Hol dir jetzt die beste News-App der Schweiz!
- watson: 4,5 von 5 Sternchen im App-Store ☺
- Tages-Anzeiger: 3,5 von 5 Sternchen
- Blick: 3 von 5 Sternchen
- 20 Minuten: 3 von 5 Sternchen
Du willst nur das Beste? Voilà:
Über 100 Milliarden US-Dollar. So viel Geld soll in wenigen Jahren weltweit mit Apps verdient werden. Die Prognose stammt von der auf App-Marktforschung spezialisierten US-Firma App Annie.
Zwar sind Sandro Pennisi und Mischa Ataschi noch keine Multimillionäre. Doch mit ihren Apps haben die beiden Software-Entwickler bereits einiges erreicht.
Mit einem Budgetplaner fürs iPhone haben sie 2012 bei den Swiss App Awards gewonnen – und dabei unter anderem die Grossbank UBS hinter sich gelassen. Und mit ihrer Nachfolge-App Next haben die Schweizer mit südländischen Wurzeln international Erfolg.
Wir haben mit ihnen über ihre grosse Leidenschaft gesprochen.
My nice city is now in 3D too on Apple maps. Looks great! And you can see "me" on top left 😄 pic.twitter.com/hNdLKPsiCO
— Sandro Pennisi (@sandropennisi) 4. Februar 2016
Sandro, wieso heisst eure Firma «No Identity»?
Sandro Pennisi: Das ist eine ziemlich lustige Geschichte. Mischa und ich arbeiteten damals in der selben Informatikfirma als Entwickler und bastelten in der Freizeit an iOS-Apps herum. Als es konkreter wurde, suchten wir wochenlang nach einem Firmennamen. Uns wollte einfach nichts einfallen. Bis Mischa eines Tages mit den Worten kam: «Mann, wir sind namenlos, wir haben keine Identität!».
Ihr beschreibt euch als multikulturelles Zwei-Mann-Team, mit Wurzeln in Sizilien und im Iran. Wie seid ihr darauf gekommen, zusammen Apps zu entwickeln?
Mein Vater kam von Sizilien in die Schweiz als er etwa 18 war. Ich bin also hier geboren. Mischa kam aus dem Iran in die Schweiz, als er so um die 8 Jahre alt war. Unsere Wege kreuzten sich zufällig. Wie gesagt, wir arbeiteten beide in der selben Firma in Bern. Als dann die Büros neu zu belegen waren, wurden Mischa und ich ins gleiche Bürozimmer gelost. Wir verstanden uns sofort. Hatten gleiche Meinungen und Interessen und den selben schrägen Humor – was allerdings später dazu führte, dass man mich aus unserem gemeinsamen Büro nahm, da wir einfach zu viel Zeit mit Lachen verbrachten ¯\_(ツ)_/¯ ).
Und uns verbindet vor allem die selbe Liebe für Design und Apple-Produkte. Als 2007 das iPhone vorgestellt wurde und ein Jahr später das SDK (Software Development Kit) herauskam, fingen wir sofort an, Apps für iOS zu basteln. Ja, damals war es ein Basteln. Wir mussten noch viel lernen. Wir waren von Anfang an dabei mit Apps wie MoneyBook, TV Guide, Phonebook und was weiss ich noch alles. Dann merkten wir, dass man damit sogar Geld verdienen kann.
Kann man in der Schweiz von Apps leben?
Darf ich mit ‹Es chunnt imfau vou drufaa› (Mundart, ‹es kommt darauf an›) antworten? Nein im Ernst, man kann schon. Ich lebe seit sechs Jahren davon. Allerdings muss ich sagen, dass ich wohl in jeder Anstellung als Software-Entwickler mehr verdienen würde. Aber das interessiert mich nicht. Die Freiheit und die Liebe, das zu tun, was mir wirklich gefällt, sind viel mehr wert. Wir machen ja nur unsere eigenen Produkte. Also keine Auftragsarbeiten für Dritte.
Programmierer trinken literweise Kaffee und Red Bull, sind bleich und haben kaum Bewegung. Trifft das zu?
Red Bull und vor allem Kaffee trinke ich schon ziemlich viel. Aber dann hat es sich mit den Klischees. Ich denke diese stammen noch von früher. Heute ist das oft ganz anders. So ziemlich alle jungen Menschen interessieren sich auf die eine oder andere Art für Technologie und verwenden sie täglich. Dadurch sind solche Berufe wohl schon interessanter geworden.
Mischa zum Beispiel hat ein Kind, geht oft ins Fitnessstudio, bewegt sich also genug. Und ich, ich habe meinen kleinen Hund mit dem ich täglich unterwegs und draussen bin. Ich denke das Bild vom Nerd, der sich im Keller verschanzt, ist veraltet.
Euer derzeit populärstes Produkt ist der Budget-Planner ‹Next for iPhone›. Wie seid ihr auf die Idee gekommen?
Als ich noch mit Mischa in der Firma arbeitete, gingen wir über Mittag immer in die Stadt. Irgendwann mal wollten wir wissen, wie viel Geld wir da regelmässig ausgeben. Im App Store fanden wir dafür keine gute und auch schöne App. Also beschlossen wir, ‹MoneyBook› zu machen.
‹Next› entstand, als ich mir Jahre später überlegte, wie eine App zur Ausgabenkontrolle heutzutage aussehen und funktionieren sollte. Das heisst: Die App musste schnell und unkompliziert zu bedienen sein. Zwei, drei Taps, um eine Ausgabe zu erfassen. Wenn ich an der Kasse stehe, will ich auf meinem iPhone nicht noch fünf Minuten durch unzählige Menüs navigieren.
Warum entwickelt ihr mobile Apps ausschliesslich für iOS und nicht für Android oder andere Plattformen?
Puh! Das hat mehrere Gründe. Wenn man die Marktanteile betrachtet, könnte man meinen, es würde sich eher lohnen, für Android Apps zu entwickeln. Aber wenn man es genauer anschaut, sind viele dieser Geräte Billig-Handys. Das heisst, sie haben eine alte Android-Version und die Käufer denken nicht im Traum daran, Apps zu kaufen. Sie verwenden nur die vorinstallierten Sachen oder Gratis-Apps. Ein Grossteil dieser Geräte wird in ärmeren Regionen der Welt verwendet und verständlicherweise werden keine Apps gekauft.
Im Gegensatz zu den vergleichsweise teuren iPhones.
Es gibt viele Studien, die zeigen, dass iPhone-Benutzer eher bereit sind, Geld für Apps auszugeben. Das ist die eine Seite. Die andere, für uns wichtigere, ist eine eher ideologische. Wie gesagt, wir sind seit Jahren Apple-Bewunderer. Die Firma übt eine grosse Faszination aus. Die Geschichte von zwei Bastlern (Steve Wozniak und Steve Jobs) und ihrer Firma, die zum wertvollsten Unternehmen der Welt wurde.
Und was uns besonders wichtig ist, bei Apple wird immer Wert auf die Details gelegt. Jedes Produkt, jede Schraube, jedes noch so kleine Teil hat seinen bestimmten Grund. Nichts ist zufällig. Alles wurde durchdacht. (er lacht) Zumindest meistens.
Was sind aus deiner Sicht die grössten Vorteile des Apple-Ökosystems?
Jemand hat mal gesagt, wenn man es ernst meint mit dem Entwickeln von Software, dann muss man auch seine eigene Hardware machen. Der Grund ist einfach: Es geht um das perfekte Zusammenspiel.
Wenn wir Mac OS X und Windows vergleichen: Windows muss auf unzähligen Kombinationen von Hardware laufen. Es muss mit allem Möglichen funktionieren. Da OS X nur auf Apple-Hardware läuft, ist die Menge an verschiedener Komponenten viel viel kleiner. Somit kann man ein stabileres System bauen. Das ist Apples Philosophie. Wenn man jeden Teil des Ökosystems kontrolliert, kann man ein viel besseres Zusammenspiel erreichen.
Apple kontrolliert den Zugang zum App Store relativ streng und diktiert die Spielregeln. Wie beurteilst du dies?
Einerseits hat es Vorteile. Es wird verhindert, dass schädliche Software in den App Store gelangt. Und in der Theorie könnte man so einen gewissen Qualitätsstandard der Apps erreichen. In der Praxis sieht es etwas anders aus. Wie man sieht, hat es trotzdem reihenweise ‹Müll› im App Store. Zwar nichts Schädliches, aber von Qualität kann oft keine Rede sein.
Auch ist es so, dass die strengen Regeln meistens den ehrlichen Entwicklern schaden. Ein Beispiel: Man findet immer wieder Apps, die zum Beispiel widerrechtlich ‹Super Mario› oder ähnliche Figuren verwenden. Oder dem Käufer etwas vorgaukeln. Aus irgend einem Grund gelangen diese trotz Kontrolle in den Store.
Andererseits wurde zum Beispiel unsere App ‹Next› zuerst nicht von Apple zugelassen, weil wir abgerundete Quadrate verwenden und es hiess, Nutzer könnten verwirrt sein, weil diese wie die App-Icons auf dem Homescreen aussehen würden – was sie natürlich nicht tun. Nach einem Hin und Her über ein paar Wochen wurde die App ohne Änderung zugelassen. Es kostete uns aber viel Zeit und Nerven.
In welchen Ländern bietet ihr die App an – und wie funktioniert das eigentlich mit den verschiedenen Sprachen?
Die ‹Next›-App wird weltweit angeboten. Wir haben sie selber auf Deutsch, Englisch und Italienisch übersetzt. Zusätzlich haben wir sie von einem Online-Dienst auf Sprachen wie Chinesisch und Japanisch übersetzen lassen. Gerade Japan ist ein ziemlich wichtiger Markt. Die USA, Deutschland, Japan – das ist in etwa die Reihenfolge.
Im Firmen-Blog seid ihr erfrischend ehrlich und habt beispielsweise verraten, dass ihr eine bestimmte App nicht weiterentwickelt, weil ihr sie nie gemocht habt. Wie kommt dies bei den Leuten an?
Hauptsächlich positiv. Wir haben einfach gelernt, dass es am besten ist, wenn wir offen und ehrlich sind. Klar gibt's Leute, die enttäuscht sind. Aber ich glaube, die Offenheit wird geschätzt.
Apple stellt registrierten Entwicklern, die die Jahresgebühr bezahlen, die erforderlichen Software-Tools zur Verfügung. Wie arbeitet es sich damit?
Man kann die Tools auch benutzen, wenn man nicht registriert ist, also ohne zu bezahlen. Die Gebühr ist nur dann notwendig, wenn man seine Apps in den Store stellen will. Die Tools sind ziemlich gut und werden laufend verbessert. Das Tempo ist teilweise enorm, als kleiner Entwickler muss man dauernd neue Technologien und Werkzeuge im Auge behalten. (er lacht) Klar stürzt das Zeug auch ab und zu ab, aber insgesamt arbeite ich gerne damit. Man kann auf dem Mac seine Apps in einem Simulator testen – das sieht dann aus wie ein iPhone auf dem Mac. Es gibt unzählige Möglichkeiten, Fehler zu finden.
Was sollte Apple unbedingt verbessern?
Da gibt es eine Reihe. Wie erwähnt ist der Review-Prozess, bevor Apps für den Store zugelassen werden, alles andere als perfekt. Als fairer Entwickler gibt man sich Mühe und wird dann aufgehalten, weil man abgerundete Rechtecke verwendet, während man ‹Super Mario›-Klone im Store sieht. Da kommt man sich schon blöd vor.
Aber noch fast wichtiger wären zwei andere Punkte: Benutzer sollten Apps gratis ausprobieren können und Entwickler sollten in der Lage sein, kostenpflichtige Updates zu veröffentlichen.
Warum?
Als Entwickler kann man einfach nicht nur von 2-Franken-Apps leben. Das geht nicht mehr. Aber es lohnt sich für mich auch nicht, eine superkomplexe und professionelle App zu entwickeln, die dann zum Beispiel für 40 Franken verkauft wird. Und zwar weil niemand eine 40-Franken-App kauft, ohne dass man sie ausprobieren kann.
Nehmen wir Photoshop für den Mac oder PC. Das kann man gratis herunterladen, 30 Tage damit spielen und wenn ich sehe, dass es mir einen Mehrwert bietet und ich es brauche, dann bezahle ich. Kein Problem. Wenn später ein grosses Update kommt, kann ich abwägen ob ich die neuen Funktionen brauche, falls ja, bezahle ich einen Update-Preis oder eben nicht. All diese Szenarios sind im App Store nicht möglich und verhindern, dass noch viel mehr professionelle Apps darin landen. Wenn sich dies nicht ändert, bleibt der App Store ein ‹Ramschladen› – um es etwas böse auszudrücken.
Ihr adaptiert eure Apps neuerdings auch für die Apple Watch. Was sind dabei die grössten Herausforderungen?
Man hat natürlich ein viel kleineres Display und ein anderes Benutzer-Szenario. Auf dem iPhone tippt man gut und gern mal ein paar Minuten herum. Auf der Watch will ich das aber nicht. Da heisst es, Arm hoch, ein oder zwei Mal aufs Display tippen und Arm wieder runter. Dafür muss die App konzipiert sein, sonst macht sie wenig Sinn.
Was rätst du jungen Leuten, die selber Apps entwickeln möchten?
(lacht) Ich glaube nicht, dass ich der richtige bin, um Ratschläge zu geben. Grundsätzlich muss man natürlich mal Programmieren lernen. Vielleicht indem man eine Informatiker-Lehre macht, an der Fachhochschule Informatik studiert. Das ist vermutlich der klassische Weg. Aber dank Internet gibt es heute auch tonnenweise Material online und man kann sich das auch selber beibringen.
Ich sage immer, es spielt kaum eine Rolle, welche Programmiersprache man lernt. Wenn man die Konzepte begriffen hat, kann man innert kurzer Zeit mit praktisch jeder Sprache programmieren. Also einfach anfangen. Wenn ich es kann, kann das jeder lernen. Es ist keine Zauberei.