wahr werde.
Der 59-Jährige betont, dass man immer zwischen dem Fussballer Mario Balotelli und dem Menschen Mario Balotelli unterscheiden müsse. Menschlich habe sich der Italiener in Nizza bislang vorbildlich verhalten. Fussballerisch könne sich das (ehemalige) «enfant terrible» vor allem bei den Laufwegen noch verbessern.
Der 6:1-Sieg gegen PSG nach der 0:4-Schlappe im Hinspiel beschäftigt immer noch. Der ehemalige FCZ-Meistertrainer geht dabei mit dem Schiedsrichter Deniz Aytekin hart ins Gericht. Dessen Entscheidungen seien eine Katastrophe gewesen. Der erste Elfmeter gegen PSG sei sehr, sehr zweifelhaft, der zweite gar eine Unverschämtheit gewesen. Gleichzeitig erkennt Favre aber auch die Moral des FC Barcelona an. Mit so viel Begeisterung und Leidenschaft ein Spiel drehen, das würden nur wenige Mannschaften auf dieser Welt können. (abu)