Die deutsche Autoindustrie steht unter Druck. Wachsende Konkurrenz aus China, gleichzeitig schrumpfende Verkaufszahlen und der Schwenk in Richtung E-Mobilität machen auch Mercedes zu schaffen. Die Edelmarke setzte in den vergangenen Jahren vorrangig auf eine Luxusstrategie: weg von halbwegs bezahlbaren Massenmodellen, hin zum ultimativen Luxus mit hohen Gewinnmargen für den Konzern.
Doch bisher ist das Konzept nicht wie gewünscht aufgegangen: Vor allem die elektrischen, sehr windschnittig gezeichneten EQ-Modelle kommen bei den Kunden (nicht nur) auf dem wichtigen chinesischen Markt nicht so gut an. Mit dem neuen CLA geht Mercedes einen anderen Weg: Die Marke kombiniert erstmals reine Elektro-, aber auch Hybridtechnik mit einem eher konventionellen Design. Damit ist der CLA optisch ein typischer Mercedes – setzt unter dem Blech aber auf eine völlig neue Technikstrategie und ist das erste Modell einer komplett neuen Fahrzeugfamilie.
Mit dem Ende der kompakten A-Klasse wird der CLA zum Einstiegsmodell der Stuttgarter. Ein Shooting-Brake (also eine Art Kombi) und ein SUV als weitere kommende Modelle sind sehr wahrscheinlich. Von aussen bleibt die Neuauflage dem gewohnten Look seines Vorgängers in den Grundzügen treu. Die GT-ähnliche Silhouette des 4,72 Meter langen CLA (4 cm mehr als beim Vorgänger) ist geblieben, doch Details wie der neu gestaltete, beleuchtete Kühlergrill (beim E-Modell) und die sternförmigen Lichtsignaturen bei den Scheinwerfern und Rückleuchten verleihen ihm eine moderne Note.
Der Armaturenträger ist ein echtes Armaturenbrett. In dem glatten, flachen Cockpit strecken sich über die gesamte Breite des Fahrzeugs bis zu drei Displays – ein 10,25-Zoll-Fahrerdisplay und ein zentraler 14-Zoll-Touchscreen. Später wird auch ein zusätzlicher 14-Zoll-Beifahrerbildschirm optional erhältlich sein, auf dem der Beifahrer auch während der Fahrt Filme streamen oder Spiele spielen kann. Die Navigation läuft über Google Maps.
Das Infotainmentsystem hat Mercedes selbst entwickelt. Es ermöglicht Updates «over the air» (per drahtlosem Internet) – auch Fahrassistenzsysteme können damit aktualisiert werden. Die Sprachsteuerung kann dank Künstlicher Intelligenz von Microsoft und Google natürlich klingende Gespräche führen. Optional gibt es ein Head-up-Display, das Fahrzeug- und Navigationsdaten in Echtzeit direkt ins Sichtfeld des Fahrers projiziert.
Eine Innenraumbeleuchtung mit bis zu 64 Farben, nachhaltige Materialien und neue Zierteile sind bei einem neuen Auto dieser Klasse natürlich obligatorisch. Zudem ist das Modell serienmässig mit einem Panoramadach ausgestattet, das für ein grosszügiges Raumgefühl sorgt. In den Kofferraum passen 405 Liter, beim Vorgänger waren es noch 460. Beim Elektro-CLA kommt aber ein sogenannter «Frunk», ein Frontkofferraum unter der vorderen Haube hinzu: Er fasst 101 Liter.
Das wirklich Besondere ist die Antriebspalette beim CLA: An den Start geht er als reines E-Auto, später kommen Hybridantriebe mit Verbrennungsmotor.
Vollelektrische Versionen: Der CLA 250+ kommt mit 200 kW (272 PS) und Hinterradantrieb und bietet eine Reichweite von 694 bis 792 Kilometern nach dem WLTP-Messstandard. Verbrauch: 12,2 kWh auf 100 Kilometer, bei entsprechendem Fahrstil. Sein grosser Vorteil ist die aerodynamische Form – der CLA ist eben kein SUV. Unter realistischen Bedingungen auf der Strasse läge die Reichweite immer noch bei rund 600 Kilometern. Möglich macht die grosse Reichweite auch ein neuer Energiespeicher, der über eine um 20 Prozent höhere Energiedichte als der Vorgängerakku verfügt.
Wer mehr Leistung will, greift zum CLA 350 4MATIC, der mit 260 kW (354 PS) und Allradantrieb als Performance-Modell positioniert ist. In 4,9 Sekunden geht es hier von 0 auf 100 km/. 210 km/h Spitzengeschwindigkeit ist bei beiden Varianten möglich.
Dank einer 800-Volt-Architektur kann die Batterie mit bis zu 320 kW rasant geladen werden – binnen zehn Minuten soll eine Reichweite von bis zu 325 Kilometern «nachgetankt» werden können. Auch bidirektionales Laden soll künftig möglich sein, sodass der CLA auch als Stromspeicher für den Haushalt dienen kann. Zunächst wird nur eine Variante mit einer 85 kWh grossen Batterie angeboten.
Ungewöhnlich für ein E-Auto ist auch das zweistufige Getriebe: Der erste Gang ermöglicht eine starke Beschleunigung, eine hohe Anhängelast und viel Effizienz auch im Stadtverkehr. Der zweite Gang kommt bei hohen Geschwindigkeiten und für eine hohe Effizienz auf der Autobahn zum Einsatz, um den Energiebedarf zu senken und die Höchstgeschwindigkeit zu erreichen.
Hybridvarianten mit 48-Volt-Technik: Neben den Elektroversionen wird es ab Ende des Jahres auch Hybridmodelle mit einem 1,5 Liter grossen Benziner geben. Leistungsspektrum: 136 bis 190 PS, mit Antrieb an der Vorderachse. Diese setzen auf einen ins Getriebe integrierten Elektromotor und sollen rein elektrisch bei niedrigen Geschwindigkeiten fahren können. Das sogenannte «Segeln» ist bis 100 km/h möglich.
Offizielle Preise hat Mercedes bislang nicht genannt. Ab rund 45'000 Euro dürfte es bei der Hybridvariante schätzungsweise losgehen. Bei der Elektrovariante (Marktstart im Frühsommer) dürften die Preise bei über 50'000 Franken beginnen. Der neue CLA muss sich gegen Rivalen wie Audi A6 e-tron, BMW i4, Volvo ES90, Tesla Model 3 Long Range oder VW ID.7 behaupten.