Schon nach den ersten Minuten wird klar, was dieses Spiel von uns möchte: Unsere Nostalgie wird gekitzelt und wir werden an die 16-Bit-Ära erinnert, als Videospiele noch eine simple 2D-Optik hatten und der Schwierigkeitsgrad hoch war, um zu kaschieren, dass die Spielzeit doch eher von kurzer Dauer war. Da ist der grosse Spielfrust eigentlich schon vorprogrammiert, doch die Faszination, sich einer Gefühlswelle wie damals in den 90ern hinzugeben, ist stärker.
Die Geschichte von «Vengeful Guardian: Moonrider» ist wunderschöner Trash und passt definitiv auf einen Bierdeckel: In einer Zukunftsversion hat ein Konzern mittels einer Armee von Supersoldaten einen totalitären Staat errichtet. Als der neu konzipierte Ninja-Krieger Moonrider zum Leben erweckt wird, um eigentlich als Superwaffe den Machthabern zu dienen, bekommt der Cyborg aber prompt ein schlechtes Gewissen und macht sich mit Rachegefühlen auf den Weg, seine Schöpfer aufzusuchen und den Menschen wieder ihre Freiheit zu schenken.
So schnetzeln und ballern wir uns denn als Roboter-Ninja von links nach rechts und treffen dabei auf allerlei verwandte Supersoldaten, grosse Roboter-Antagonisten und andere herrlich skurrile Metallwesen. Damit der neue Held nicht immer mit denselben Hieb- und Stichwaffen auf die Schurken losrennen muss, sind in den Levels einzelne Modifikationschips versteckt, die dem Moonrider neue Fähigkeiten verleihen, die stellenweise bitter nötig sind, um überhaupt geschmeidig voranzukommen.
Acht Levels warten auf ihre Befreiung, von denen zu Beginn fast alle frei zugänglich sind. Möchte ich zuerst in der Stadt alles weghauen, was rumläuft, gehe ich hoch in die Luft, um dort aufzuräumen oder zieht es mich eher in ein Waldgebiet, wo diverse Geschicklichkeitstests auf mich warten? Die Spielenden dürfen frei wählen.
Während des persönlichen Rachefeldzugs gibt es auch mal eine herrlich simple, fast schon stupide Fahr-Baller-Sequenz, wo alles auf dem Bildschirm weggeschossen wird und die Reaktionsfähigkeiten getestet werden. Und wie es sich für einen Action-Platformer von anno dazumal gehört, gibt es natürlich auch hier bildschirmfüllende Endgegner, wunderschöne Pixelexplosionen und einen Soundtrack, der jedes Synthwave-Herz höherschlagen lässt.
Audiovisuell fühlt man sich als Purist einfach sofort heimisch und spürt bei jeder einzelnen Szene, dass die Macher ganz viel Liebe reingesteckt und den Fokus auf Authentizität gelegt haben.
Um dieses Spielgefühl von damals zu perfektionieren, wurde auch prompt ein bissiger Schwierigkeitsgrad eingebaut, um zu verhindern, dass man das Spiel nicht schon nach weniger als zwei Stunden beendet hat.
Obwohl die Spielfigur mehrere Treffer einstecken kann, gibt es viele Abschnitte, die auswendig gelernt werden müssen, sofern man mit genügend Energie zum Bossgegner vordringen möchte. Hier gilt dann ebenfalls, Geduld walten zu lassen und die Bewegungen genau zu studieren. Zwar gibt es hie und da nach dem Ableben ein paar Speicherpunkte, aber wer sich auf diesen Luxus verlässt, wird das Spielende nie zu Gesicht bekommen.
Richtig bissig und sehr frustrierend sind dann aber einige Geschicklichkeitspassagen, wo punktgenau abgesprungen und gelandet werden muss und das Spiel keine Gnade zeigt. Zwar liegt des Rätsels Lösung auch hier im vielen Üben und in der Repetition, aber das Frustpotential klettert steil nach oben und kann schon mal dafür sorgen, dass ein bestimmter Spielabschnitt immer und immer wieder von vorne begonnen werden muss.
Durch diese spielerischen Merkmale werden zwar durchaus die alten Gefühle aus der Vergangenheit wieder hervorgeholt und die Authentizität darf sich gerne selber auf die Schulter klopfen, die kurzweilige Retro-Action wird dadurch aber unnötig zäh und hässlich.
Fazit: Ich liebe und hasse «Vengeful Guardian: Moonrider» zugleich. Es gibt in diesem Videospiel viele tolle Momente, die mein Retro-Herz erfreuen und gleichzeitig schreie ich regelmässig in die Welt hinaus, weil mich so viele zähe Spielstellen so sehr frustrieren.
Während ich in einigen Spielabschnitten wunderschön durchschlüpfen kann, gibt es Momente, wo ich gefühlt eine Ewigkeit brauche, um weiterzukommen, weil das Spiel von mir eine punktgenaue Bewegung der Spielfigur will. In solchen Momenten möchte man die Entwickler einfach nur höchstpersönlich packen und durchschütteln.
Die liebevolle Pixel-Optik gepaart mit dem klassischen Soundtrack und dem simplen Spielprinzip sorgen aber dann doch immer wieder dafür, dass ich es erneut versuche, bis auch der allerletzte Bossgegner gefallen ist. Der Weg dorthin kostet aber viele Nerven.
«Vengeful Guardian: Moonrider» ist ab dem 12. Januar erhältlich für Nintendo Switch, Playstation 5, Playstation 4 und PC. Freigegeben ab 12 Jahren.