Die EU nimmt die staatliche Förderung für chinesische Elektroautos ins Visier. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigte vergangene Woche eine Anti-Dumping-Untersuchung der Subventionen für Autohersteller aus China an. «Der Preis dieser Autos wird durch riesige staatliche Subventionen künstlich gedrückt – das verzerrt unseren Markt», sagte von der Leyen. Das sei nicht akzeptabel. Die Weltmärkte würden von billigeren chinesischen Elektroautos überschwemmt.
📉 Der Anfang vom Ende? China steigt atemberaubend schnell zur #1 Auto-Exportnation auf, lässt Japan und Deutschland hinter sich. pic.twitter.com/X6KK9yq6iJ
— Maximilian ❇️Projekt: 100X (@projekt100x) September 12, 2023
EU-Kommissionsangaben zufolge sind chinesische Elektroautos normalerweise rund 20 Prozent günstiger als in der EU hergestellte Modelle. Die chinesischen Hersteller verkaufen ihre subventionierten Autos in Europa aber viel teurer als in China, um die höhere Kaufkraft abzuschöpfen. Europäische Kundinnen und Kunden profitieren also bislang nur bedingt von tieferen Preisen. Trotzdem wird damit gerechnet, dass der Anteil chinesischer Elektrofahrzeuge in Europa von derzeit 8 auf 15 Prozent im Jahr 2025 steigen werde.
Eine sogenannte Antisubventionsuntersuchung der EU kann dazu führen, dass beispielsweise Strafzölle erhoben werden. In der Vergangenheit hatte die EU unter anderem schon auf Solarpanels aus China Antidumpingzölle eingeführt.
Der deutsche Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne Partei) begrüsste die Ankündigung einer Untersuchung. Es gehe nicht darum, leistungsfähige, günstige Autos aus dem europäischen Markt herauszuhalten, sondern zu prüfen, ob es Subventionen gebe, die den Wettbewerb unlauter verzerrten, sagte Habeck.
Nicht zuletzt dank üppiger Subventionen hat sich China zum mit Abstand grössten Markt für Elektrofahrzeuge und E-Auto-Akkus entwickelt. Zahlreiche innovative Start-ups sind entstanden, die nach Einschätzung von Branchenexperten hervorragende Autos mit Elektroantrieb bauen.
China ist denn auch seit mehreren Jahren der mit Abstand wichtigste Markt für E-Autos.
Die in China vergleichsweise niedrigen Preise für E-Autos haben dort einen regelrechten Elektro-Boom entfaltet.
Normaler Nachmittagsverkehr in #Shanghai. Grüne Nummernschilder sind E-Autos, blaue Verbrenner. pic.twitter.com/ovNjLm87Qa
— Christina Kunkel (@Kunkeline) April 18, 2023
Mit der staatlichen Förderung der Elektromobilität will China endlich den europäischen Automarkt erobern, was im Zeitalter der Verbrenner-Autos nie gelungen ist. Lange feierte man vor allem im Heimmarkt Erfolge, aber auch die Exporte sind zuletzt rasant angestiegen. China löst 2023 dank des E-Auto-Booms Japan als Auto-Exportweltmeister ab, Deutschland folgt auf Platz drei. Während Japan und Deutschland vorwiegend die rückläufigen Benzin-Autos exportieren, bestehen Chinas Autoexporte hauptsächlich aus florierenden E-Autos.
China 🇨🇳 is becoming an auto export giant 🚙
— Science Is Strategic (@scienceisstrat1) April 16, 2023
➡️ China exported 1 million vehicles in Q1 2023, up 58.3% year-over-year
➡️ Overseas shipments of new-energy vehicles, which mainly include pure electric and hybrids, surged 110% to 248,000 units
Cc: @ElbridgeColby @Noahpinion pic.twitter.com/Fo35dcyXQp
Die deutsche Autoindustrie vertritt die Ansicht, die Untersuchung alleine löse bestehende Herausforderungen nicht. Es brauche langfristige Strategien, denn der deutsche und europäische Standort leide unter hohen Energiekosten, Steuern, Abgaben, Umlagen und unter zu viel Bürokratie, sagte ein Sprecher des Verbands der Automobilindustrie (VDA) auf Anfrage.
Fakt ist: China fährt Europa und den USA bei der Elektromobilität davon.
Die geplante EU-Subventionsuntersuchung gegen chinesische E-Autobauer könnte nach hinten losgehen. Vor allem für die deutsche Autoindustrie stehe sehr viel auf dem Spiel, sagte der Direktor des Center Automotive Research, Ferdinand Dudenhöffer, der Deutschen Presse-Agentur. Die Deutschen, anders als die Franzosen, verkauften 30 bis 40 Prozent ihrer Autos auf dem chinesischen Markt und wären nach seiner Einschätzung das erste Ziel von Gegenmassnahmen.
Dudenhöffer warnte vor Strafzöllen: «Sollten Massnahmen gegen chinesische Importe in Europa ergriffen werden, können wir mit absoluter Sicherheit erwarten, dass China reagiert. Ein Bruch mit China würde die deutsche Autoindustrie äusserst stark verletzen.» Allein die Ankündigung aus Brüssel werde bei den Chinesen für Verärgerung sorgen.
Autoexperte Dudenhöffer vermutet die französische Autoindustrie hinter dem EU-Vorstoss. Dieser richte sich eigentlich gegen die deutsche Autoindustrie. Stellantis und Renault seien in China kaum präsent, fürchteten aber auf dem heimischen Markt die starke Konkurrenz chinesischer Autobauer wie BYD. Deshalb würden chinesische Gegenmassnahmen Volkswagen und BWM viel härter als etwa Renault treffen.
Deutsche Autobauer selbst äusserten sich zunächst zurückhaltend. BMW teilte mit, man wolle die Ankündigung nicht kommentieren, solange noch keine konkreten Eckpunkte vorlägen.
Europa sei offen für Wettbewerb, aber nicht für einen ungleichen Unterbietungswettlauf, erklärte von der Leyen. «Wir müssen uns gegen unfaire Praktiken wehren.» Man habe nicht vergessen, «wie Chinas unfaire Handelspraktiken unsere Solarindustrie beeinträchtigt haben», sagte von der Leyen. Die Produktion von Solaranlagen hat sich in den letzten Jahren zunehmend nach China verlagert. Zugleich betonte sie, es sei unabdingbar, mit China im Dialog zu bleiben.
Die chinesische Regierung hat bestürzt auf die angekündigte Untersuchung der EU wegen subventionierter E-Autos reagiert. China sei besorgt und unzufrieden mit dieser Sache, erklärte ein Sprecher des Handelsministeriums am Donnerstag in Peking.
China gehe davon aus, dass die Untersuchungsmassnahmen dem Schutz der europäischen Industrie dienten. Dies stelle ein «unverhohlenes protektionistisches Verhalten» dar, das die Lieferketten der globalen Autoindustrie ernsthaft stören und verzerren werde und sich negativ auf die chinesisch-europäischen Wirtschafts- und Handelsbeziehungen auswirken werde.
Mit Blick auf E-Autos hat die chinesische Führung schon vor Jahren das Ziel ausgegeben, Technologieführer zu werden. Dudenhöffer sieht einen deutlichen technologischen Vorsprung bei den chinesischen Herstellern. Sie hätten den Fahrzeugbau kostenmässig ebenso im Griff wie die sehr wichtige Batterie-Technologie, welche die Europäer erst noch in weiten Teilen aufbauen müssten.
Gleichzeitig geraten deutsche Autohersteller durch die inzwischen teilweise überlegene Konkurrenz stark unter Druck. Jahrzehntelang profitierten sie vom rasanten Wachstum in China und freuten sich über ihre enormen Absatzzahlen von Verbrenner-Autos dort. Doch bei der Entwicklung von E-Autos zögerten sie zu lange. Erst kürzlich musste Volkswagen den Titel des grössten Autoherstellers in China an das heimische Unternehmen BYD abtreten, das deutlich mehr Autos mit Elektroantrieb verkauft. Da dürfte es nur ein schwacher Trost sein, dass es grossen Rivalen wie Toyota, Stellantis oder Ford nicht besser ergeht.
(oli/sda/awp/dpa)
Da hat mal wieder der Doppelstandard mächtig zugeschlagen.
man der Zukunft nachrennen