Unerbittlich schreitet die Hipsterisierung des Grossstadtlebens voran, fast kein Lebensbereich bleibt von ihr verschont. Schon jetzt erhältlich sind Zeitungen auf Dinkelpapier, Bolognese-Smoothies und Witze, die einen (ironischen) Bart haben. Auch das bisher so widerborstige Lager der NPD-Anhänger lebt eine neue Ästhetik: Nipster, nationale Hipster mit Jutebeutel und Ohrstecker, werden salonfähig, sind auf immer mehr rechten Demos zu sehen. Andere nationale Subkulturen sind da unscheinbarer.
Sie leben die Tiere, den Boden, das Blut: Nazi-Hippies sind eins mit ihren Genen, lesen spirituelle Wahrheiten aus dem Inneren einer Bratwurst, umarmen deutsche Eichen. Statt Gras rauchen sie Löwenzahn, statt ausländischem Soja essen sie einheimischen Rindenmulch. Gewalt stösst sie ab – lieber wollen sie die Volksverräter zu Boden tanzen.
Sie haben fünf Jahre lang studiert, sich einen niedlichen Kameraden/ein deutsches Mädel angelacht und bewohnen ein schickes Noft in den Szenebezirken von Dortmund, Mannheim oder Dresden: die national urban professionals. Ihr Motto heisst «work hard, hate hard»: Nachdem man 14 Stunden lang die IT von KraussMaffei gewartet hat, geht es dann übers Wochenende zu exklusiven Thingspielen nach Norwegen.
Auch die Rechten haben ihren Sheldon! Der nationale Geek lernt Abschusslisten auswendig, erstellt digitale Ariernachweise und entwickelt neue Codes, um den Verfassungsschutz zu verwirren (818, 3345). In seiner Freizeit duelliert er sich mit Softair-Vernichtungswaffen und kämpft in World of Warcraft gegen die krummnasigen, diebischen Goblins.
Die Gothic-Szene wird auf ihren Worturrsprung zurückgeführt: Deutsche Goten ziehen sich ihre SS-Runen mit Kajalstift, ritzen sich Texte von Frei.wild in den Oberarm. Und vor allem trauern sie: über die jüdisch-amerikanische Weltherrschaft, über die Niederhaltung des deutschen Volkes und über den unstillbaren Schmerz, seit in der Nachbarwohnung ein schwules Pärchen aus Marokko eingezogen ist.
Nationale Punks zahlen nicht für ein System, wo das Geld immer nur ins Ausland fliesst. Statt dessen leben sie ihren Traum: rotzbesoffen in der Einkaufszone rumgammeln und harmlosen Passanten AfD-Flyer aufdrängen. Um die Bürgerlichen zu schockieren, kleiden sie sich exakt wie diese: Funktionskleidung oder Stangenanzug mit Krawatte. Im Kopf der Krawallmacher herrscht hingegen nichts als das blanke Chaos («die Griechen wollen, dass wir für ihre Kriege bezahlen, und schicken uns deshalb so viele Türken her»).