Mit üppigen Ausmassen, üppiger Ausstattung und üppigen Reichweiten soll der VW ID.7 Tesla Kunden abjagen und auch Geschäftskunden davon überzeugen, dass E-Auto und Langstrecke zueinanderpassen können. Im Test des Automobilclubs ADAC erhielt die elektrische Limousine als erstes Auto überhaupt die Höchstnote «sehr gut». Doch wie gut schlägt sich der Stromer im Alltag wirklich und was sagt eine Tesla-Fahrerin zu dem Elektro-VW? Der Testbericht verrät es.
Eine 4,96 Meter lange Elektro-Limousine mit grosser Kofferraumklappe, die es demnächst auch als Kombi namens Tourer geben wird. Der ID.7 ist VWs fünftes ID-Modell in Europa nach dem kompakten ID.3, dem etwas grösseren SUV ID.4, dessen Coupéversion ID.5 sowie dem elektrischen Büschen ID. Buzz. Den ID.6 gibt es nur in China.
Langgestreckt und ziemlich kräftig wirkt die E-Limousine – was natürlich auch mit den Akkus im Unterboden zu tun hat, die für zusätzliche Höhe sorgen. Das Dach verläuft in einem coupéhaften Schwung in Richtung Heck. Design ist immer Geschmackssache, insgesamt wirkt der ID.7 deutlich harmonischer als die Modelle ID.3 bis 5.
Im Innenraum geht es geräumig zu. Auch wenn ein Fahrer mit langen Beinen vorn sitzt, hat der Passagier direkt hinter ihm noch genügend Platz, um die Beine auszustrecken. Insofern lässt sich der Stromer auch gut zum Chauffieren nutzen – vor allem, wenn die zusätzliche Klimaregelung und die Sitzheizung im Fond auf der Aufpreisliste angekreuzt wurden. Grösser als 1,90 Meter sollten Passagiere hinten jedoch aufgrund der Dachform nicht sein.
Der Kofferraum ist vor allem tief, durch das abfallende Dach jedoch nicht sehr hoch. 532 bis 1'586 Liter Volumen gibt VW an. Die Ladekabel lassen sich am besten unter dem doppelten Boden verstauen, einen Kofferraum unter der Fronthaube («Frunk») gibt es nicht.
Das Cockpit ist eine Spielwiese für Digitalfans: Neben dem 15 Zoll grossen Display in der Mitte gibt es hinter dem Lenkrad noch einen weiteren Bildschirm mit wichtigen Fahrinformationen. Zur Serienausstattung gehört auch ein grosses Head-up-Display, das Navi-Anweisungen und Co. direkt in die Frontscheibe einblendet und damit vermeidet, dass man den Blick von der Strasse nimmt.
In puncto Qualitätsanmutung erfüllt Volkswagen mit dem ID.7 die Erwartungen, die beim ID.3 und ID.4 anfänglich noch enttäuscht wurden: Geschäumte Kunststoffe und ein guter Materialmix wirken hochwertig und angesichts des Preises angemessen.
Kleinere Minuspunkte gibt es für die vielen hochglänzend schwarzen Flächen, etwa die Einfassungen der Fensterheberschalter in den Türgriffen: Sie ziehen Fingerabdrücke wie magisch an. Das jedoch ist ein Thema in fast allen aktuellen Autos: Während die Oberflächen anfangs noch gut aussehen, bedarf es einer Menge Pflege, damit es auch so bleibt. Ein Mikrofasertuch sollte man auf alle Fälle immer dabeihaben.
So schick ein reduziertes Cockpit aussieht: In der alltäglichen Bedienung ist das nicht immer praktisch. Zwar lassen sich viele Funktionen auch per Spracheingabe oder über die Tasten am Lenkrad einstellen, doch sind die beleuchteten Touch-Flächen unterhalb des Zentraldisplays über die sogenannten Slider, zum Beispiel für die Temperaturregelung, nur bedingt hilfreich.
Auch die Steuerung der Lüftungsdüsen geht nicht per Hand, sondern nur per Display und elektrischen Stellmotoren. Das ermöglicht, dass einem der ID.7 Luft zufächern oder im Winter die kalten Hände warmpusten kann. Durchaus komfortabel, kann aber auch lästig sein, wenn es doch unerwartet zieht und man auf dem Bildschirm kleine Kreisflächen für die Düsensteuerung während der Fahrt verschieben muss.
Gelungen ist jedoch die Übersichtlichkeit der Menüs: Grosse Bedienkacheln und -flächen lassen einen die wichtigsten Punkte schnell finden und im eigenen Fahrerprofil abspeichern, das sich beim Einsteigen abrufen lässt – inklusive der Sitzposition. Und ganz ehrlich – viele Einstellungen macht man nur einmal.
Die Sprachsteuerung ist meist hilfreich, leistete sich im Praxistest jedoch auch Aussetzer. Mal verstand sie «Wechsle den Radiosender zu NDR2», mal nicht. Dafür reagierte «Ida» auf Kommandos wie «Mir ist warm» und regelte die Klimaanlage auf eine niedrigere Temperatur. Fahrzeugfunktionen wie die Sitzmassage oder das Abdunkeln des Glasdaches beherrscht sie nicht.
Die Limousine liegt satt auf der Strasse, die Lenkung reagiert je nach Fahrmodus direkt bis sehr direkt. Den für Neulinge beim sportlichen Anfahren typischen Rumms-Effekt, bei dem die Insassen ruckartig in die Sitze gedrückt werden, gibt es zwar auch beim ID.7 im Sportmodus, aber bei Weitem nicht so heftig wie bei anderen, stärker motorisierten Elektroautos: Die 286 PS können nicht ganz verhehlen, dass der ID.7 Pro mehr als 2,1 Tonnen wiegt.
Das soll nicht heissen, dass sich der ID.7 lahm anfühlt: In etwas mehr als sechs Sekunden geht es von 0 auf 100 km/h, das einstellbare Fahrwerk kann alles von zart bis hart, und bis auf die Abrollgeräusche der 20-Zoll-Räder ist es angenehm ruhig im Innenraum. Bei Tempo 180 regelt die Elektronik ab.
In der Stadt gefällt vor allem sein Wendekreis von 10,9 Metern. Zwei Rekuperationsstärken stehen zur Auswahl, um beim Verzögern Bremsenergie in Form von Strom in die Batterie zurückzuführen. Sogenanntes One-Pedal-Driving, also ausrollen bis zum Stillstand, ist per Rekuperation nicht möglich – zum finalen Anhalten muss der Fahrer die Bremse treten, wenn der Abstandsregeltempomat nicht eingeschaltet ist. Im Stop-and-Go kann man in vielen Fällen jedoch fast vollständig auf die Bremse verzichten.
An Assistenzsystemen geizt der ID.7 nicht: Der Abstandsregeltempomat hilft gegen Aufpreis auch beim Spurhalten, erkennt Verkehrsschilder und regelt bei bekannten Tempolimits wie Ortseingängen die Geschwindigkeit schon vorher schonend herab. Per Gaspedal oder Klick auf eine Lenkradtaste lässt er sich aber jederzeit überstimmen oder deaktivieren. Im «IQ. Drive» genannten Assistenzpaket gibt es auch einen Spurwechselassistenten (im Praxistest eher wenig hilfreich), automatisches Ein- und Ausparken oder eine 360-Grad-Rundumsicht per Kamera.
Mehr als 600 Kilometer Reichweite sind im besten Fall möglich – und auch auf der Autobahn gefällt der ID.7 mit einem Verbrauch um die 20 kWh bei einem Reisetempo zwischen 130 und 150 km/h. Sprich: Mehr als 300 Kilometer auf der Autobahn sind zwischen zwei Ladestopps möglich; auf der Fahrt zwischen Berlin und Helmstedt (200 Kilometer) leerte sich der Akku um rund 50 Prozent.
Bis zu 175 kW Ladeleistung an der Gleichstromsäule gibt VW im Datenblatt an, der ADAC konnte sogar 190 kW messen. Von zehn auf 80 Prozent lädt der Akku in rund einer halben Stunde. An Wallboxen und Wechselstrom-Ladesäulen zieht der ID.7 mit 11 kW Strom.
Im Praxistest gab es sehr unterschiedliche Erfahrungen: Eine Kollegin berichtet, dass es bei Ladevorgängen mehrere Versuche benötigte, um ihn zu starten und ihn zu beenden, vor allem die Entriegelung klappte hierbei nicht sofort. Der Tester jedoch hatte keine Probleme, sowohl an der 11-kW-Säule in der Stadt als auch an einer Schnellladestation.
Der Akku lässt sich vor dem Aufladen automatisch oder manuell vorkonditionieren, sodass die Ladeleistung schnell genutzt werden kann. Ladesäulen lassen sich per Navigation auswählen und ansteuern, für genaue Informationen wie die Belegung der Ladesäulen braucht es die kostenlose Zusatz-App «WeCharge», die sich auf das Auto laden lässt.
Einziger Kritikpunkt: Den Ladevorgang muss man per Tipp auf die Anzeige im Auto beenden. Andere Hersteller haben einen Knopf neben der Steckdose am Auto, was deutlich praktischer ist.
Der ADAC gibt einen Mix-Verbrauch von 18,1 kWh an. VW beziffert den offiziellen Verbrauch nach WLTP-Zyklus mit 15,9 kWh, der Bordcomputer errechnete einen Mittelwert von 18 kWh auf die vergangenen 2'000 Kilometer. Im Praxistest mit vielen schnell gefahrenen Strecken lag der Verbrauch bei 20 kWh. Kann man das Auto nur an öffentlichen Säulen nachladen, kommen die Kosten auf den Anbieter an. In unserem Test kostete die Kilowattstunde beim langsamen Laden 59 Cent, beim schnellen Laden 79 Cent.
Beim Schnellladen sind also bei unserem hohen Verbrauch 15.80 Euro pro 100 Kilometer fällig, beim langsameren Laden 11.80 Euro. Das geht auch deutlich günstiger: Mit entsprechenden Stromtarifen oder Solarstrom daheim kann der Preis auch nur halb so hoch oder noch geringer ausfallen.
... die Mutter: «Während der Fahrt lässt du aber die Finger vom Display, das ist ja lebensgefährlich!»
... der beste Freund: «Richtig schöne Lackfarbe – und angenehmer Antrieb.»
... die Kollegin (beim Anblick des Autos in der Tiefgarage): «Kann der auch fliegen?»
... der Nachbar: «Ist das ein Raumschiff? Der hat ja nicht mal nen Tacho!» (und übersieht das kleine Display hinter dem Lenkrad)
... die Schwiegermutter: «Kannst du die Sitzmassage noch mal anmachen?»
... der 18-jährige Verwandtschaftsbesuch aus den USA (fährt Pick-up und einen Mustang mit Handschaltung): «Wow, that's a punch!» (beim Beschleunigen)
Kollegin Antje von Winterfeld fährt normalerweise ein Tesla Model Y. Ihr Eindruck:
In der Pro-Variante gibt es den ID.7 derzeit ab 60’700 Franken (Listenpreis), dann hat er 210 kW (286 PS) und einen 77-kWh-Akku (netto) für maximal 618 Kilometer (WLTP). Mit diversen Extras wie Assistenzpaket, Komfortsitze, Wärmepumpe, Panoramadach etc. ist man schnell bei weit über 70'000 Franken.
In der Version Pro S mit 86-kWh-Akku (brutto 91 kWh) für maximal 709 Kilometer Reichweite kostet er derzeit ab 65'000 Franken, das GTX-Modell mit Allrad und ebenfalls 86-kWh-Akku ist ab 76’900 Franken erhältlich.
Der ID.7 ist ein wirklich gutes Auto mit vielen Qualitäten und einer guten Ausstattung. Mit seinem Verbrauch und seinem Akku ist er auch für längere Strecken gut geeignet. Über das Bedienkonzept lässt sich streiten.