Jetzt ist es offiziell. Microsoft kauft den weltweit grössten Game-Publisher Activision Blizzard und gelangt so in den Besitz bekannter Gaming-Marken wie «Call of Duty», «World of Warcraft» und «Diablo». Microsoft übernimmt auch das äusserst lukrative Mobile-Gaming-Geschäft von Activision Blizzard mit seit Jahren erfolgreichen Handy-Spielen wie «Candy Crush».
Microsoft und Activision Blizzard gaben den Abschluss des 69-Milliarden-Dollar-Deals am Freitagnachmittag bekannt. Wenige Stunden zuvor hatten die britischen Wettbewerbshüter grünes Licht gegeben. Dies war die letzte Hürde für die Übernahme.
Laut eigener Angabe wird Microsoft «zum drittgrössten Spielehersteller nach Umsatz, hinter Tencent und Sony». Der langjährige Chef von Activision Blizzard, Bobby Kotick, wird nur noch bis Jahresende an Bord bleiben, wie er in einer von Microsoft veröffentlichten E-Mail ankündigte.
Der Kauf von Activision Blizzard ist die grösste Übernahme, die Microsoft je getätigt hat. Sie übertrifft bei Weitem die 26 Milliarden Dollar, die man 2016 für die Übernahme von LinkedIn gezahlt hat, oder die 7,5 Milliarden Dollar, die man 2021 für den Game-Publisher Bethesda hinblätterte.
Microsoft plant nun, viele der Spiele von Activision Blizzard möglichst rasch in seinen Gaming-Abo-Dienst «Game Pass» für die Xbox und den PC aufzunehmen. Dieser eröffnet den Nutzerinnen und Nutzern Zugang zu Games verschiedener Anbieter zu einem monatlichen Abonnementpreis.
Mit seinem «Netflix für Gamer» versucht Microsoft, seinen Marktanteil im Gaming-Geschäft auszubauen – der Kauf von Activision Blizzard ist dafür von zentraler Bedeutung. Activision hatte zuvor aber klargestellt, dass wichtige Spiele wie «Modern Warfare 3» und «Diablo IV» dieses Jahr noch nicht über den «Game Pass» erhältlich sein werden.
this is the Xbox first-party studios organization now, courtesy of @klobrille https://t.co/iIqmWK5JVD pic.twitter.com/oArfzDAI6g
— Tom Warren (@tomwarren) October 13, 2023
Microsoft, das bereits Spielestudios mit bekannten Titeln wie «Minecraft» unter seinem Dach hat, wird seine Marktposition deutlich stärken. Activision Blizzard besitzt zahlreiche wichtige Game-Studios und Game-Marken für PC, Konsolen und Mobile-Geräte. Games der Firma locken monatlich knapp 400 Millionen Spielerinnen und Spieler an. Rund 245 Millionen davon entfallen auf den vor einigen Jahren übernommenen «Candy Crush»-Entwickler King.
Microsoft kommt daher mit dem Deal auch in den Besitz mehrerer finanziell enorm erfolgreicher Mobile-Games. Microsoft wird so zu einem wichtigen Player im lukrativen Mobile-Gaming-Markt, der den PC- und Konsolen-Markt längst überholt hat. Der Konzern plant zudem einen eigenen App-Store für Mobile-Games und Spiele wie «Call of Duty: Mobile» und «Candy Crush Saga» dürften dabei eine grosse Rolle spielen.
Die Übernahme lag lange in der Schwebe. Eine Befürchtung von Wettbewerbshütern war, Microsoft würde die Games nur noch auf seiner Xbox-Konsole und dem hauseigenen Cloud-Dienst anbieten.
Im Zuge der Untersuchungen von Aufsichtsbehörden in mehreren Ländern versprach der Konzern, die umsatzstarke Spiele-Reihe «Call of Duty» nach der Übernahme weitere zehn Jahre auf Sonys Playstation zu behalten und neu auch für Nintendos Switch anzubieten. Zudem sollen Spieler in der EU eine kostenlose Lizenz bekommen, die es ihnen erlaubt, aktuelle und künftigen Spiele von Activision Blizzard, über einen Cloud-Gaming-Dienst ihrer Wahl zu spielen.
Insbesondere die britischen Kartellwächter befürchteten, dass der Kauf von Activision Blizzard den Wettbewerb beim Cloud-Gaming einschränken werde. Dabei laufen die Spiele auf Servern im Internet und werden auf die Geräte der Nutzer nur übertragen. Microsoft ist bereits stark in dem Geschäft und bot als Zugeständnis unter anderem an, wichtige Cloud-Gaming-Rechte ausserhalb der EU für 15 Jahre an den Spielekonzern Ubisoft abzutreten. Ubisoft entscheidet also ausserhalb der EU, welche Game-Streaming-Anbieter Activision-Spiele erhalten werden. In der EU hingegen können die Konsumenten künftig wählen, bei welchem Cloud-Gaming-Anbieter sie ihre gekauften Activision-Spiele spielen möchten.
Games von Activision-Blizzard werden so zwar in Microsofts Abo-Dienst «Game Pass» verfügbar sein. Microsoft wird aber nicht in der Lage sein, Spiele von Activision Blizzard exklusiv auf seinem Cloud-Gaming-Dienst zu veröffentlichen. Dieses Zugeständnis und der zehnjährige «Call-of-Duty»-Deal mit Sony dürften zwar die Xbox-Verkäufe schmälern, langfristig aber mehr Geld mit Gameverkäufen und Erlösen aus Abo- und Cloud-Gaming-Diensten in Microsofts Kasse spülen. Zur Verdeutlichung: Künftig werden von jedem auf der Playstation verkauften Activision-Game mindestens 70 Prozent der Einnahmen an Microsoft gehen.
Microsoft und Activision Blizzard hatten den rund 69 Milliarden Dollar schweren Deal Anfang 2022 angekündigt. Dem nun abgeschlossenen Kauf ging ein 20-monatiges Ringen mit den Wettbewerbsbehörden in den USA und Europa voraus. Die US-Wettbewerbsbehörde FTC klagte im Dezember 2022 gegen den Deal, verlor aber vor einem US-Gericht. Auch Sony als grösster Xbox-Rivale war mit seinem monatelangen Widerstand gegen den Zusammenschluss nicht erfolgreich.
Die FTC war überzeugt, dass Microsoft durch den Deal zu viel Marktmacht im Videospiele-Geschäft bekommen würde. Die zuständige Richterin in San Francisco sah jedoch keine Beweise, «dass dieser Zusammenschluss in diesem spezifischen Wirtschaftszweig den Wettbewerb erheblich beeinträchtigen könnte. Im Gegenteil, die vorliegenden Beweise deuten darauf hin, dass die Konsumenten mehr Zugang zu ‹Call of Duty› und anderen Activision-Inhalten haben», sagte sie. Der Deal sei «vielleicht schlecht für Sony. Aber gut für ‹Call of Duty›-Spieler und zukünftige Spieler», so die Richterin.
Nicht überzeugt hatte die Richterin, dass Microsoft mit dem Deal den Konsolenmarkt dominieren könnte: Microsoft verkauft weltweit deutlich weniger Spielkonsolen als Sony oder Nintendo.
Die FTC kann auch nach Abschluss der Übernahme versuchen, dagegen vorzugehen - das erste Scheitern vor Gericht senkt aber ihre Chancen, am Ende eine Rückabwicklung zu erreichen.
Die Wettbewerbshüter der EU-Kommission stimmten der Übernahme unter Auflagen bereits im Mai zu. Die EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager erklärte, Microsofts Zusage, Spielerinnen und Spieler anderer Plattformen in den nächsten zehn Jahren nicht von aktuellen und künftigen Activision-Blizzard-Games auszuschliessen, habe «erhebliche wettbewerbsfördernde Auswirkungen». Microsoft habe «die wettbewerbsrechtlichen Bedenken in vollem Umfang ausgeräumt», hiess es in der Mitteilung der EU-Kommission.
Insgesamt haben in den vergangenen Monaten Aufsichtsbehörden in über 40 Ländern dem Deal zugestimmt.
Activision Blizzard ist ein Gaming-Unternehmen mit Sitz in Santa Monica, Kalifornien. Das US-Unternehmen entstand 2008 aus der Fusion des Publishers Activision mit Vivendi Universal Games und gilt, gemessen am Umsatz, als Marktführer im Computer- und Videospiele-Sektor.
Mit Material der Nachrichtenagenturen SDA, AWP und DPA.